Forschung/News aus Sicht der Sozialpsychologie zum Vorurteil. Vorurteile sind Einstellungen gegenüber Gruppen, Menschen, Tieren etc., die nicht aufgrund umfänglicher Untersuchung bzw. Erforschung, sondern vorschnell zustande gekommen sind.
- Anti-Vorurteil-Botschaften verursachen Vorurteile
- Virtueller Körpertausch reduziert Vorurteile und Rassismus
- Die kognitiven Fähigkeiten sind unterschiedlich ausgeprägt, aber Vorurteile sind universal
- Weitere News aus der Forschung dazu
Anti-Vorurteil-Botschaften verursachen Vorurteile
Nach einem Forschungsartikel in einer Ausgabe von Psychological Science können globale Organisationen und Programme, die in der Hoffnung aufgestellt wurden, Menschen dazu zu bewegen, Vorurteile zu bekämpfen, tatsächlich Vorurteile steigern.
Vorschreiben wie Menschen zu denken haben
Im Besonderen fanden die Forscher heraus, dass wenn man Menschen sagt, wie sie denken sollen – in diesem Fall: keine Vorurteile zu haben, anstatt zu ermöglichen ihre eigenen Werte selbst zu bestimmen – ist dies ein Ansatz, der oft wie ein Bumerang zurückkommt.
Wie beeinflusst die Umgebung die Motivation zu Vorurteilen
Kanadische Forscher interessierten sich dafür, wie die tägliche Umgebung die Motivation der Menschen in Bezug auf die Herabsetzung ihrer Vorurteile beeinflusst. Sie entwarfen eine Studie, die aus zwei Versuchen bestand, die die Wirkung von zwei verschiedenen Arten des Motivationseingriffs untersuchten:
- eine kontrollierte Form (die den Leuten sagte, was sie tun sollten) und
- eine persönlichere Form (die erklärte, warum es positiver und persönlich wertvoll ist, wenn man nicht voreingenommen ist).
In Versuch eins wurde den Teilnehmern zufällig eine von zwei Broschüren zu lesen zugeteilt: eine Autonomie-Broschüre oder eine Kontroll-Broschüre. Diese Broschüren erörterten eine neue Campusinitiative, um Vorurteile zu reduzieren.
Einer dritten Gruppe wurden keine Motivationsinstruktionen angeboten, die Vorurteile reduzieren sollten.
Kontrolle schafft Vorurteile
Ausmerzen von Vorurteilen
Die Autoren stellten fest, dass jene, die die Kontroll-Broschüre lasen, ironischerweise später mehr Vorurteile als jene demonstrierten, die nicht dazu gedrängt worden waren, Vorurteile abzubauen.
Jene, die die Broschüre lasen, die dafür entworfen wurde, persönliche Motivation zu unterstützen, zeigten weniger Vorurteile als die der anderen zwei Gruppen.
In Versuch zwei wurde den Teilnehmern zufällig ein Fragebogen zugeteilt, der dafür entworfen wurde, persönliche oder vorherrschende Motivation zu stimulieren, um Vorurteile zu reduzieren.
Eingriff in die Freiheit schafft Feindseligkeit und Vorurteile
Die Autoren stellten fest, dass jene, die den Kontroll-Nachrichten ausgesetzt waren, die die Vorurteile herabsetzen sollten, bedeutend mehr Vorurteile zeigten als jene, die keine Kontroll-Hinweise erhalten halten.
Die Autoren sagen, dass Eingriffe, die die Freiheit der Leute einschränken, zu ihren eigenen Bedingungen Vielfalt zu schätzen, tatsächlich Feindseligkeit und Vorurteile erschaffen können.
Nur durch eigene Einsicht ist Abbau von Vorurteilen möglich
Laut Mitautorin Lisa Legault, Ph.D. „sind Versuche Vorurteile durch Kontrolle abzubauen verführerisch, weil sie schnell und leicht durchzuführen sind. Sie sagen den Leuten, wie sie denken und sich benehmen sollten, und betonen die negativen Folgen, wenn man es versäumt, auf wünschenswerte Weise zu denken und sich zu benehmen.“
Legault führt weiter aus, „aber die Leute müssen fühlen, dass sie frei darin sind, nicht voreingenommen zu sein, statt dass man es ihnen aufzwingen will“.
