Ortsabhängige Bedrohung und damit verbundene neuronale Anomalien bei klinischer Angst
14.11.2021 Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich auf einer Wiese und pflücken Blumen. Sie wissen, dass einige Blumen sicher sind, während in anderen eine Biene sitzt, die Sie stechen wird. Wie würden Sie auf diese Umgebung reagieren und – noch wichtiger – wie würde Ihr Gehirn reagieren?
Dies ist eine von Neurowissenschaftlern eingesetzte Szene in einer Virtual-Reality-Umgebung, um herauszufinden, wie sich Angst auf das Gehirn auswirkt und wie Gehirnregionen miteinander interagieren, um das Verhalten zu beeinflussen.
Diese Ergebnisse zeigen uns, dass Angststörungen mehr sein könnten als ein Mangel an Bewusstheit für die Umgebung bzw. für die Sicherheit, sondern dass Menschen mit einer Angststörung ihre Gefühle und ihr Verhalten nicht kontrollieren können, selbst wenn sie es wollten, sagt Benjamin Suarez-Jimenez vom Del Monte Institute for Neuroscience an der University of Rochester und Erstautor der in Communications Biology veröffentlichten Studie. Die Patienten mit einer Angststörung konnten rational sagen: Ich bin in einem sicheren Raum, aber ihr Gehirn verhielt sich so, als ob es das nicht wäre.
Beobachtung der Angst im Gehirn
Mithilfe von fMRT beobachteten die Forscher die Gehirnaktivität von Freiwilligen mit generalisierter und sozialer Angststörung, während sie sich durch ein Virtual-Reality-Spiel zum Blumenpflücken bewegten. Auf der Hälfte der Wiese befanden sich Blumen ohne Bienen, auf der anderen Hälfte Blumen mit Bienen, die sie stechen würden – simuliert durch eine leichte elektrische Stimulation der Hand.
Die Forscher fanden heraus, dass alle Studienteilnehmer zwischen den sicheren und den gefährlichen Bereichen unterscheiden konnten. Die Gehirnscans zeigten jedoch, dass bei den ängstlichen Probanden eine erhöhte Aktivierung der Insula und des dorsomedialen präfrontalen Kortex auftrat – ein Hinweis darauf, dass ihr Gehirn einen bekannten sicheren Bereich mit Gefahr oder Bedrohung assoziierte.
Dies ist das erste Mal, dass die Forscher das Diskriminierungslernen auf diese Weise untersucht haben. Wir wissen, welche Hirnareale zu untersuchen sind, aber wir zeigen zum ersten Mal dieses Konzert von Aktivitäten in einer so komplexen, der realen Welt ähnlichen Umgebung, sagte Suarez-Jimenez. Diese Ergebnisse wiesen auf die Notwendigkeit von Behandlungen hin, die den Patienten helfen könnten, die Kontrolle über ihren Körper wiederzuerlangen.
Die Unterschiede im Gehirn waren die einzigen, die bei diesen Patienten festgestellt wurden. Bei den ebenfalls gemessenen Schweißabsonderungen, einem Indikator für Angstzustände, wurden beispielsweise keine eindeutigen Unterschiede festgestellt.
© Psylex.de – Quellenangabe: Communications Biology (2021). DOI: 10.1038/s42003-021-02775-x
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