Cannabis und die Emotionen

Cannabis wirkt auf die Verarbeitung von Emotionen

01.03.2016 Die Wissenschaft fängt erst langsam an, die komplexe Biochemie von Cannabis zu verstehen, und wie es das Gehirn beeinflusst. Lucy Troup vom Fachbereich für Psychologie an der Colorado State University untersuchte, wie – wenn überhaupt – der Cannabiskonsum die Fähigkeit eines Menschen beeinflusst, Emotionen zu verarbeiten.

Marihuana rauchen
Bild: PDPics (pixabay)

Die in der Zeitschrift PLoS ONE veröffentlichte Studie legt nahe, dass Cannabis tatsächlich erheblich die Fähigkeit des Konsumenten beeinflussen kann, Emotionen zu erkennen, zu verarbeiten und nachzuempfinden. Aber die Ergebnisse zeigen auch, dass das Gehirn in der Lage sein kann, diesen Effekten entgegen zu wirken, abhängig davon, ob die Emotionen explizit oder implizit erkannt werden.

Seit fast zwei Jahren führten Troup und ihre Studenten Experimente mit Hilfe von Elektroenzephalogrammen (EEG) durch, und maßen die Hirnaktivitäten von etwa 70 menschlichen Freiwilligen. Die Teilnehmer waren chronische oder moderate Cannabiskonsumenten, oder benutzten es nicht.

In den Versuchen sollten die an einem EEG angeschlossenen Teilnehmer bei auf Bildern gezeigten Gesichtern erkennen, ob diese neutral, glücklich, ängstlich oder wütend aussahen.

Reaktionen auf die Mimik

Die Cannabiskonsumenten reagierten stärker auf Gesichter, die einen negativen (insbesondere wütenden) Ausdruck zeigten. Im Gegensatz dazu reagierten sie weniger auf eine positive Mimik – wie fröhliche Gesichter – im Vergleich zu den Kontrollteilnehmern.

Explizite Emotionserkennung

Weiterhin wurden die Teilnehmer gebeten, die Aufmerksamkeit auf die Emotion zu richten, und sie dann zu identifizieren – also „explizit“ die Emotion zu identifizieren. In diesen Fällen waren Konsumenten und Nicht-Konsumenten von Cannabis praktisch nicht zu unterscheiden.

Implizite Emotionserkennung

Sollten sie sich jedoch auf das Geschlecht des Gesichts konzentrieren und später die Emotion identifizieren, punkteten Cannabiskonsumenten sehr viel niedriger als Nicht-Nutzer.

Dies wies auf eine verschlechterte Fähigkeit, „implizit“ Emotionen zu identifizieren.

Cannabiskonsumenten waren auch weniger in der Lage die Emotionen – die sie auf den Gesichtern sahen – nachzuvollziehen.

Die Studie weist darauf hin, dass die Fähigkeit des Gehirns, Emotionen zu verarbeiten, durch den Konsum von Cannabis beeinflusst wird, aber es könnte da eine Kompensation geben, die diesen Veränderungen entgegenwirkt.

Es gibt keinen Unterschied zwischen Nutzern und Nicht-Nutzern, wenn sie sich auf eine bestimmte Emotion ausrichten. Aber auf einer tieferen Ebene der Emotionsverarbeitung – durch die Fähigkeit der Empathie – ist die Reaktion beim Cannabiskonsumenten reduziert.

P3 ereignisbezogene Potentiale

Insbesondere maßen Troup et al. die „P3 ereignisbezogenen Potentiale“ der Probanden. EEGs können eine große Vielzahl von generalisierten Gehirnaktivitäten aufzeichnen. In diesem Fall konzentrierten sie sich auf das, was in bestimmten Teilen des Gehirns geschieht, wenn den Freiwilligen ein Gesicht gezeigt wurde – das Gesicht wurde das ‚Ereignis‘.

P3 ist die elektrische Aktivität im Gehirn, die durch visuelle Aufmerksamkeit ausgelöst wird – wenn man etwas bemerkt. Die P3-Aktivität steht in Verbindung zur Aufmerksamkeit bei der emotionalen Verarbeitung.

Troup führt derzeit EEG-Studien über die Auswirkungen von Cannabis auf das Lernen, sowie auf affektive Störungen wie Depression und Angststörungen durch.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Colorado State University, PLoS ONE; Feb. 2016

Cannabis-Missbrauch verändert die Aktivität von Hirnregionen, die mit negativen Emotionen verbunden sind

17.01.2018 Junge von Cannabis abhängige Menschen zeigen veränderte Gehirnfunktionen, die die Ursache emotionaler Störungen und eines erhöhten mit Marihuanakonsum in Verbindung gebrachten Psychoserisikos sein können.

Die Veränderungen waren am ausgeprägtesten bei Menschen, die bereits in jungen Jahren mit dem Konsum von Marihuana begannen. Die Ergebnisse zeigen potenziell negative Langzeitwirkungen schweren Cannabiskonsums auf die Gehirnfunktion, die Emotionen und das Verhalten, die trotz des weit verbreiteten Konsums und der Bemühungen um eine Legalisierung der Substanz weitgehend unbekannt geblieben sind.

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Die Studie der Doktoren Peter Manza, Dardo Tomasi und Nora Volkow vom National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism, Bethesda, Maryland, bewerteten Daten aus dem Human Connectome Project zur Hirnaktivität im Ruhezustand. Sie erfassten die Gehirnaktivitäten von 441 jungen Erwachsenen und verglichen die einer kleineren Gruppe von 30 Personen, die die Kriterien für Cannabismissbrauch erfüllten, mit 30 Kontrollteilnehmern.

Belohnungsverarbeitung und Gewohnheitsbildung

Personen mit starkem Marihuanakonsum zeigten eine ungewöhnlich hohe Konnektivität in Hirnregionen, die für die Belohnungsverarbeitung und Gewohnheitsbildung wichtig sind. Dieselben Regionen spielten auch bei der Entwicklung von Psychosen in früheren Forschungsarbeiten eine Rolle.

Die Daten dieser Hirnscans liefern eine Verbindung zwischen Veränderungen in den Systemen des Gehirns, die an Belohnung und Psychopathologie und chronischem Cannabis-Missbrauch beteiligt sind, und legen einen Mechanismus nahe, durch den der starke Gebrauch dieser beliebten Droge zu Depressionen und anderen noch schwereren Formen psychischer Erkrankungen führen kann, sagte Dr. Cameron Carter von Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging.

Negative Emotionalität: Entfremdungsgefühle

Die Hirnveränderungen waren auch mit verstärkten Gefühlen negativer Emotionalität verbunden, insbesondere mit Entfremdung, bei der man ein Gefühl der Feindseligkeit oder Ablehnung durch andere verspürt.

Die Verknüpfung weist auf einen potentiellen biologischen Mechanismus hin, warum Entfremdungsgefühle bei Menschen mit Cannabisabhängigkeit oft grundlegend verstärkt werden.

Hyperkonnektivität bei frühem Beginn

Interessanterweise war die Hyperkonnektivität bei den Personen am stärksten, die Marihuana in der frühen Pubertät zu konsumieren begannen, sagte Dr. Manza, was sich mit Berichten über ein höheres Risiko emotionaler und psychiatrischer Probleme deckt, wenn der Cannabiskonsum frühzeitig im Leben beginnt.

Die Adoleszenz ist eine kritische Phase der Gehirnentwicklung, wobei der frühe Konsum von Cannabis besonders schädlich ist, schließen die Wissenschaftler.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism; Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging – DOI: 10.1016/j.bpsc.2017.11.004; Jan. 2018

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