News und Forschungsartikel, die sich mit der Psychologie der Risikobereitschaft, des Eingehens von Risiken (Risikoverhalten) beschäftigen.
- Wenn es um ‚Liebe‘ geht, gehen Männer die größten Risiken ein
- Risikobereitschaft von älteren Menschen
- Vergleich der Risikoentscheidungen von älteren und jüngeren Menschen
- Chronischer Schlafmangel kann Risikoverhalten beeinflussen
- Saures erhöht den Wagemut
- Riskantes Verhalten von Jugendlichen
- Risikotoleranz
- Weitere News-/Forschungsartikel
Wenn es um ‚Liebe‘ geht, gehen Männer die größten Risiken ein
Wie weit würden Sie gehen, um die Aufmerksamkeit der Angehimmelten zu bekommen? Nach einer kürzlich erschienen Studie scheinen Männer bereit große Risiken einzugehen, wenn es bei ‚romantischen Gelegenheiten‘ darum geht, die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts zu ergattern; und dies, weil es die Evolution verlangt.
Eingehen von Risiken
Von Romeo bis Robin Hood, über Tristan und Tarzan ist die Literatur voll mit Männern, die bereit sind, sich einer Vielzahl von Prüfungen und Aufgaben, Schwierigkeiten und Kümmernissen zu stellen, wenn es darum geht die Zuneigung von der Einen, die sie lieben, zu ergattern.
Aber dies scheint auch eine starke Grundlage im wirklichen Leben zu haben…nicht ohne Grund.
Evolution: Attraktivität durch Risiko-Verhalten
Risikofreudiges Verhalten ist (zum Teil) daraus entstanden, die Attraktivität einer Person gegenüber anderen zu erhöhen, laut einer Studie der Zeitschrift Journal of Risk Research.
Laut den Autoren lebten „unsere Vorfahren in der evolutionären Vergangenheit in einer gefährlichen Umgebung, in der sie dazu gezwungen waren, größere Risiken einzugehen, um Unterkunft, Nahrung und einen sexuellen Partner zu finden.
So überlebten vorsichtige Individuen, die überhaupt keine Risiken eingingen, wahrscheinlich auf Dauer nicht“. So scheint es, dass Männer die Bereitschaft Gefahren für Frauen einzugehen, von unseren risikofreudigeren Vorfahren geerbt haben.
Jedoch im heutigen modernen Leben, in dem diese früheren Gefahren und Probleme alle nicht mehr bestehen, suchen Männer zunehmend andere Formen, um auf ihre Bereitschaft Risiken einzugehen hinzuweisen.
Riskantes Verhalten um zu imponieren
Bild: Ursache für riskante Verhaltensweisen des Mannes gefunden
Die Studie sah sich drei Beispiele für riskantes Verhalten bei Männern und Frauen an:
- sexuelle Risiken (d.h. ungeschützter Geschlechtsverkehr),
- Wettverhalten (z.B. Spielen um Geld) und
- leichtsinniges Fahren.
In allen drei Tests zeigten Männer eine größere Neigung die inhärenten Risiken einzugehen, wenn erst einmal ein romantisches Element zum Tragen kam.
Frauen zeigten jedoch kein gesteigertes Bedürfnis, unnötige Risiken einzugehen.
Natürlich, bemerken die Autoren, während diese Aktivitäten kurzfristig Erfolg haben können, ist die Langzeitwirkung dieser heutigen modernen Risiken potenziell verheerend; dies sollten sich männliche Leser auch gerade hinsichtlich des kommenden Valentinstag zu Gemüte führen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Risk Research, Feb. 2013
Risikobereitschaft von älteren Menschen
08.01.2016 Wissenschaftler der Universität Basel und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin untersuchten die Bereitschaft von Älteren, Risiken einzugehen, und entdeckten, dass die Risikobereitschaft nicht überall auf der Welt mit dem Alter abnimmt.
Die gängige Meinung und bisherige Forschungsergebnisse sagen, dass die Neigung im Alter abnimmt, finanzielle, physische oder soziale Risiken einzugehen. Die aktuelle Studie untersuchte Daten aus 77 Ländern von 147.118 Personen im Alter zwischen 15 und 99 (48% Männer) darauf, ob dies überall auf der Welt gilt, oder ob es Unterschiede zwischen den Kulturen bzw. Lebensverhältnissen gibt.
Vergleich
In den meisten westlichen Nationen – wie Deutschland, Schweiz und USA – gehen ältere Menschen eher ungern Risiken ein. Und Frauen in diesen Ländern zeigen eine noch geringere Neigung dazu als Männer.
In anderen Ländern wie Mali, Pakistan oder Nigeria, so stellten die Forscher fest, ändert sich die Einstellung zum Risiko im Verlaufe des Lebens jedoch nicht, auch sind die Geschlechterunterschiede geringer.
