Depression oder Kummer, Trauer?

Wenn aus Kummer Depression wird

08.03.2013 Trauer / Kummer ist eine normale, gesunde Reaktion auf einen bedeutsamen Verlust, wie der Tod eines geliebten Menschen oder eine Scheidung, aber es kann manchmal tatsächlich schon Depression sein oder werden (oder sich auch zu einer Trauerstörung auswachsen).

Die American Academy of Family Physicians listet diese Warnzeichen auf, die darauf hinweisen, dass das was Sie fühlen, eine Depression statt Kummer oder Trauer sein kann:

Trauer oder schon Depression
Trauer oder schon Depression ?

Wann kippt es?

  • Ihre Gefühle von Kummer und Traurigkeit schränken Ihr tägliches Leben ein.
  • Die Traurigkeit, die Sie erfahren, bleibt bestehen, statt mit der Zeit besser zu werden. (dazu hier mehr)
  • Sie beginnen darüber nachzudenken, sich etwas anzutun oder anderen zu schaden.

Reden Sie mit Ihrem Psychologen, Therapeuten oder Arzt, wenn Sie einige dieser Zeichen bemerken oder feststellen, dass Ihre Gefühle des Kummers / der Trauer nicht besser werden.

Quelle: American Academy of Family Physicians, März 2013

Trauer wird zu oft mit Depression diagnostiziert

17.03.2015 Eine neue Studie von Forschern der KU Leuven in Belgien hat festgestellt, dass die Einsamkeit durch den Tod eines Partners depressionsähnliche Symptome auslösen kann. Und Ärzte führen diese oftmals zu voreilig auf Depressionen zurück.

Die Forscher folgten 515 verheirateten Männern und Frauen im Alter von 65 oder älter für längere Zeit.

241 Personen, die im Verlaufe der Studie den Ehemann / die Ehefrau verloren, wurden sechs Monate nach dem Verlust zu Befragungen eingeladen, zusammen mit einer gleichgroßen Zahl immer noch verheirateter Kontrollteilnehmer. Die Forscher untersuchten und verglichen dann die Depressionssymptome der beiden Gruppen.

trauer rose schwarz
Bild: wolter_tom (pixabay)

Einsamkeit durch Verlust des Partners

Sie fanden, dass der eheliche Verlust eine sehr kleine Anzahl bestimmter Depressionssymptome verursachte. Das wichtigste Symptom war Einsamkeit. Und sie beobachteten, dass diese wenigen anfänglichen Depressionssymptome wiederum ein bestimmtes Netzwerk anschließender Depressionssymptome auslösten.

Dr. Eiko Fried sagte in Journal of Abnormal Psychology, die Studienresultate unterstützten frühere Befunde der These, dass spezifische ungünstige Lebensereignisse – wie der Verlust einer geliebten Person – zu bestimmten Depressionssymptom-Profilen führen.

Prävention und Behandlung bei Hinterbliebenen

Dies hat Konsequenzen für Prävention und Behandlung bei älteren Hinterbliebenen, sagte er. „Statt auf die Diagnose und Behandlung von Depression abzuzielen, sollten speziell bei den Schlüsselsymptomen wie z.B. Einsamkeit angesetzt werden. Dies kann die Aktivierung weiterer Symptome im psychopathologischen Netzwerk einer Person verhindern und die Entwicklung einer ausgewachsenen Depression verhindern.“

Keine Trennung mehr im DSM 5

Laut den Forschern ist es besorgniserregend, dass das DSM-5 – das Handbuch, das von den meisten Medizinern zur Diagnose von psychischen Störungen wie Depression benutzt wird – nicht mehr zwischen Depression und Trauer in seiner neuesten Version trennt.

„Dies ist ein Thema großer Debatten gewesen, und wir fürchten, dass bei vielen Menschen, die eine normale Trauerreaktion nach dem Verlust ihres Partners zeigen, normale Traurigkeit als pathologische Depression fehldiagnostiziert wird“, sagt Dr. Fried.

Die Studie ist die erste, die sich empirisch dem ‚Netzwerk‘ nähert, um den Zusammenhang zwischen dem Verlust des Ehepartners und depressiven Symptomen zu analysieren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Abnormal Psychology, KU Leuven; März 2015

DSM-5: Wenn Kummer zu Depression wird

Es herrscht Verwirrung darüber was Kummer, Trauer, was ’normaIe‘ und klinische Depression ist.

DSM-5 wird Verwirrung stiften

DSM-5

Wenn das DSM-5 veröffentlicht wird – das Klassifizierungssystem des amerikanischen Psychiatrieverbands – wird es sich verschlimmern, warnt der Professor für Psychiatrie Gordon Parker.

„Das diagnostische und statistische Handbuch für psychische Störungen oder DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) wird bald herausgegeben und es gibt große öffentliche und professionelle Sorge, dass das DSM-5 System normale Stimmungen des Menschen ‚pathologisiert‘ „, sagt Scientia Professor Gordon Parker, UNSW, Fachbereich Psychiatrie.

Kummer, Trauer … depressive Störung?

Besonders strittig ist der DSM-5 Vorschlag, dass Kummer, Trauer als eine depressive Störung aufgenommen wurden, eine Entwicklung, die dazu führen kann, dass „unglückliche“ Menschen mit Antidepressiva oder Antipsychotika behandelt werden, sagt Professor Parker, Direktor des Black Dog Instituts.

Professor Parker hat eine provozierende Schrift zum DSM-5 Modell herausgegeben – überschrieben ‚Öffnung der Büchse der Pandora: how DSM-5 has come to grief‘ in der Zeitschrift Acta Psychiatrica Scandinavica.

Unterscheidung von Kummer und Depression

Der Bericht fragt, wie Kummer und klinische Depression unterschieden werden können.

Professor Parker schlägt vor, dass anstatt Trauer in die diagnostische Kategorie klinische Depression hinüberzuziehen, stattdessen der Fokus auf die vorhandenen depressiven Störungen (besonders die reaktiven depressiven Störungen) gelegt werden sollte, die gegenwärtig außerhalb der Kategorisierung liegen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of New South Wales, April 2013

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