Zu viel Freizeit macht nicht glücklich

Zu wenig oder zu viel freie Zeit zu haben ist mit einem verminderten subjektiven Wohlbefinden verbunden

Zu viel Freizeit macht nicht glücklich

09.09.2021 Mit zunehmender Freizeit steigt auch das Wohlbefinden des Einzelnen – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Zu viel Freizeit kann auch etwas Negatives sein, wie eine von der American Psychological Association veröffentlichte Studie zeigt.

Die Menschen beklagen sich oft darüber, dass sie zu viel zu tun haben und wünschen sich mehr Zeit. Aber ist mehr Zeit tatsächlich mit mehr Glück verbunden? Wir haben herausgefunden, dass ein Mangel an freien Stunden am Tag zu mehr Stress und einem geringeren subjektiven Wohlbefinden führt, sagt Studienautorin Marissa Sharif. Zu wenig freie Zeit ist zwar schlecht, aber mehr Freizeit ist nicht immer besser.

Die Studie wurde im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlicht.

2 – 5 Stunden Freizeit am besten

Die Forscher analysierten die Daten von 21.736 US-Amerikanern, die zwischen 2012 und 2013 am American Time Use Survey teilnahmen. Die Teilnehmer gaben detailliert an, was sie in den vorangegangenen 24 Stunden getan haben – mit Angabe der Tageszeit und der Dauer der jeweiligen Aktivität – und berichteten über ihr psychisches Wohlbefinden. Die Forscher fanden heraus, dass das Wohlbefinden mit zunehmender Freizeit anstieg, sich jedoch bei etwa zwei Stunden einpendelte und nach fünf Stunden zu sinken begann. Die Zusammenhänge in beiden Richtungen waren statistisch bedeutend.

Die Forscher analysierten auch Daten von 13.639 berufstätigen US-Amerikanern, die zwischen 1992 und 2008 an der National Study of the Changing Workforce teilgenommen hatten. Im Rahmen der Umfrage wurden die Teilnehmer unter anderem zu ihrer Freizeit befragt und zu ihrem subjektiven Wohlbefinden, das als Lebenszufriedenheit erfasst wurde.

Auch hier stellten die Forscher fest, dass ein höheres Maß an Freizeit signifikant mit einem höheren Maß an subjektivem Wohlbefinden verbunden war, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Danach war ein Übermaß an Freizeit nicht mehr mit einem höheren Wohlbefinden verbunden.

Experimente

Um das Phänomen weiter zu untersuchen, führten die Forscher zwei Online-Experimente mit mehr als 6.000 Teilnehmern durch. Im ersten Experiment sollten die Teilnehmer sich vorzustellen, dass sie mindestens sechs Monate lang jeden Tag eine bestimmte Menge an freier Zeit zur Verfügung haben. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip einer geringen (15 Minuten pro Tag), einer mittleren (3,5 Stunden pro Tag) oder einer hohen (7 Stunden pro Tag) Menge an freier Zeit zugewiesen. Die Teilnehmer wurden gebeten anzugeben, inwieweit sie Freude, Glück und Zufriedenheit empfinden würden.

Sowohl die Teilnehmer der Gruppe mit geringem als auch der Gruppe mit hohem Ermessensspielraum berichteten über ein geringeres Wohlbefinden als die Teilnehmer der Gruppe mit moderatem Ermessensspielraum. Die Forscher fanden heraus, dass sich die Teilnehmer mit wenig freier Zeit gestresster fühlten als die Teilnehmer mit moderater freien Zeit, was zu einem geringeren Wohlbefinden beitrug, aber die Teilnehmer mit viel freier Zeit fühlten sich weniger produktiv als die Teilnehmer der mittleren Gruppe, was ebenfalls zu einem geringeren Wohlbefinden führte.

Produktive vs. unproduktive Freizeitgestaltung

Im zweiten Experiment untersuchten die Forscher die mögliche Rolle der Produktivität. Die Teilnehmer sollten sich vorstellen, dass sie entweder ein mittleres (3,5 Stunden) oder ein hohes (7 Stunden) Maß an Freizeit pro Tag haben, sollten sich aber auch vorstellen, diese Zeit entweder mit produktiven (z. B. Sport, Hobbys oder Laufen) oder unproduktiven Aktivitäten (z. B. Fernsehen oder Computer) zu verbringen.

Die Forscher fanden heraus, dass Teilnehmer mit mehr Freizeit bei unproduktiven Tätigkeiten ein geringeres Wohlbefinden angaben. Bei produktiven Tätigkeiten fühlten sich die Teilnehmer mit mehr Freizeit jedoch ähnlich wie die Teilnehmer mit moderat viel Freizeit.

Unsere Untersuchung konzentrierte sich zwar auf die Beziehung zwischen der Menge an freier Zeit und dem subjektiven Wohlbefinden, aber unsere zusätzliche Untersuchung wie Menschen ihre freie Zeit verbringen, erwies sich als aufschlussreich, so Sharif. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass man ähnlich unglücklich sein kann, wenn man ganze Tage zur freien Verfügung hat, die man nach eigenem Ermessen füllen kann.

Die Menschen sollten stattdessen danach streben, eine moderate Menge an freier Zeit zu haben, die sie nach eigenem Gutdünken verbringen können. In den Fällen, in denen Menschen übermäßig viel freie Zeit haben, z. B. im Ruhestand bzw. nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben, legen die Ergebnisse nahe, dass diese Personen davon profitieren würden, wenn sie ihre neu gewonnene Zeit sinnvoll nutzen würden.

© Psylex.de – Quellenangabe: Journal of Personality and Social Psychology (2021). DOI: 10.1037/pspp0000391

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