Definition: Verkehrspsychologie ist der Teilbereich der Psychologie, der sich mit dem menschlichen Erleben und Verhalten im Strassenverkehr beschäftigt.
- Wandernde Gedanken können zu Verkehrsunfällen führen
- Bei Müdigkeit im Strassenverkehr: Musik oder Koffein?
- Gefährliches Autofahren verbunden mit weniger Empathie
- Psychisches Wohlbefinden im Straßenverkehr: Fahrradfahrer sind am zufriedensten
- Ablenkung
- Fahrradfahren (Psychologie)
- Übermüdung
- Verkehrsrecht
- Wut, Verärgerung im Straßenverkehr
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Wandernde Gedanken können zu Verkehrsunfällen führen
Menschen, deren Gedanken während des Autofahrens kreisen, zeigen ein bedeutend höheres Risiko einen Verkehrsunfall zu verursachen, laut neuen Forschungsergebnissen.
Gefährliche Ablenkung vom Strassenverkehr
Die Forscher bemerkten, dass „Kreisen oder Wandern von Gedanken“, was ein Denken beschreibt, das sich nicht auf die ausgeführte Aufgabe bezieht und am häufigsten während Ruhephasen oder sich wiederholender Aufgaben vorkommt, also wie beim Fahren, dieses Abschweifen kann den Fahrer auf gefährliche Weise vom Strassenverkehr ablenken.
Ein Team von Psychologen aus Frankreich interviewte 955 in einem Kraftfahrzeugunfall verletzte Fahrer, die die Notfallstation des Bordeaux University Hospital zwischen April 2010 und August 2011 aufsuchten.
Gedanken vor dem Unfall
Alle Teilnehmer waren 18 Jahre oder älter, und wurden darum gebeten, ihre Gedanken unmittelbar vor dem Unfall zu beschreiben. Die Forscher beurteilten auch wie störend oder ablenkend die Gedanken waren.
Es wurden Faktoren berücksichtigt, von denen angenommen wurde, dass sie die Verantwortung des Fahrers minderten, wie:
- Straßenbeschaffenheit und Verkehrsbedingungen,
- Verkehrsregeln, die nicht befolgt worden waren,
- Schwierigkeiten / Probleme beim Fahren.
Die Forscher untersuchten auch den Blutalkohol und die Gefühlslage der Fahrer direkt vor dem Unfall.
Dies führte dazu, 453 Fahrer oder 47 Prozent zu klassifizieren, die für ihren Unfall verantwortlich waren, während die übrigen 502 als nicht verantwortlich erachtet wurden.
Mehr als die Hälfte der Unfallfahrer waren durch Gedanken abgelenkt
Die Forscher berichten, dass über die Hälfte der Fahrer – 52 % – über leicht wandernde Gedanken unmittelbar vor dem Unfall berichteten, und stark ablenkender Inhalt – was sie als intensiv wandernde Gedanken definierten – fand bei 121 Fällen oder 13 Prozent statt.
Intensiv wandernde Gedanken konnten mit einer größeren Verantwortlichkeit für einen Unfall verbunden werden – 17 Prozent (78 von 453 Autounfällen in denen der Fahrer verantwortlich schien) verglichen mit 9 Prozent (43 von 502 Unfällen bei denen der Fahrer nicht verantwortlich schien).
Entkopplung der Aufmerksamkeit von der Wahrnehmung
Die Wissenschaftler schlossen, dass der Zusammenhang zwischen intensiven Gedankenwanderns und in einen Unfall verwickelt werden „durch eine riskante Entkopplung der Aufmerksamkeit von der Wahrnehmung herrühren, was den Fahrer anfälliger dafür macht, Gefahren zu übersehen und mehr Fehler während des Fahrens zu machen“.
© PSYLEX.de – Quelle: BMJ – British Medical Journal, Januar 2013
Bei Müdigkeit im Strassenverkehr: Musik oder Koffein?
