Forschung/Newsartikel, die sich mit der Psychologie des Fehlermachens, dem Lernen oder Nichtlernen aus Fehlern beschäftigen. Fehler wird vom Deutschen Institut für Normung definiert als: ‚Merkmalswert, der die vorgegebenen Forderungen nicht erfüllt‘ – ‚Nichterfüllung einer Anforderung‘.
- Selbst kurze Unterbrechungen rufen Fehler hervor
- Warum manche nicht aus ihren Fehlern lernen
- Fehlermachen kann das Belohnungssystem im Gehirn aktivieren
- Menschen mit geringem Selbstbewusstsein lernen eher nicht dadurch, dass sie Fehler machen
- Versagen, Scheitern
Selbst kurze Unterbrechungen rufen Fehler hervor
Sogar kurze Unterbrechungen, wie eine SMS-/ Textnachricht kurz ansehen oder das Handy ausstellen, können zu Fehlern führen, wenn grad eine Aufgabe ausgeführt wird.
Fehlerquote verdoppelt sich nach 3 Sekunden-Unterbrechung
Forscher baten 300 Menschen darum, eine Sequenz auf einem Computer zu beenden, und stellten fest, dass Unterbrechungen von etwa drei Sekunden die Fehlerquote verdoppelten.
Die Michigan State University Forscher stellten überrascht, fest, dass selbst eine solch kurze Unterbrechung eine so große Wirkung haben kann. Die Unterbrechungen waren so kurz, dass die Zeit, die man brauchte um sich der Störung anzunehmen, wahrscheinlich nicht die Ursache für die Zunahme der Fehler war.
Die Aufmerksamkeit wird umgelenkt
Fehler durch Ablenkungen
„Also, warum ging die Fehlerquote so rauf? Die Antwort ist, dass die Teilnehmer ihre Aufmerksamkeit von einer Aufgabe auf eine andere lenken mussten“, sagte Hauptforscher Erik Altmann, Professor der Psychologie in einer Universitätspressemitteilung.
„Sogar momentane Unterbrechungen können störend erscheinen, wenn sie während eines Prozesses auftreten, der einen beträchtlichen Aufwand an geistiger Aktivität erfordert“.
E-Mail, SMS und andere Ablenkungen können gravierende Auswirkungen haben
Kurzzeitunterbrechungen, wie eine E-Mail lesen oder wenn Kollegen auch nur kurz ihren Kopf in den Raum stecken, sind an Arbeitsplätzen weit verbreitet, bemerkten die Forscher.
Sie fügten hinzu, dass die durch solche momentanen Ablenkungen verursachten potenziellen Fehler katastrophal für Leute in bestimmten Berufen, wie Notaufnahmeärzte oder Flugzeugmechaniker sein können.
Schutz vor/gegen Unterbrechungen
Diese Befunde zeigen, „dass unsere Gesundheit, und Sicherheit auf irgendeiner Ebene davon abhängig sind, ob die Leute, die sich darum kümmern, unterbrochen werden/ worden sind“, sagte Altmann.
Eine potenzielle Lösung ist diesen Berufstätigen Arbeitsumfelder zu liefern, wo sie geschützt gegen Unterbrechungen sind, sagten die Forscher.
„Also bevor Sie in eine kritische Phase eintreten: Schalten Sie zumindest alle Handys ab“, sagte er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Experimental Psychology: General, Jan. 2013
Warum manche nicht aus ihren Fehlern lernen
Der Glaube (bzw. die Überzeugung), dass man aus Fehlern lernen kann, hilft, sich von Fehlern zu erholen.
Die Gehirne von Personen, die glauben, dass sie aus Fehlern lernen können, zeigen andere Reaktionen direkt nachdem sie einen Fehler machten, als Menschen, die glauben, dass Intelligenz „fix“ ist (also sich nicht ändert) laut einer in Psychological Science herausgegebenen neuen Studie.
