Bietet Depression einen evolutionären Vorteil?
Eine provozierende neue Theorie untersucht die Möglichkeit, dass Depression eine evolutionäre Bedingung sein könnte, die unsere Vorfahren vor Infektionen schützte.
Solch eine Theorie könnte die Allgegenwart von Depressionen erklären, die einen von zehn Erwachsenen in den Vereinigten Staaten beeinflusst. Deshalb glauben die Experten, dass die Hypothese berücksichtigt werden muss, dass Depression in unseren Gehirnen „gespeichert“ ist.
Evolution
Dies hat Biologen dazu geführt, mehrere Theorien vorzuschlagen, um auszumachen, wie Depressionen oder mit ihr verbundenes Verhalten einen evolutionären Vorteil bieten können. Einige Vorschläge haben sich darauf konzentriert, wie eine depressive Störung Verhalten in einem sozialen Kontext beeinflusst.
In einem neuen Artikel bereiten einige Psychiater dieses Rätsel auf eine andere Weise auf und binden Depression an die Resistenz gegenüber Infektionen.
In dieser Theorie schlagen die Forscher vor, dass die genetischen Variationen, die Depression fördern, auch unseren Vorfahren halfen, Infektionen zu bekämpfen. Ein Umriss ihres Vorschlags erschien in der Zeitschrift Molecular Psychiatry online.
Entzündungen und Immunsystem
Die Mitautoren Andrew Miller, M.D. und Charles Raison, M.D. erkannten, dass Depression oft mit Entzündungen oder einem aktivierten Immunsystem verbunden sind. Personen mit Depression neigen zu höheren Entzündungsniveaus selbst wenn sie keine Infektion bekämpfen.
Es stellte sich heraus, dass die meisten genetischen Variationen, die mit Depression verbunden sind, die Funktion des Immunsystems beeinflussen, sagte Miller. „Dies ließ uns darüber nachdenken, warum Depression ins Genom eingebettet zu bleiben scheint“.
Der Grundgedanke ist, dass Depression und die Gene, die sie fördern, sehr anpassungsfähig sind, die Unterstützung naher Familienangehöriger zu bewirken – besonders bei kleinen Kindern, selbst wenn dieses Verhalten nicht hilfreich in unseren Beziehungen zu anderen Menschen ist, sagte Raison.
Bis zur Entwicklung von Sulfonamidpräparat-Medikamenten und Antibiotika im ersten Teil des 20. Jahrhunderts waren Infektionen eine Hauptursache für den Tod. Infektionen zu überleben war ein ausschlaggebender Faktor, ob jemand in der Lage war, seine oder ihre Gene weitergeben zu können.
Die Autoren sagen, dass Evolution und Genetik depressive Symptome und physiologische Reaktionen miteinander verbunden haben, um die Sterblichkeit durch Infektionen zu reduzieren. Fieber, Erschöpfung / Inaktivität, sozialer Rückzug und Anorexie können alle als adaptives Verhalten im Licht der Notwendigkeit betrachtet werden, Infektionen einzudämmen, schreiben sie.
Stress ein Risikofaktor
Die Theorie liefert eine neue Erklärung dafür, warum Stress ein Risikofaktor für Depression ist. In der Theorie ist die Stress-Depression-Verbindung ein Nebenprodukt eines Prozesses, der das Immunsystem ‚voraktiviert‘ in Erwartung der Verletzung.
Ebenso kann eine Unterbrechung von Schlafmustern gesehen werden, in Hinblick auf Stimmungsstörungen und wenn das Immunsystem aktiviert wird. Dies kann durch die Notwendigkeit unserer Vorfahren herrühren, alamiert zu bleiben, um nach Verletzungen Raubtiere abzuwehren, sagte Miller.
Die Experten glauben, dass die neue Theorie auch zukünftige Forschungen über Depression beeinflussen könnte. Ein besonderer Bereich des Fokus könnte die Verwendung von Entzündungsbiomarkern für Depression sein, die bei der Vorhersage helfen könnten, ob jemand auf verschiedene Behandlungen reagiert.
Miller und Raison sind in weiterführenden Forschungsarbeiten involviert, die untersuchen, ob bestimmte Medikamente – die normalerweise verwendet werden, um Autoimmunerkrankungen zu behandeln – wirksam bei behandlungsresistenter Depression sind.
Quelle: Molecular Psychiatry. März 2012