Legault betont die Notwendigkeit, sich weniger darauf zu konzentrieren Vorurteile zu reduzieren, als vielmehr auf die Gründe, warum Vielfalt und Gleichheit wichtig und für die Mitglieder von Mehrheiten und Minderheiten nützlich sind.
© PSYLEX.de – Quelle: Psychological Science, Juli 2011
Virtueller Körpertausch reduziert Vorurteile und Rassismus
16.12.2014 Eine neue in Trends in Cognitive Sciences veröffentlichte Studie setzte Computertechnik zur Generierung einer virtuellen Realität ein, um Illusionen zu kreieren, die Vorurteile und Rassismus reduzierten.
Eine Illusion ist eine Verzerrung der Sinne, und zeigt, wie das Gehirn normalerweise sensorische Reize organisiert und interpretiert. Obwohl Illusionen die Realität verzerren, werden sie im Allgemeinen von den meisten Leuten geteilt.
Bild: Openclips (pixabay)
In der neuen Forschungsarbeit nutzten die Wissenschaftler die Fähigkeit des Gehirns, Informationen verschiedener Sinne zusammenzusetzen: Weiße Teilnehmer wurden in einen virtuellen Raum versetzt und nahmen an, dass sie in einem Körper dunkler Hautfarbe steckten, und Erwachsene wurden in die Körper von Kindern „gesteckt“.
Weiße Teilnehmer, die in virtuelle schwarze Körper schlüpften, zeigten eine Verringerung ihrer unbewussten Abneigungen gegen dunkelhäutige Menschen. Und Erwachsene in den virtuellen Körpern von Kindern verarbeiteten die Information ihrer Wahrnehmung und Aspekte ihrer selbst kindlicher.
„Unsere Befunde sind wichtig, denn sie stoßen ein neues Forschungsgebiet an: inwieweit ist die Selbstidentität konstruiert, und wie könnten die Grenzen zwischen den ‚eigenen Leuten‘ und den ‚Fremden‘ verändert werden“, sagte Professor Manos Tsakiris von der Royal Holloway University of London.
„Bedeutender noch: unsere Methoden und Befunde könnten von einem gesellschaftlichen Standpunkt aus, uns helfen zu verstehen, wie Phänomenen wie Rassismus, religiöser Hass und Geschlechterdiskriminierung begegnet werden kann, da die Methoden Menschen ermöglicht, die Welt aus der Perspektive eines anderen zu sehen.“
Auch wenn es keine simple „Heilung“ für Rassismus oder andere Vorurteile gibt, zeigt diese Forschung, dass die Integration verschiedener sensorischer Signale, es dem Gehirn erlauben kann, seine Körpervorstellung zu aktualisieren. So können Menschen dazu gebracht werden, ihre Einstellungen anderen gegenüber zu ändern“, sagte Slater.
© PSYLEX.de – Quellen: Trends in Cognitive Sciences, Royal Holloway University of London, University College London, Universität von Barcelona; Dezember 2014
Die kognitiven Fähigkeiten sind unterschiedlich ausgeprägt, aber Vorurteile sind universal
31.07.2016 Intelligente Menschen haben nicht weniger, dumme Menschen nicht mehr Vorurteile, sagt eine neue Studie.
Wenn es um Vorurteile geht, ist es nicht von Bedeutung, ob man intelligent ist oder nicht, oder ob man konservativ oder liberal, rechts oder links, Atheist, Christ oder Moslem ist; jede Gruppe hat ihre eigenen spezifischen Neigungen und Befangenheiten.