Intelligenz: ausbaufähig oder nicht
„Es besteht ein großer Unterschied zwischen Menschen, die Intelligenz für anpassungsfähig halten, und jenen, die Intelligenz für eine starre Angelegenheit halten: sie reagieren anders auf Fehler“, sagte Psychologe Dr. Jason S. Moser von der Michigan Landesuniversität, der in dieser neuen Studie mit Hans S. Schroder, Carrie Heeter, Tim P. Moran und Yu-Hao Lee zusammen arbeitete.
Bild: Der Fehler und seine Bedeutung
Reaktion auf Fehler
Im Allgemeinen zeigt das Gehirn zwei schnelle Signale, wenn eine Person einen Fehler macht: das erste zeigt an, dass etwas falsch gelaufen ist, und das zweite zeigt an, dass die Person sich des Fehlers bewußt geworden ist und versucht, ihn zu korrigieren. Beide Signale treten innerhalb einer Viertel-Sekunde nach dem Fehler auf.
Der Versuch
Für die Studie wurden Freiwillige gebeten eine Aufgabe durchzuführen, in der leicht Fehler gemacht werden konnten. Es wurde verlangt, dass sie den mittleren Buchstaben in einer Folge wie „MMMMM“ oder „NNMNN“ identifizierten. Während sie die Aufgabe durchführten, trug jeder Teilnehmer eine Kappe, die die elektrische Gehirntätigkeit aufzeichnete.
„Es ist ziemlich einfach, dieselbe Sache immer wieder zu machen, aber der Verstand kann es nicht verhindern, dass hin und wieder Fehler geschehen“, sagte Moser.
Personen, die daran glaubten, aus Fehlern lernen zu können, verbesserten sich tatsächlich nachdem sie Fehler machten. Ihr Gehirn reagierte auch unterschiedlich; es schuf ein stärkeres zweites Signal, das sagte, „ich sehe, dass ich einen Fehler gemacht habe, also sollte ich besser aufpassen“.
Unterschiedliches Verhalten nach Fehlern
„Es könnte sein, dass dies uns hilft zu verstehen, warum die zwei Arten von Individuen nach Fehlern ein unterschiedliches Verhalten zeigen“, sagte Moser.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Psychological Science, Okt. 2011
Fehlermachen kann das Belohnungssystem im Gehirn aktivieren
Wissenschaftler wissen seit längerem, dass das Gehirn zwei Wege des Lernens kennt:
Vermeidungslernen und belohnungsbasiertes Lernen
Der eine ist Vermeidungslernen: Dies ist eine belastende, negative Erfahrung, die das Gehirn darauf trainiert, sich wiederholende Fehler zu vermeiden.
Der zweite ist belohnungsbasiertes Lernen, eine positive, verstärkende Erfahrung, bei der sich das Gehirn für das Finden der richtigen Antwort / Lösung belohnt.
Bild: RyanMcGuire
Positive Erfahrung durch Lernen
Eine neue Magnetresonanztomographie-Studie der University of Southern California und einer Gruppe internationaler Forscher hat herausgefunden, dass die Möglichkeit Fehler zu machen in eine positive Erfahrung überführt werden kann – wenn das Gehirn die Möglichkeit bekommt, von seinen Fehlern zu lernen.
„Wir zeigen, dass unter gewissen Umständen – wenn wir genügend Informationen bekommen, um die Entscheidungen zu kontextualisieren – unser Gehirn den Verstärkungsmechanismus statt die Vermeidung benutzt“, sagte Studienautor Giorgio Coricelli in der Zeitschrift Nature Communications.
Kontextualisierung
Eine Kontextualisierung ist die interaktive Konstitution des relevanten Kontextes innerhalb eines Kommunikations- und Interpretationsprozesses oder anders ausgedrückt: Die Übernahme von Ideen, Konzepten und Vorstellungen unter Zuhilfenahme von verbalen und nonverbalen Mitteln, um einen Zusammenhang zwischen dem Gesagten bzw. den Handlungen und den Erfahrungen zu schaffen, so dass die Erfahrung verständlich wird.
Das Experiment
Für die Studie ließen die Forscher 28 Teilnehmer im Alter von etwa 26 Jahren an einem Experiment teilnehmen, bei dem durch die richtige Beantwortung von Fragen, Gewinne erzielt werden konnten. Bei falschen Antworten verlor man Geld.
