Resilienz und das Gehirn

Resilienz (Gehirn)

Wissenschaftler lokalisieren Resilienz im Gehirn

20.07.2016 Warum einige Menschen Stress besser handhaben können als andere ist eine Frage, die Wissenschaftler seit Jahrzehnten fasziniert.

Nun berichtet ein Forscherteam der Yale Universität im Fachblatt Proceedings of the National Academy of Sciences, dass die adaptive Gehirnaktivität in einem bestimmten Gebiet des Gehirns Resilienz vorhersagen kann.

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Bild: Gerd Altmann

Umgekehrt kann die Abwesenheit dieser Aktivität dabei helfen, diejenigen zu identifizieren, die am stärksten für Rauschtrinken, emotionales Essen und Wutausbrüche anfällig sind.

30 Teilnehmer wurden mit Hilfe von MRT-Scans beobachtet, während sie hoch bedrohlichen, gewalttätigen und stressenden Fotos, sowie neutralen, nicht-stressenden Bildern für sechs Minuten ausgesetzt wurden.

3 Reaktionsmuster auf Stress

Die Wissenschaftler fanden drei verschiedene Stress-Reaktionsmuster.

  1. Das erste Muster wurde durch die anhaltende neurale Aktivierung von Gehirnregionen charakterisiert, die potentielle Bedrohungen signalisieren, kontrollieren und verarbeiten.
  2. Das zweite Reaktionsmuster beinhaltete ein dynamisches Muster mit erhöhter und dann verminderter Aktivierung, womöglich ein Weg des Gehirns, um beginnenden Distress auf eine wahrgenommene Bedrohung zu reduzieren.
  3. Schließlich zeigten einige Teilnehmer während der anhaltenden Stressexposition flexible neuronale Reaktionen in einem Gebiet des Gehirns, das ventraler medialer präfrontaler Cortex (VmPFC) genannt wird.

Ventromedialer präfrontaler Cortex

Ein höheres Ausmaß an Neuroflexibilität in diesem Gebiet des Gehirns sagte diejenigen mit größerer Resilienz voraus, die die emotionale und Verhaltenskontrolle während des Stresses wiedergewannen, sagte Studienautorin Psychiatrie-Professorin Rajita Sinha.

Der ventromediale präfrontale Cortex scheint das Gebiet des Gehirns zu sein, das mobil macht, um die Kontrolle über unsere Reaktion auf Stress wiederzugewinnen, sagte sie.

Vorherige Studien haben bereits gezeigt, dass wiederholter und chronischer Stress zu großen Schäden an den Nervenstrukturen, Verbindungen und Funktionen des präfrontalen Cortexes – dem Sitz kognitiver Funktionen höherer Ordnung, die bei der Regulation von Emotionen helfen – und primitiveren Gebiete des Gehirns führen kann.

In nachfolgenden Interviews mit den Teilnehmern fanden die Forscher heraus, dass diejenigen ohne neurale Flexibilität im VmPFC während des Stresses anfälliger für Rauschtrinken, emotionales Essen und Wutausbrüche waren.

Diese Personen besitzen weniger Resilienz und sind anfälliger für Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit oder emotionale Dysfunktionsprobleme, welches Kennzeichen der Exposition gegenüber wiederholtem und starkem chronischen Stress sind, sagte Sinha.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Yale Universität, Proceedings of the National Academy of Sciences – DOI: 10.1073/pnas.1600965113; Juli 2016

Veränderungen in Gehirn-Netzwerken erklären, warum einige Kinder resilienter gegen Misshandlungen sind

07.12.2018 Menschen, die in der Kindheit schlecht behandelt wurden, haben häufig Störungen in ihrer Gehirnarchitektur, unabhängig davon, ob sie psychiatrische Symptome entwickeln, aber eine in Biological Psychiatry publizierte Studie zeigt zusätzliche Veränderungen bei resilienteren Menschen, die keine Symptome entwickeln.

Dr. Kyoko Ohashi vom McLean Hospital, Harvard Medical School und Kollegen erstellten Modelle von Gehirnnetzwerken von 342 jungen Erwachsenen, von denen mehr als die Hälfte als Kind misshandelt wurden: Die Neurowissenschaftler verfolgten die Wege der Verbindungen im gesamten Gehirn.

Gleiche Hirnanomalien bei anfälligen und resilienten Personen

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Bild: Gerd Altmann

Sie fanden heraus, dass anfällige und resiliente (psychologisch widerstandsfähige) Teilnehmer mit Missbrauchserfahrungen in der Kindheit die gleichen Anomalien in der Organisation des Hirnnetzwerks aufwiesen.

Interessanterweise hatten resiliente Personen zusätzliche Anomalien in bestimmten Gehirnregionen, die ihre Anfälligkeit für verschiedene Formen von psychiatrischen Symptomen reduzierten, und diese Informationen konnten zuverlässig vorhersagen, ob die Studienteilnehmer nicht misshandelt wurden, oder ob sie anfällig oder resilient waren, sagte Ohashi.

Geringere Effizienz in rechte Amygdala bei asymptomatischen Resilienten

Sie bestätigten eine a priori Hypothese, wonach die Effizienz des rechten Amygdala-Knotens bei asymptomatischen resilienten Personen geringer war als bei anfälligen Teilnehmern oder Kontrollpersonen.

Diese zusätzlichen Gehirnanomalien bei psychisch widerstandsfähigen Erwachsenen schienen die Effizienz des Informationstransfers in Hirnregionen zu verringern, die wahrscheinlich durch die Widrigkeiten verändert wurden und an psychiatrischen Symptomen wie Schmerzen, Stress, Depressionen und Angstzuständen beteiligt sind.

Resilienz: ein aktiver Prozess

Diese Studie zeigt, dass Resilienz ein aktiver Prozess ist, der mit seinen eigenen Veränderungen in der Gehirnfunktion über die negativen Auswirkungen von Stress hinaus verbunden ist.

Die Beobachtung, dass die krankheitsbedingten Netzwerkänderungen bei den belastbaren Probanden vorhanden sind, kann helfen zu erklären, warum einige Personen nach traumatischer Stressbelastung Phasen der Verletzlichkeit und Resilienz zeigen, erklärt der Artikel.

Aber ob diese zusätzlichen Veränderungen in der Gehirn-Konnektivität die Ursachen, Folgen oder sowohl die Ursachen als auch die Folgen der Resilienz sind, kann die Studie nicht abschließend sagen. Ob die zusätzlichen resilienzverbundenen Veränderungen vor dem Stress vorlagen oder nach der Stressbelastung auftreten, ist ungewiss.

Aber die Ergebnisse geben den Forschern eine Vorstellung davon, wie man anfälligen Menschen helfen kann, Resilienz zu entwickeln.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Biological Psychiatry (2018). DOI: 10.1016/j.biopsych.2018.10.016

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