Intelligenz, verbale Fähigkeiten
In einer neuen Studie zeigen Psychologen, dass eine geringe kognitive Fähigkeit (d. h. Intelligenz, verbale Fähigkeit) kein konsistenter Prädiktor (Vorhersagevariable) für Vorurteile ist. Kognitives Vermögen – hoch oder gering ausgeprägt – sagt nur Vorurteile gegenüber spezifischen Gruppen voraus laut der in der Fachzeitschrift Social Psychological and Personality Science veröffentlichten Studie.
Bild: John Hain
Sehr wenige Menschen sind gegenüber dem Bekunden von Voreingenommenheiten geschützt, insbesondere Vorurteilen gegenüber Leuten, mit denen sie nicht übereinstimmen, sagte Studienautor Mark Brandt von der Tilburg Universität.
Brandt und Jarrett Crawford (The College of New Jersey) analysierten die Daten von 5.914 Menschen in den Vereinigten Staaten, die auch das Abschneiden bei Tests zur verbalen Intelligenz und Vorurteile gegenüber 24 unterschiedlichen Gruppen einschlossen.
Die Befunde zeigten, dass Teilnehmer mit einem relativ höheren oder auch mit geringerem Niveau der kognitiven Fähigkeit im gleichen Maß zu Vorurteilen gegenüber Gruppierungen neigten, aber gegenüber jeweils anderen Gruppen.
Voreingenommenheit gegenüber bestimmten Gruppen
Personen mit geringerer kognitiven Fähigkeit neigten eher dazu, Vorurteile gegenüber Gruppen zu haben, die sie als liberal und unkonventionell wahrnahmen (z.B. Atheisten, Homosexuelle) sowie Personengruppen, die eine geringe Wahlmöglichkeit über die Gruppenmitgliedschaft hätten (z.B. ethnische Minderheiten).
Personen mit einer hohen kognitiven Fähigkeit zeigten das gegenteilige Muster. Sie neigten dazu, Vorurteile gegenüber Gruppen zu haben, die sie für konservativ und konventionell (z.B. Christen, Militär, Großindustrie) hielten.
Glaube, Offenheit schützt nicht
Es gibt eine Vielfalt von Glaubenssystemen und Persönlichkeitszügen, von denen die Menschen häufig annehmen, dass sie sie davor schützen, Vorurteile auszudrücken, sagte Brandt.
In ihrer vorherigen Arbeit fanden die Wissenschaftler, dass Personen mit hoher und niedriger Ausprägung des Charakterzugs der Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen sehr übereinstimmende Verbindungen zwischen der Einschätzung einer Gruppe als ‚verschieden von uns‘ und dem Ausdrücken der Voreingenommenheit gegenüber dieser Gruppe zeigten. Dasselbe scheint für die kognitive Fähigkeit zuzutreffen, sagte er.
‚Dummheit‘ zeigt nicht mehr Vorurteile, nur andere
Obwohl frühere Arbeiten von anderen Wissenschaftlern fanden, dass Menschen mit einer geringeren kognitiven Fähigkeit mehr Vorurteile zeigen, fanden Brandt und Crawford, dass dies nur Zielgruppen-beschränkt ist. Für andere Zielgruppen ging die Beziehung in die entgegengesetzte Richtung.
Für diese Gruppen zeigten Leute mit hohen kognitiven Fähigkeiten mehr Vorurteile. Also, die kognitive Fähigkeit – die Intelligenz bzw. Dummheit – scheint es nicht zu sein, die Menschen vor dem Zeigen von Vorurteilen schützt bzw. bestärkt.
Die Autoren sähen gern, ob ihre Ergebnisse in neuen Proben, mit neuen Zielgruppen, und zusätzlichen Maßen kognitiver Fähigkeit wiederholt werden können.
Sie benutzten ein Maß der verbalen Fähigkeit – was im Grunde ein Vokabel-Test war, sagte Brandt. Obwohl dieses Maß ziemlich gut mit anderen Maßen der kognitiven Fähigkeit zusammenhängt, ist es kein perfektes und auch kein vollständiges Messinstrument, sagte er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Tilburg Universität, Social Psychological and Personality Science – DOI: 10.1177/1948550616660592; Juli 2016
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