Bipolare / Depressive Störung – Unterscheidung

Bipolare Störung / Depressive Störung:
Unterscheidung, Unterschiede

Psychische Störungen – Affektive Störungen

Depressive/bipolare Störung: Biomarker zur Unterscheidung

Affektive Störungen – Diagnostik

21.08.2013 Trotz deutlichen Fortschritten bei der Versorgung von psychischen Erkrankungen ist die Zeit, die es braucht um eine Diagnose zu stellen, doch ein beunruhigender Faktor.

Langer Weg in der Diagnostik

Es ist bemerkenswert: Einige Experten sagen, dass es oft sechs bis zehn Jahre dauert, eine psychische Erkrankung richtig zu diagnostizieren.

Allerdings versuchte eine neue Untersuchung, den Prozess zu beschleunigen und Fehldiagnosen durch die Suche nach einem “Biomarker” im Gehirn, der die beiden Störungen unterscheidet, zu vermeiden.

Biomarker für Major Depression / Bipolare Störung

Dr. Elizabeth Osuch, Forscherin am Lawson Health Research Institute, arbeitet daran, einen Biomarker für klinische Depression und Bipolare Störung zu identifizieren.

Gegenwärtig wird die Diagnose nach Patientenobservation und verbaler Befragung (Anamnese) gestellt. Fehler sind nicht unüblich, und Patienten laufen oft von einem Arzt (oder Psychotherapeuten) zum anderen, erhalten fehlerhafte Diagnosen und Medikamente, die keine oder nur geringe Wirkung zeigen.

Aktivierung des Putamen

Osuch untersuchte junge Menschen, die entweder mit (unipolarer) Depression oder Bipolarer Störung diagnostiziert wurden (15 Patienten in jeder Gruppe), und benutzte Magnetresonanztomographie (MRT), um zu sehen, ob es eine Region des Gehirns gab, die mit dem Bipolaritätsindex (BI) korrespondierte.
Der BI ist ein Diagnosewerkzeug, welches Symptome und Verhalten identifiziert, und das Ausmaß der bipolaren Störung erfasst.

Unterschiede im Putamen

Sie fand, dass die Aktivierung einer Hirnregion namens Putamen positiv mit dem BI korreliert.
Das Putamen ist der Bereich des Gehirns, der die motorischen Fähigkeiten steuert, und es hat einen starken Bezug zur Verstärkung und Belohnung und erklärt Symptome einer bipolaren Störung.

“Die Identifizierung des Putamen in unserer positiven Korrelation könnte einen potentiellen Vulnerabilitätsfaktor für die Symptome der Manie bei bipolaren Störungen anzeigen”, sagte Osuch.

“Der einzigartige Aspekt dieser Forschung ist, dass, anstelle der Unterscheidung der Patienten nach psychiatrischen Diagnosen (Bipolare Störung und unipolare Depression), wir ihre MRT-Bilder mit einem Maß der Bipolarität korrelierten, welches über ein breites Spektrum der Diagnosen reicht”, sagte Osuch.

Biomarker unabhängig von Stimmungssymptomen und Gemütszustand

“Dieser Ansatz kann dazu beitragen, einen Biomarker für Bipolarität zu finden, der unabhängig von den aktuellen Stimmungssymptomen oder des Gemütszustands des Patienten ist.”

Osuch möchte die Studie mit mehr Patienten wiederholen, um zu belegen, dass die Aktivierung des Putamens der Beginn einer Entwicklung bei vielen Patienten ist.

Ihre Hoffnung ist, dass es eines Tages einen definitiven biologischen Marker gibt, der zur Unterscheidung von Major Depression und Bipolarer Störung beitragen kann, was zu einer schnelleren Diagnose und optimalen Behandlung führen kann.
Quelle: Lawson Health Research Institute, August 2013

Genauere, schnellere Unterscheidung durch Blutflussmessung

04.09.2013 Den Blutfluss messende Gehirnscans können helfen, die Bipolare Störung in einem Frühstadium zu diagnostizieren, und sie besser von einer Depression zu unterscheiden laut Forschern der Universität von Pittsburgh.

Diagnose von bipolarer Störung

Bipolare Störung ist charakterisiert durch Stimmungsschwankungen, die sich von schwerer Depression bis zu sehr gehobener (Manie) oder gereizter Stimmung erstrecken können. Sie ist schwierig zu diagnostizieren und wird oft als klinische Depression fehldiagnostiziert. Gegenwärtig wird nur jeder fünfte Patient mit bipolarer Störung richtig bei der Erstuntersuchung diagnostiziert, wobei die akkurate Diagnose oft bis zu 10 Jahre auf sich warten läßt. Probleme mit Diagnosen können aus verschiedenen Gründen auftreten und Kommunikationsfehler zwischen Patienten und Ärzten einschließen. Zum Beispiel interpretieren Patienten mit bipolarer Krankheit oft ihre manischen Phasen als normal und offenbaren sie ihrem Arzt nicht.

