Toxoplasma gondii: Gehirn, Gehirnerkrankungen
Verbindungen zwischen Toxoplasma-Infektion und häufigen Hirnerkrankungen
16.09.2017 In einer neuen Studie beschreiben 32 Forscher von 16 Forschungsinstitutionen wie die Infektion mit dem Parasiten Toxoplasma gondii verschiedene Hirnerkrankungen, einschließlich Epilepsie, Alzheimer und Parkinson-Krankheit sowie einige Krebserkrankungen, verändern und in einigen Fällen verstärken kann.
Mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit haben eine lebenslange Infektion mit dem Hirnparasiten Toxoplasma gondii – etwa die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist infiziert.
Wenn eine Frau während der Schwangerschaft mit Toxoplasma gondii infiziert wird und den Parasiten an ihr ungeborenes Kind weitergibt, können die Folgen tiefgreifend sein, einschließlich einer verheerenden Schädigung des Gehirns, des Nervensystems und der Augen.
Es mehren sich jedoch die Anzeichen, dass eine Infektion im späteren Leben bei weitem nicht ungefährlich ist. So begannen die Forscher, Verbindungen zwischen dieser chronischen, aber scheinbar schlafenden Infektion und ihrem Potenzial, den Verlauf häufiger neurologischer Erkrankungen zu verändern, zu suchen.
Beeinträchtigung des Geruchssinns
Bild: DPDx Image Library
Vorherige Forschungen haben herausgefunden, dass Ratten und Mäuse, die diesen Parasiten beherbergen, beispielsweise ihre Abneigung gegen den Geruch von Katzenurin verlieren. Für ein Nagetier ist dies gefährlich, denn dadurch können Katzen sie leichter fangen und fressen. Aber es nützt den Katzen, die dadurch leichter Beute machen können, und den Parasiten, die einen neuen Wirt bekommen, der sie weiter in der Umwelt verteilt.
Eine akut infizierte Katze kann in wenigen Wochen bis zu 500 Millionen Oozysten ausscheiden. Auch eine einzelne Oozyste, die bis zu einem Jahr im Boden oder Wasser verbleiben kann, ist ansteckend.
Humanes „Infektom“
Eine neuere Studie fand einen ähnlichen Zusammenhang mit Primaten. Infizierte Schimpansen verloren ihre Aversion gegen den Uringeruch ihres natürlichen Raubtieres, den Leoparden.
Das Forscherteam beschloss, nach ähnlichen Effekten bei Menschen zu suchen. Sie konzentrierten sich auf das, was sie als humanes „Infektom“ bezeichnen – plausible Verbindungen zwischen den sekretierten Proteinen des Parasiten, exprimierten humanen MicroRNA, der neuronalen Chemie des menschlichen Wirts und den multiplen Wegen, die durch Interaktionen zwischen Wirt und Parasit gestört werden.
Krebs- und Gehirnerkrankungen
Die Forscher um Huân M. Ngô identifizierten gestörte Signalwege, die mit neurodegenerativen Erkrankungen (Krankheiten des Gehirns) verbunden sind, sowie Zusammenhänge zwischen Toxoplasmose, menschlichen Hirnstörungen und einigen Krebserkrankungen.
Sie fanden auch:
- Kleine regulatorische Biomarker – Bits von microRNA oder Proteinen, die bei Kindern mit schwerer Toxoplasmose gefunden wurden – entsprachen denjenigen, die bei Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson gefunden wurden.
- Der Parasit war in der Lage, 12 menschliche olfaktorische Rezeptoren (Geruchsrezeptoren) so zu manipulieren, dass sie der Katze-Maus- bzw. der Schimpansen-Leoparden-Beziehung ähnelten.
- Belege dafür, dass T. Gondii das Epilepsie-Risiko erhöhen könnte, möglicherweise durch Veränderung des GABAergen-Signaling.
- T. gondii Infektion wurde mit einem Netzwerk von 1.178 menschlichen Genen in Verbindung gebracht, von denen viele bei verschiedenen Krebsarten modifiziert sind.
Diese im Fachblatt Scientific Reports veröffentlichte Arbeit liefert eine System-Roadmap für die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen, um neuropathologische Effekte von T. gondii auf das menschliche Gehirn zu reparieren und zu verhindern.
Die Aspekte dieser Studie müssen in präventive Behandlungen umgesetzt werden (Medikamente, Ernährung, Lebensstil), um den Beginn und das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern oder zu verzögern, schließen die Neurowissenschaftler.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Scientific Reports – DOI: 10.1038/s41598-017-10675-6; Sept. 2017
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