Ursachen
Um die Ursachen dafür festzustellen, verglichen sie die Lebensumstände dieser Länder miteinander – wie:
- soziale und ökonomische Armut,
- Mordrate,
- Pro-Kopf-Einkommen und
- Einkommensungleichheit.
Sie stellten fest, dass es eine bedeutsame Verbindung zwischen den Lebensumständen und der Risikobereitschaft gibt. Es hängt also von der Umgebung ab, ob wir im Alter eher dazu neigen, Risiken einzugehen oder nicht.
„Wir konnten zeigen, dass in Ländern mit großer Armut und schwierigen Lebensumständen die Neigung zu Risikobereitschaft auch im Alter unverändert hoch bleibt“, erläutert Studienautor Rui Mata die Befunde in der Zeitschrift Psychological Science.
„Ein Grund könnte sein, dass die Menschen in Ländern, in denen die Ressourcen knapp sind, stärker miteinander konkurrieren müssen als Menschen in reichen und sozialen Ländern“, sagte er. Und da dies für beide Geschlechter gelte, sind die Unterschiede in diesen Nationen auch geringer.
„Für die Entscheidungsforschung bedeutet das, dass die individuelle Risikoneigung nicht, wie oftmals in der Ökonomie unterstellt wird, als konstant in der Zeit angesehen werden kann. Unsere Studie zeigt vielmehr, dass Menschen – und dies gilt über viele Kulturen hinweg – dazu neigen, mit zunehmenden Altern weniger Risiken einzugehen. Gleichzeitig hängt diese Anpassungsleistung aber auch von den lokalen Lebensbedingungen und existentiellen Erfordernissen ab“, sagt Studienautor Ralph Hertwig.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Basel, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Psychological Science; Jan. 2016
Vergleich der Risikoentscheidungen von älteren und jüngeren Menschen
08.03.2017 Eine aktuelle Studie verglich die Risikoentscheidungen von älteren und jüngeren Menschen und kommt zu Ergebnissen, die früheren Forschungsarbeiten widersprechen.
Denn entgegen der weitläufigen Auffassung zeigten Senioren tendentiell eine größere Risikofreude als die jüngeren Teilnehmer in der aktuellen im Fachblatt Psychological Science veröffentlichten Studie.
Die Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung verglichen die Risikoentscheidungen von 60 jüngeren Teilnehmern (18 – 30 Jahre) mit denen von 62 älteren Probanden (63 – 88 Jahre) mit Hilfe eines Entscheidungstests, in dem mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit Geld erhalten oder verspielt werden konnte.
Ältere sind optimistischer (und risikobereiter)
Es zeigte sich, dass die älteren Teilnehmer eher risikoreicher entschieden im Vergleich zu den jüngeren. Die Forscher erklären sich die Befunde mit der besseren Grundstimmung bei den Senioren. Denn bereits in früheren Forschungsarbeiten berichteten ältere Menschen über eine eher positivere Grundstimmung im Vergleich zu den jüngeren Menschen.
„Wer gut gestimmt ist, hat eher die positiven Möglichkeiten einer Entscheidung im Blick“, erklärt Studienautor Thorsten Pachur. „Die älteren Probanden waren optimistischer in der Bewertung möglicher Gewinne und wagten demnach mehr. Zudem bewerteten sie mögliche Gewinne und Verluste gleich, während die jüngeren Probanden stärker darauf fokussiert waren, mögliche Verluste zu vermeiden“, sagte der Psychologe.
Diese Ergebnisse widersprechen früheren Befunden, was am anderen Studienaufbau liegen dürfte, sagen die Forscher. So mussten sich die Teilnehmer früherer Experimente oft zwischen sicheren und riskanteren Wahlmöglichkeiten entscheiden, während die Optionen in den aktuellen Versuchen beide riskant waren, bloß in verschieden ausgeprägter Weise.
Schlechtere Entscheidungen
Doch die Älteren waren nicht nur risikobereiter, sie trafen auch die schlechteren Entscheidungen: Im Entscheidungsspiel wählten sie mit geringerer Wahrscheinlichkeit die objektiv bessere Möglichkeit (die mit einem potentiell höheren Gewinn).
„Die Unterschiede in der Entscheidungsqualität sind auf die Abnahme der fluiden Intelligenz im Alter zurückzuführen, also auf die Abnahme der Fähigkeit, Informationen schnell zu verarbeiten und Probleme zu lösen“, sagt Pachur.
Emotion und Kognition
Die Befunde legen nahe, dass das Alter eine Rolle bei den Risikoentscheidungen spielt und von der Situation abhängt, in der das Risikoverhalten beobachtet wird. Auch weisen sie auf das Zusammenspiel von Emotionen und Kognitionen bei der Risikoentscheidung, sagen die Wissenschaftler.