“Frühere und genauere Diagnosen können einen enormen Unterschied für Patienten und ihre Familien machen und können sogar Leben retten”, bemerkte Jorge Almeida, Autor der Studie, Dozent für Psychiatrie. “Dies ist ein sehr vielversprechender Befund, der die Nützlichkeit von bildgebenden Verfahren im neuronalen Bereich hervorhebt, die helfen können Biomarker zu identifizieren, die mit verschiedenen psychischen Erkrankungen verbunden sind.”

Bipolar/Depression - Genauere, schnellere Unterscheidung
Blutflussmessung – Symbolfoto

Diagnose mittels Blutfluss-Messung

Für diese Studie wurden 44 Frauen untersucht: 18 mit Bipolar-I Störung, 18 mit unipolarer Depression (auch Major Depression genannt), und 18 gesunde Personen, die als Kontrollgruppe wirkten. Die Frauen wurden sorgfältig hinsichtlich demographischer und klinischer Variablen angepasst und ausgewählt, und alle erfuhren während der Studie eine depressive Episode.

Die Forscher verwendeten eine neue und vielversprechende Bildaufbereitungsmethode, Arterial Spin Labelling genannt, um den Blutfluss zu mit Depression-verbundenen Regionen im Gehirn auf nicht-invasive Weise zu messen.

Arterial Spin Labelling: gute Unterscheidung möglich

Sie stellten fest, dass die Messung des Blutflusses mit 81-prozentiger Genauigkeit depressive Frauen (mit unipolarer Depression) und die bipolaren Frauen (bipolare Depression) identifizieren konnte. Sie verwendeten auch eine neue analytische Methode, Mustererkennungsanalyse genannt, welche den Forschern erlaubte, die Gehirnunterschied einer spezifischen Person zu individualisieren.

“Diese Ergebnisse zeigen, dass wir eines Tages in der Lage sein könnten, zukünftiges bipolares Verhalten bei jüngeren Erwachsenen vorherzusagen, die noch keine Symptome gezeigt haben, was zu früheren und genaueren Behandlungen führen kann”, sagte Dr. Almeida. “Forscher testen diese neuen Technologien jetzt mit mehr Teilnehmern und in einer Multicenterstudie.”

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Pittsburgh, August 2013

Wie man den Unterschied zwischen bipolarer Störung und Depression erkennen kann

06.08.2015 Viele Patienten mit bipolarer Störung werden oft mit klinischer Depression fehldiagnostiziert. Aber Wissenschaftler haben nun eine Alternative zu Patienten-Interviews entwickelt:

Biomarker im Urin, die einem objektiven Test ziemlich nahe kommen und Klinikern bei der Unterscheidung der beiden Erkrankungen helfen können, womit der Weg für eine bessere Behandlung frei wird.

Verwechslungsgefahr

Aus vielen Gründen wird bipolare Störung oft mit klinischer Depression verwechselt. Ein Grund ist: Die Erkrankung oft erst deutlich, wenn der Patient bereits eine Depression hat. Und da nur etwa 1 Prozent der Bevölkerung weltweit von bipolarer Störung betroffen sind, vergessen Kliniker manchmal nach hypomanischen Episoden – euphorische, hyperaktive Zustände – zu fragen, die für die Erkrankung ebenfalls kennzeichnend sind.

Gegenwärtige Diagnose-Techniken beinhalten strukturierte Patienten-Interviews, aber diese sind subjektiv und können irreführend sein. Eine genaue Diagnose ist jedoch entscheidend, den Patienten schnell die von ihnen benötigte Behandlung geben zu können, sagen die Forscher in der Zeitschrift Journal of Proteome Research.

Biomarker im Urin

So Peng Xie und Kollegen von der Chongqing Medical University entwickelten eine objektivere Methode zur Unterscheidung von klinischer Depression und bipolarer Störung.

Die Forscher verbanden die Techniken der Gaschromatographie-Massenspektrometrie und Kernspinresonanz miteinander, um die Urinmetaboliten (Stoffwechselprodukte) in Proben von depressiven oder bipolar gestörten Patienten zu analysieren.

Ausgehend von den Ergebnissen dieser Analyse identifizierten sie ein Panel mit sechs Biomarkern mit 89 bis 91 prozentigen Wahrscheinlichkeiten, beide Störungen richtig vorherzusagen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Chongqing Medical University, Journal of Proteome Research; August 2015

Ein einfaches Elektrokardiogramm kann feststellen, ob ein Patient eine schwere Depression oder eine Bipolare Störung hat

21.11.2017 Eine bahnbrechende im Fachblatt The World Journal of Biological Psychiatry veröffentlichte Studie legt nahe, dass ein einfaches 15-minütiges Elektrokardiogramm einem Arzt bei der Diagnose helfen kann, zwischen Bipolarer affektiver Störung und Depression zu unterscheiden.

Bipolare Störung wird häufig als Depression fehldiagnostiziert. Aber während die Symptome der depressiven Phase der Bipolaren Störung ähnlich wie die der klinischen Depression sind, unterscheiden sich doch die Behandlungen und sind oft eine Herausforderung für den Arzt.

Unterschiedliche Behandlungen erforderlich

herz
Bild: Gerd Altmann

Bei der Bipolaren affektiven Störung (BAS) – die früher manische Depression genannt wurde – schwankt der Patient zwischen einem emotionalen Hoch (manische Episode) und einem schweren Stimmungstief.