01.10.2014 Viele bekämpfen ihre Müdigkeit oder Erschöpfung hinter dem Steuer mit dem Trinken von koffeinhaltigen Getränken oder durch das Hören von Musik. Eine neue Studie hat herausgefunden, welche Methode die bessere ist.
Bild: Jörg Möller/Gerd Altmann (pixabay)
Frühere Studien haben gezeigt, dass das Trinken koffeinhaltiger Getränke und Musikhören zwei beliebte Maßnahmen von ermüdeten Fahrern sind, aber kaum eine Studie hat die Wirksamkeit dieser Methoden getestet. Eine neue auf der Jahrestagung der HFES (Human Factors and Ergonomics Society) 2014 in Chicago vorgestellte Studie holte dies nach.
Für die Studie ließen ShiXu Liu, Shengji Yao und Allan Spence 20 Teilnehmer drei 120-minütige Fahreinheiten in drei Tagen zur gleichen Zeit in einem Fahrsimulator fahren. Sie maßen dabei die Erschöpfung/Müdigkeit unter Koffein, bei Musik und ohne Stimulans mit Fragebögen und anhand der Fahrleistungen.
Die Befunde
Fahrer, die entweder Koffein oder Musik als Stimulans verwendeten, fühlten sich deutlich weniger müde als nicht stimulierte Teilnehmer. Die Forscher stellten jedoch fest, dass koffeinstimulierte Teilnehmer deutlich besser fuhren als diejenigen, die nur Musik hörten, oder Personen aus der Kontrollgruppe.
„Obwohl sowohl Koffein als auch Musik die Fahrer sich wacher fühlen ließen, half Koffein auch bei der Verbesserung der Fahrleistungen“, sagte Liu von der McMaster University. „Musik kann dagegen den Fahrer ablenken, was erklären könnte, warum die Fahrleistungen sich nicht bedeutend verbessert haben, wenn sie als eine Maßnahme zur Bekämpfung von Müdigkeit angewendet wird.“
© PSYLEX.de – Quelle: McMaster University / Human Factors and Ergonomics Society, September 2014
Verkehrspsychologie
Gefährliches Autofahren verbunden mit weniger Empathie
10.02.2015 Autofahrer, die andere gefährden, zeigen eine relativ geringere Aktivierung in Gehirnregionen, die mit sozialer Wahrnehmung und Einfühlungsvermögen verbunden sind, im Vergleich zu Autofahrern, die sich sicherer im Strassenverkehr verhalten.
Psychologische Wissenschaftler aus der tschechischen Republik zeichneten die Gehirnaktivität (Magnetresonanztomographie) von sowohl guten als auch schlechten Fahrern auf, während diese Videos zur Verkehrssicherheit sahen. Die Forscher wollten verstehen, warum manche die Verkehrsregeln ignorieren und andere dadurch gefährden, während andere sich an Strassenverkehrsregeln halten.
Wer hält sich eher an die Verkehrsregeln?
„Wir benutzen Fahren als Index des Sozialverhaltens und nehmen an, dass eher prosoziale Personen sich an die Verkehrsvorschriften halten, während antisoziale Individuen gefährlicher und gefährdender ohne Rücksicht auf andere fahren“, schreibt Autorin Jana Zelinková in der Zeitschrift NeuroImage.
Empathische Reaktionen für die Opfer
Verkehrssicherheitskampagnen appellieren oft an unsere Empathie durch die Betonung der Risiken, die eine schlechte bzw. rücksichtslose Fahrweise mit sich bringt. Die Forscher zeigten deshalb zwei Gruppen von Autofahrern eine Reihe Videos aus dem Strassenverkehr, die den Zuschauern empathische und mitfühlende Reaktionen für die Opfer verschiedener Straßenverkehrsunfälle entlocken sollten.
Die Forscher von der Central European Institute of Technology nahmen an, dass gefährliche und sichere Fahrer jeweils verschiedene Gehirnaktivitäten als Reaktion auf die Videos zeigen würden, die tragische Folgen riskanten Fahrens zeigten.