„Beides spielt dabei eine Rolle, jedoch mit unterschiedlichen Funktionen. Während Emotionen vor allem dafür verantwortlich sind, ob von zwei zur Auswahl stehenden Risiken das größere oder kleinere gewählt wird, hilft die Kognition, die objektiv bessere Option zu identifizieren“, schließt der Psychologe.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Psychological Science – https://doi.org/10.1177/0956797616687729; März 2017
Unzureichender Schlaf kann zu erhöhter Risikobereitschaft führen
26.08.2017 Chronischer Schlafmangel kann die Risikobereitschaft erhöhen laut einer im Fachblatt Annals of Neurology veröffentlichten psychologischen Studie von Angelina Maric und Kollegen vom Universitätsklinikum Zürich.
Die Psychologen untersuchten die finanzielle Risikofreude von Teilnehmern, die entweder in sieben aufeinanderfolgenden Nächten chronisch zu wenig schliefen, eine Nacht akuten Schlafentzugs hinter sich hatten oder regelmäßig durchgeschlafen hatten.
Die Forscher fanden heraus, dass chronischer Schlafmangel die Bereitschaft der Teilnehmer Risiken einzugehen erhöhte – im Vergleich zu ausgeschlafenen Teilnehmern. Nach einer Nacht akuten Schlafentzugs wurde jedoch keine erhöhte Risikofreude beobachtet.
Dieser Anstieg blieb subjektiv – also von den Teilnehmern selbst – unbemerkt, wurde aber durch lokal niedrigere Werte bei den langsamen Hirnwellen – eines elektrophysiologischen Markers für die Schlafintensität und die Erholung – während des vorangehenden Schlafes über Elektroden am rechten präfrontalen Cortex gemessen.
Bei Teilnehmern mit chronischem Schlafmangel führte eine geringere Slow-Wave-Schlafintensität im rechten präfrontalen Cortex – eine mit dem Risikoverhalten verbundene Hirnregion – zu einer subjektiv unbemerkten erhöhten Risikobereitschaft, schlossen die Psychologen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universitätsklinikum Zürich; Annals of Neurology – DOI: 10.1002/ana.25023; Aug. 2017
Saures erhöht den Wagemut
11.06.2018 Psychologen des Sussex Computer Human Interaction (SCHI) Lab scheinen empirische Belege dafür gefunden zu haben, dass saure Geschmacksmuster zu einer größeren Risikobereitschaft führen laut der in Scientific Reports veröffentlichten Studie.
An der psychologischen Studie nahmen 168 Teilnehmer aus Großbritannien und Vietnam teil, die eine 20 ml-Lösung der fünf wichtigsten Geschmacksgruppen (bitter, salzig, sauer, süß und umami) und einen neutralen Kontrollgeschmack (Mineralwasser) enthielt.
Risikotest
Mit Hilfe des standardisierten Balloon Analogue Risk-Taking (BART) Test erfassten sie das Risikoverhalten der Teilnehmer.
Je mehr Luft sie in einen am Computer simulierten Ballon pumpten (d.h. je höher das Risiko war, das sie eingingen), desto mehr Geld gewannen die Teilnehmer – bis der Ballon platzte und sie alles verloren.
Im Durchschnitt pumpten die Teilnehmer, die Zitronensäure tranken, die Ballons mit einer deutlich höheren Rate auf als bei jedem anderen Geschmack;
- mehr als 39% als beim süßen Geschmack (Saccharose),
- 20,50% mehr als beim bitteren (Koffein),
- 16,03% mehr als beim salzigen (Natriumchlorid) und
- 40,29% mehr als beim Umami-Geschmack (Mononatriumglutamat).
Unabhängig von Persönlichkeit
Die Studie ergab auch, dass ein sauer Reiz das Risikoverhalten unabhängig von der eigenen Risikobereitschaft und Denkweise fördert, wobei der saure Effekt sowohl für intuitive als auch für analytische Denker wirksam ist.
Die Experimente zeigen, dass der Risikoeinfluss mindestens 20 Minuten anhalten kann, aber die Forscher glauben, dass er wesentlich länger andauern könnte, abhängig von der Menge der aufgenommenen Nenge des sauren Geschmacks.
Woran es liegt, wissen die Wissenschaftler nicht, aber möglicherweise könnte es auch daran liegen, dass man durch den ersten Bissen von etwas Saurem bereits ein gewisses Risikoverhalten zeigt, Früchte zu essen, die vielleicht nicht ganz in Ordnung sind.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Scientific Reports (2018). DOI: 10.1038/s41598-018-26164-3
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