Die Behandlung für die depressive Phase umfasst ein Antidepressivum zusammen mit einem Schutz wie einem Stimmungsstabilisator oder einem Antipsychotikum, um einen Wechsel zu einer manischen Episode zu verhindern.

Ein Arzt, der BAS als eine depressive Störung fehldiagnostiziert, könnte unbeabsichtigt eine manische Episode auslösen, indem er ein Antidepressivum ohne ein stimmungsstabilisierendes Medikament verschreibt.

Herzfrequenz-Variabilität

Die Studie fand heraus, dass die Herzfrequenz-Variabilität – gemessen mit einem Elektrokardiogramm – anzeigte, ob die untersuchten Personen eine klinische Depression oder eine Bipolare Störung hatten. Die Herzfrequenzvariabilität ist die Variation der Zeit zwischen den Herzschlägen, sagte Studienautor Dr. Angelos Halaris.

In der Studie der Loyola Universität mit 64 schwerdepressiven und 37 bipolaren Erwachsene wurden alle Probanden zu Beginn der Studie einem Elektrokardiogramm unterzogen. Jeder Teilnehmer ruhte bequem auf einem Untersuchungstisch, während an der Brust ein dreileitiges Elektrokardiogramm angebracht worden war. Nachdem der Patient 15 Minuten lang geruht hatte, wurden die elektrokardiographischen Daten für 15 Minuten erfasst.

Mit Hilfe einer speziellen Software wandelten die Forscher die elektrokardiographischen Daten in die Komponenten der Herzfrequenzvariabilität um. Diese Daten wurden weiter mit speziellen Softwareprogrammen korrigiert, die vom Studien-Koautor Stephen W. Porges vom Kinsey-Institut der Indiana Universität entwickelt wurden.

Bei der Messung der Herzfrequenzvariabilität berechneten die Forscher das, was Kardiologen die respiratorische Sinusarrhythmie (RSA – atemsynchrone Schwankung der Herzfrequenz) nennen.

An der Grundlinie (Beginn der Studie) hatten die Teilnehmer mit Depression eine erheblich höhere RSA als die mit Bipolarer Störung.

Entzündungsbiomarker

In einem sekundären Befund fanden die Forscher heraus, dass Patienten mit BAS einen höheren Blutspiegel an Entzündungs-Biomarkern (IL-10, MCP-1) hatten als Patienten mit schwerer Depression. Entzündung tritt auf, wenn das Immunsystem in Reaktion auf eine belastende Erkrankung wie z.B. Bipolare Störung hochfährt.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Loyola Universität; The World Journal of Biological Psychiatry – DOI: 10.1080/15622975.2017.1376113; Nov. 2017

Der Unterschied im Gehirn

04.09.2018 Eine neue im Fachblatt Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and NeuroImaging veröffentlichte Forschungsarbeit legt nahe, dass Neuronen tief im Gehirn den Schlüssel zur genauen Diagnose von bipolaren Störungen und Depressionen in sich tragen könnten.

Das Forscherteam der Universität Sydney hat mit Hilfe von MRT-Gehirnscans herausgefunden, wie die Amygdala – eine Gehirnregion, die eine Schlüsselrolle bei der Verarbeitung von Emotionen spielt – reagiert, während ein Patient Gesichtsausdrücke wie Wut, Angst, Trauer, Ekel und Freude verarbeitet.

Die Forschung zeigt, dass diese Schlüsselstruktur im Gehirn unterschiedlich reagiert, je nachdem, ob die Person eine bipolare oder eine depressive Störung hat.

Die Amygdala

Bei Menschen mit bipolarer Störung ist die linke Seite der Amygdala weniger aktiv und weniger mit anderen Teilen des Gehirns verbunden als bei Menschen mit Depressionen.

Die Ergebnisse dieser Studie hatten eine Genauigkeit von 80% bei der Unterscheidung der beiden psychischen Erkrankungen.

Der leitende Forscher Dr. Mayuresh Korgaonkar vom Westmead Institute for Medical Research sagte, dass diese Unterschiede in Zukunft genutzt werden könnten, um bipolare von depressiven Störungen zu unterscheiden.

Fehlerhafte Diagnosen

Etwa 60% der Patienten mit bipolarer Störung werden zunächst als schwere depressive Störung diagnostiziert.

Es kann bis zu einem Jahrzehnt dauern, bis diese Patienten richtig mit einer bipolaren Störung diagnostiziert werden.

Die bipolare Störung tritt oft erst in der depressiven Phase der Erkrankung auf und die bipolare Depression ähnelt in ihren klinischen Symptomen einer schweren Depression.

Emotionsverarbeitung

Die Emotionsverarbeitung ist ein Kernproblem, das diesen beiden psychiatrischen Erkrankungen zugrunde liegt.

Korgaonkar und sein Team führen nun Phase 2 dieser Studie durch, die darauf abzielt, diese identifizierten Marker in einer größeren Patientenkohorte weiter zu charakterisieren.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging (2018). DOI: 10.1016/j.bpsc.2018.08.012

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