Insbesondere nahmen sie an, dass regelkonforme Autofahrer eine stärkere Aktivierung im superioren temporalen Sulcus (STS) zeigen würden, eine Region des Gehirns, die mit Gesichtserkennung, Empathie und unserer Fähigkeit sich den mentalen Zustand anderer Menschen vorzustellen, verbunden ist.
Rücksichtslose vs. rücksichtsvolle Fahrer
Verglichen wurden die Gehirnscans zweier Gruppen: 25 Männer ohne registrierte Verkehrsregelverletzungen und 19 Männer mit mindestens einem registrierten Verstoß gegen die Strassenverkehrsordnung (wie Fahren unter Alkoholeinfluss oder anderer Drogen oder einer größeren Geschwindigkeitsüberschreitung).
Alle schauten sich 12 kurze Videoclips verschiedener Strassenverkehrsszenarien in zufälliger Reihenfolge an: 6 zeigten die katastrophalen Folgen von Verkehrsunfällen, die sich durch ein gefährliches Fahrverhalten ergaben und 6 waren neutrale Kontrollvideos (normaler Strassenverkehr).
Die rücksichtsvolleren bzw. sichereren Fahrer zeigten eine größere STS-Aktivierung als die gefährlicheren Fahrer als Reaktion auf die beunruhigenden Videos mit Verkehrsunfällen.
Dann sahen sich die Teilnehmer alle Videos noch einmal an und sollten verbal jeden Videoclip beschreiben und beurteilen. Die Forscher werteten dann jede wörtliche Beschreibung auf Einfühlungsvermögen und Affekt (Gemütserregung) aus.
Teilnehmer, die mehr auf die Folgen der Handlungen der Charaktere im Video achteten, zeigten auch eine größere Aktivierung der STS-Gehirnregion.
In diesem Licht zeigt eine größere STS-Aktivität ein größeres Interesse für andere als für sich selbst, schlossen die Forscher. Mit anderen Worten: gefährliche Fahrer sind weniger rücksichtsvoll und weniger empathisch.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: NeuroImage, Central European Institute of Technology; Feb. 2015
Psychisches Wohlbefinden im Straßenverkehr
03.03.2019 Was macht einen Menschen bei der täglichen Pendelfahrt zufriedener? Das ist die Frage, die eine in Transportation Research Part A: Policy and Practice veröffentlichte verkehrspsychologische Forschungsarbeit bei der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen dem täglichen Verkehrsverhalten und dem psychischen Wohlbefinden untersuchte.
Die Ergebnisse der Studie, die sich auf die Art der Fortbewegung im Straßenverkehr beziehen, sind:
- Radfahren macht am zufriedendsten;
- Autofahren kommt als Verkehrsmittel an 2. Stelle bei der Zufriedenheit, wobei die Beifahrer zufriedener sind als die Fahrer;
- öffentliche Verkehrsmittel wurden als am wenigsten erfreulich und als am wenigsten interessant eingestuft.
Die Forscher fanden weiterhin heraus:
- Die Fahrtdauer hat einen negativen Zusammenhang mit der Zufriedenheit und einen positiven Zusammenhang mit Stress;
- Fahrten für beliebige Zwecke (z.B. Bewegung, Gemeinschaftsaktivitäten) sind im Allgemeinen mit einem höheren Maß an positiven Emotionen und einem niedrigeren Maß an negativen Emotionen verbunden als Fahrten zur Arbeit oder zum Einkaufen;
- Fahrten zu Restaurants etc. scheinen am zufriedenstellendsten zu sein.
- Fahrten mit Familie bzw. Kindern machten den Befragten mehr Spaß, als allein im Straßenverkehr unterwegs zu sein.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Transportation Research Part A: Policy and Practice – https://doi.org/10.1016/j.tra.2018.09.019
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