Ein Versuch veranlasste die Gehirne der Teilnehmer, die falsche Antwort durch Vermeidungslernen zu bekommen. Ein zweiter Versuch rief eine belohnungsbasierte Lernreaktion hervor und ein dritter, aber separater Versuch, testete, ob die Teilnehmer durch ihre Fehler gelernt hatten – er erlaubte ihnen, zu überprüfen und zu verstehen, was sie falsch machten.
Während dieser Versuche wurden die Gehirne mit MRT gescannt.
Aktivierung des Belohnungsnetzwerks
In dieser dritten Runde reagierten die positiv reagierenden Teilnehmer mit einer Aktivierung der Gehirnregionen, die einige Wissenschaftler das „Belohnungsnetzwerk‘ bezeichnen oder das ‚ventrale Striatum‚.
Diese Erfahrung ahmt die belohnungsbasierte Lernreaktion des Gehirns nach – im Gegensatz zur vermeidenden Lernreaktion, einer Erfahrung, die verschiedene Teile des Gehirns betrifft, die zusammen die vordere Insula umfassen.
Coricelli sagte, dass dieser Prozess der Erfahrung des Gehirns ähnelt, wenn es Bedauern fühlt: Durch Bedauern – zum Beispiel, wenn man etwas falsch gemacht hat – kann man sein zukünftiges Verhalten ändern, sagte er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Southern California, Nature Communications; August 2015
Menschen mit geringerem Selbstbewusstsein lernen eher nicht dadurch, dass sie Fehler machen
22.10.2019 Das Fehlermachen könnte nicht für jeden ein großartiger Lehrer sein, von dem die Volksweisheit sagt, dass man besonders gut durch Fehler bzw. Versagen lernt.
Eine psychologische Studie der University of Chicago Booth School of Business zeigt, dass Menschen entgegen der landläufigen Meinung weniger aus Fehlern als aus dem Erfolg lernen.
Die Forscher führten Experimente durch, in denen jeder der über 1.600 Teilnehmer eine Reihe von binären Auswahlfragen beantworten sollte, d.h. eine der Antworten ist richtig, die andere falsch.
Bei eigenen Fehlern lernen viele schlechter
Da es nur zwei Antwortmöglichkeiten gab, hätten die Teilnehmer, sobald sie Feedback zu ihrer Antwort erhalten hatten, die richtige Antwort kennen müssen – ob sie nun richtig geantwortet haben oder nicht. Anschließend wurden die Teilnehmer erneut auf den Inhalt der ersten Fragen getestet, um zu sehen, ob sie aus dem Feedback gelernt hatten.
Konsequenterweise lernten die Teilnehmer weniger aus ihren Fehlern als aus ihren richtigen Antworten – selbst wenn die Aufgabe neu gestaltet wurde, um das Lernen aus den Fehlern weniger kognitiv belastend zu machen, und selbst wenn das Lernen belohnt wurde. Teilnehmer, die eine Fehler-Rückmeldung erhielten, erinnerten sich auch an weniger ihrer Antwortmöglichkeiten.
Das Selbstwertgefühl spielt eine Rolle
Bei weiteren Experimenten konnten die Psychologen sehen, dass es sich wirklich um eine Frage des Selbstwertgefühls handelt, sagte Studienautorin Ayelet Fishbach. Es fühle sich einfach nicht gut an, zu versagen bzw. Fehler zu machen, also blenden sich die Leute einfach aus.
In einem weiteren Experiment haben die Forscher das Ego aus dem Fehler machen entfernt, indem sie die Teilnehmer die Erfolge und Misserfolge eines anderen beobachten ließen.
Aus eigenen Fehlern zu lernen, ist für viele zu schmerzhaft
Obwohl die Menschen weniger aus persönlichen Fehlern als aus persönlichen Erfolgen gelernt haben, lernten sie genauso viel durch die Fehler anderer wie aus den richtigen Antworten anderer.
Mit anderen Worten, wenn das Fehlermachen vom Selbst entfernt wird, wenden sich die Menschen wieder den Aufgaben zu und lernen aus den Fehlern, schließen die Psychologen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Chicago Booth School of Business
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