Dekonstruktion der Dissoziation: ein dreifaches Netzwerkmodell der traumabedingten Dissoziation und ihrer Subtypen
04.11.2022 Ein Trauma kann zu dissoziativen Symptomen führen – z. B. einer außerkörperlichen Erfahrung oder einem Gefühl der Gefühllosigkeit -, die einer Person kurzfristig bei der Bewältigung helfen, aber negative Auswirkungen haben können, wenn die Symptome über einen längeren Zeitraum hinweg anhalten.
In einer neuen in der Fachzeitschrift Neuropsychopharmacology veröffentlichten Studie hat ein Team unter der Leitung von Forschern des McLean Hospitals Regionen innerhalb von Gehirnnetzwerken identifiziert, die miteinander kommunizieren, wenn Menschen verschiedene Arten von dissoziativen Symptomen erleben.
„Dissoziation und schwere dissoziative Störungen wie die dissoziative Identitätsstörung werden bestenfalls unterschätzt und schlimmstenfalls häufig nicht oder falsch diagnostiziert“, sagt die Co-Autorin Dr. Lauren A.M. Lebois, Direktorin des Forschungsprogramms für dissoziative Störungen und Trauma.
An der Studie von Lebois und ihren Kollegen nahmen 91 Frauen mit und ohne Trauma in der Kindheit, mit aktueller posttraumatischer Belastungsstörung und mit unterschiedlich starken dissoziativen Symptomen teil. Die Teilnehmerinnen unterzogen sich einer funktionellen Magnetresonanztomographie, so dass die Forscher einen Einblick in ihre Gehirnaktivität gewinnen konnten.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass verschiedene dissoziative Symptome eindeutig mit Verbindungen von Bereichen in Gehirnnetzwerken verbunden sind, die für Kognitions- und Emotionsprozesse zuständig sind. „Die für die posttraumatische Belastungsstörung typische Dissoziation und die Dissoziation, die für die Dissoziative Identitätsstörung von zentraler Bedeutung ist, sind jeweils mit speziellen Gehirnsignaturen verbunden“, so Lebois.
Das Team hofft, dass ein besseres Verständnis der Gehirnkorrelate von Dissoziation dazu beitragen wird, bisherige Missverständnisse über Dissoziation und dissoziative Identitätsstörung zu korrigieren, diese Erscheinungen zu entstigmatisieren und geschlechtsspezifische gesundheitliche Ungleichheiten zu verringern.
„Wir hoffen auch, dass die Studie das Bewusstsein für dissoziative Symptome schärfen wird – und dass Kliniker letztlich eher dazu in der Lage sein werden, diese Symptome zu erkennen und zu berücksichtigen und Patienten rechtzeitig mit einer angemessenen Behandlung zu versorgen“, sagt die Mitautorin Dr. Milissa Kaufman.
Es ist wichtig zu beachten, dass die einzigartigen Gehirnsignaturen verschiedener dissoziativer Symptome auf neue Therapien hinweisen können, so die Studienautoren.
© Psylex.de – Quellenangabe: Neuropsychopharmacology (2022). DOI: 10.1038/s41386-022-01468-1