Studie: Erhöhtes Risiko für selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität bei Kindern und Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung
26.10.2021 Ein deutlich erhöhtes Risiko für Selbstverletzungen und Suizid bei Menschen mit Autismus zeigt, dass Programme zur Verringerung dieses Risikos notwendig sind, sagen Forscher.
Für ihre Studie analysierten die Forscher 31 Studien zum Zusammenhang zwischen Autismus und Selbstverletzung/Suizid, die zwischen 1999 und 2021 in fünf Datenbanken veröffentlicht wurden. Insgesamt wiesen Kinder und Erwachsene mit Autismus ein dreifach erhöhtes Risiko für selbstverletzendes Verhalten auf, wobei das Risiko bei Erwachsenen noch etwas höher ausfiel.
Das Suizidrisiko war bei Menschen mit Autismus ähnlich hoch laut der in JAMA Network Open veröffentlichten Studie.
Beeinflussende Faktoren
Mehrere Faktoren könnten das erhöhte Risiko von Selbstverletzungen bei Menschen mit Autismus erklären, sagen die Studienautoren.
Selbstverletzendes Verhalten, wie z. B. sich selbst schlagen, ‚Ritzen‘ (sich selbst schneiden) und das Ziehen an den Haaren, kommt bei bis zu 42 % der Menschen mit Autismus vor. Es gibt auch einen bekannten Zusammenhang zwischen Selbstverletzungen und Suizidälität, schreiben die Forscher.
Darüber hinaus leiden schätzungsweise 28 % der Menschen mit Autismus auch an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, 20 % ebenfalls an einer Angststörung und 11 % auch unter Depressionen.
Unsere Ergebnisse sind angesichts des anhaltenden Anstiegs der Häufigkeit von Autismus und der hohen Prävalenz von selbstverletzendem Verhalten in dieser Bevölkerungsgruppe von Bedeutung für die öffentliche Gesundheit – insbesondere in einer Zeit, in der die Raten von Depressionen, Angstzuständen und Suiziden im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zunehmen, sagt der leitende Autor der Studie Dr. Guohua Li von der Mailman School of Public Health der Columbia University in New York City.
Weitere Forschungsarbeiten sollten darauf abzielen, die Auswirkungen von Begleitdiagnosen zu ermitteln, Systeme zur Überwachung von Selbstverletzungen in der Autismuspopulation zu entwickeln und wirksame Präventionsstrategien zu implementieren, um die Sicherheit und das Wohlergehen von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zu gewährleisten, fügte Li hinzu.
© Psylex.de – Quellenangabe: JAMA Network Open (2021). DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.30272
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Als ich siebzehn Jahre alt war, versuchte ich das erste Mal mich bewusst umzubringen und ich habe es danach nie wieder versucht. Aber es stimmt, was dem vorausging ist wie in vielen Fällen Selbstverletzung gewesen. Und die wurzelte vor allem in einem tiefen Unverständnis für mich selber und meine „abnorme Art“ auf Personen um mich herum zu reagieren. Das ich weiblich bin, wurde als erster Grund dafür genannt, warum mein Autismus erst im frühen Erwachsenenalter diagnostiziert wird. (Ich sage wird, weil das Diagnoseverfahren noch andauert und es dauert, das muss ich leider sagen, schon sehr lange, seit Monaten und Jahren). Ich habe gelernt, wie ich mich anzupassen habe, um der Welt zu genügen, aber oft zieht es mich fort, an einen Ort, den nur ich kenne. Ich lebe oft zwischen Realität und der Betrachtung des Sternenhimmels, das ist der Horizont, den ich verstehe. Sowie das geschriebene Wort. Zwingt man mich zu Dingen, die ich nicht mag oder nicht verstehe, reagiere ich kindisch, weil es mir eine Seelenqual bereitet, die sich nur aus der Erklärungskraft meiner eigenen Psyche speist. Alle Vergleiche, die ich habe, sind männlich. Einer hat Asperger und einen habe ich seit der Grundschule nicht mehr gesehen. Keiner erklärte uns, warum er mit Begleitung in die Schule kam. Warum er so aufbrausend, impulsiv und unverstehend für uns andere Kinder und Erwachsene handelte. Und keiner sagte mir, warum ich mich selbst in ihm sah. Mein Innerstes gespiegelt nach außen, das ich verbarg, weil ich früh das Gefühl hatte, keiner will sehen, dass ich nach mehr verlange als die anderen, mich nicht zu benehmen weiß oder nicht funktionieren kann. Ich wusste nicht, was ich hatte, doch ich vermutete, wenn es jemand sieht, werden sie mich ausgrenzen und mich nicht mehr lieben. Ich kann nur für mich selbst und für einen authistischen Freund sprechen, der ebenfalls unter Erschöpfungs – und Angstzuständen leidet wie ich. Ich glaube, das Problem liegt nicht bei der Selbstverletzung selber, sondern dass man keine Wege gezeigt bekommt, anders damit umzugehen. Man muss nicht sterben, damit der Schmerz endet, aber soweit hat es mich getrieben, genau das zu glauben. Wenn ich die Welt sehe, dann sehe ich fünf Sachen zu gleich. Ich höre und rieche und fühle und schmecke fünf Sachen zu gleich und niemals hören meine Gedanken auf, wie soll ich mich da fokussieren? Mein Kopf ist wie ein unversiegbarer Strom. Eine frühe Diagnose ist so wichtig, zumindest wäre es für mich wichtig gewesen, die zu sein, die „das Problem“ ergründen kann. Hätte ich allem einen Namen geben können, ich hätte meinen persönlichen, alltäglichen Kampf nicht so leicht aufgegeben. Das ist die größte Hilfe, die man sich wünschen kann, eine Diagnose. Außerdem die Unterstützung der Bezugspersonen, mit professioneller Beratung, da diese oft überfordert sind und sich Anleitung wünschen würden. Und für die Betroffenen selber die Ermöglichung von Routinen im Alltag, dem Schaffen eines bekannten Umfeldes. Das größte Bedürfnis eines authistischen Menschen ist Sicherheit und in dessen Rahmen seinen Interessen nachgehen zu können. Weniger ist mehr. Wird dieses Verlangen nicht gestillt, dann fühlt er oder sie sich ungehört und in seiner oft sehr ausgeprägten Panik alleine gelassen.