Armut (Psyche, Psychologie)

Forschungsartikel und News, die sich mit den Auswirkungen der Armut auf die Psyche bzw. den psychologischen Aspekten der A. beschäftigen.

Verarmte werden nicht mehr froh

Wenn man arm wird, macht einen das aufgrund des geringeren Einkommens und Status unmittelbar unglücklich und dies bessert sich auch langfristig durch Adaption nicht mehr, laut einer internationalen Studie.

Dies ist der Schlüsselbefund unserer Untersuchung, sagen Conchita D’Ambrosio der Universität Luxemburg, und Kollegen aus Frankreich und Italien.

Armut: Kann man trotzdem glücklich werden?

„Es war natürlich zu erwarten, dass Arme mit ihrem Leben weniger zufrieden sind als Wohlhabende, aber wir wollten herausfinden, ob sich das Wohlbefinden nach einiger Zeit wieder einstellt“, erklärte D’Ambrosio.

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Suppenküche für Arme 1931

Es wurden Daten und Interviews von über 45.000 in Deutschland lebenden Personen (1992-2011) überprüft: es gab keinen Hinweis, dass sich das Wohlbefinden der Betroffenen erholte. Selbst wenn verschiedene Definitionen von Armut und verschiedene aufgetretene Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit, Trauerfälle, Behinderungen und Ruhestand mit einbezogen wurden, änderte sich der Befund nicht.

Als Maß wurde die Selbsteinschätzungen der Betroffenen gewählt; bei anderen Studien zeigte es sich als zuverlässiges Instrument.

Langfristige negative Auswirkungen durch Einkommensverluste

Es hat zum Beispiel ein starker Einkommensverlust (auf die Hälfte der Armutsgrenze) dieselbe negative Wirkung auf das Wohlbefinden wie eine Trennung vom Partner.

Selbst eine Verringerung des Einkommens knapp unter die Armutsgrenze hat einen bedeutenden negativen Effekt. In beiden Fällen bleibt der Rückgang des Wohlbefindens bestehen, solange das Einkommen auf diesem Niveau gedrückt bleibt.

Neue Perspektiven bei einem heißen Thema

Dieser Befund ist ein wertvoller Beitrag zur Debatte darüber, ob Geld die Quelle von Glück und Wohlbefinden ist. Es hat substantielle Forschungsstudien darüber gegeben, was geschieht, wenn das Einkommen steigt. Wenig überraschend sind wohlhabendere Leute zufriedener mit ihrem Leben, aber mit der interessanten Nuance, dass wenn einmal ein bestimmtes Einkommen erreicht wurde, das Wohlbefinden darüber hinaus sinkt.

Diese Studie ist eine der wenigen, die sich die Auswirkung eines fallenden Einkommens ansieht. „Während mehr Geld keine langfristige (positive) Wirkung auf das Wohlbefinden hat, wird Einkommensverlust, der zu Armut führt, nie vergessen bzw. mental ausgeglichen“, sagte D’Ambrosio.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Luxembourg, März 2014

Armut beeinträchtigt Bildung – Mythos?

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagt, dass die Qualität der Lehre bzw. der Schule wichtiger sei als der ökonomische Hintergrund; Armut sei kein Hindernis für Erfolg in der Schule.

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Faktoren wie Eltern mit geringer Schulbildung und Leben in runtergekommenen Stadtvierteln verurteilen unterprivilegierte Familien zu einem Teufelskreis sozialer Benachteiligung, laut einigen Bildungsexperten. Aber die OECD sagt, dass diese Annahme ein ‚Mythos‘ sei.

Ihre Forschung zeige, dass sozial und ökonomisch benachteiligte Kinder aus einigen Ländern die reichsten Kinder anderer Nationen z.B. in Mathematik übertreffen, sagt Andreas Schleicher von der OECD.

Herr Schleicher fügte hinzu: „Armut ist nicht Schicksal. Zum Beispiel sind die ärmsten 15-jährigen in Shanghai genauso gut ausgebildet wie die zehn Prozent der privilegiertesten Schüler in den Vereinigten Staaten und den privilegiertesten 20 Prozent im Vereinigten Königreich.

In den Niederlanden können Kinder aus den ärmsten Familien schon ein Jahr weiter sein in der schulischen Ausbildung als Kinder im selben Alter mit ähnlichem Hintergrund im Vereinigten Königreich.

‚Unter dem Strich hat das Land, in dem man zur Schule geht – also das Schulsystem und die schulische Qualität, eine viel größere Auswirkung auf das Lernergebnis als der sozioökonomische Hintergrund der Familie oder des Landes zu haben scheint.‘

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Organisation for Economic Co-operation and Development, Jan. 2014

Psychische Folgen der Armut für Kinder (und Mütter)

Psychosoziale Folgen der Armut für Kinder (und Mütter)

18.02.2017 Eine neue im Fachblatt The Lancet Public Health veröffentlichte psychologische Studie der Universität Liverpool zeigt, dass Kinder – die in die Armut abrutschen – eher unter sozialen, emotionalen und Verhaltensproblemen leiden als Kinder, die nicht in finanziell schlechten Verhältnissen aufwachsen.

Übergang in finanzielle Armut

Die Studienautoren Sophie Wickham, Margaret Whitehead, David Taylor-Robinson und Ben Barr untersuchten die Auswirkungen des Übergangs in die Armut auf die Psyche von Kindern und deren Müttern anhand einer repräsentativen Stichprobe.

Die Forscher identifizierten 6.063 Familien (im Jahr 2000), die nicht in Armut lebten und keine psychischen Probleme hatten – die Kinder waren zu diesem Zeitpunkt 3 Jahre alt.

Als die Kinder 5, 7 und 11 Jahre wurden, erfassten und verglichen die Wissenschaftler die psychische Gesundheit derjenigen, die in die Armut abrutschten, mit der von Kindern, die davon verschont geblieben waren.

14 Prozent (844) der 6.063 Familien erlitten im Laufe dieser Zeit finanzielle Einbußen und wurden arm.

Folgen

  • Die in die Armut abgerutschten Kinder zeigten mit 40 % größerer Wahrscheinlichkeit soziale, emotionale oder Verhaltensprobleme – im Vergleich zu denjenigen, die nicht arm geworden waren.
  • Die in die Armut übergewechselten Mütter zeigten mit 44 % größerer Wahrscheinlichkeit psychische Gesundheitsprobleme, und diese erklärten teilweise die – in der Studie festgestellte – negative Wirkung von Armut auf die psychische Gesundheit der Kinder.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Liverpool, The Lancet Public Health – DOI: 10.1016/S2468-2667(17)30011-7; Feb. 2017

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