Zusammenhang zwischen Selbstreflexion, Kognition und Gehirngesundheit bei kognitiv nicht beeinträchtigten älteren Menschen
23.07.2022 Selbstreflexion steht in einem positiven Zusammenhang mit der kognitiven Leistungsfähigkeit im Alter sowie mit dem Glukosestoffwechsel, einem Marker für die Gesundheit des Gehirns, so eine neue Studie unter Leitung von Forschern des University College London.
Die Autoren der neuen in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlichten Studie sagen, dass ältere Menschen, die sich mit Selbstreflexion beschäftigen, möglicherweise ein geringeres Demenzrisiko haben.
Die Hauptautorin Harriet Demnitz-King sagt: „Es gibt immer mehr Belege dafür, dass positive psychologische Faktoren wie Lebenssinn und Gewissenhaftigkeit das Demenzrisiko verringern können. Es ist dringend notwendig, weitere Wege zur Verringerung des Demenzrisikos zu finden, und wir hoffen, dass die Fähigkeit zur Selbstreflexion – wenn sie verbessert werden kann – ein nützliches Instrument zur Unterstützung der kognitiven Gesundheit der Menschen im Alter sein könnte.“
Die Studie
„Jeder kann sich mit Selbstreflexion beschäftigen und möglicherweise seine Selbstreflexion steigern, da sie nicht von der körperlichen Gesundheit oder sozioökonomischen Faktoren abhängig ist.“
Die Studie verwendete Querschnittsdaten (und nicht die Ergebnisse der Studieninterventionen) aus zwei klinischen Studien, Age-Well und SCD-Well, die insgesamt 259 Teilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 69 und 73 Jahren einschlossen. Sie beantworteten Fragen zum reflektierenden Nachdenken, mit denen gemessen wurde, wie oft sie über ihre Gedanken und Gefühle nachdachten und sie zu verstehen versuchten.
Bessere kognitive Leistungsfähigkeit und besserer Glukosestoffwechsel im Gehirn
Die Forscher fanden heraus, dass Menschen, die mehr über sich selbst nachdachten, eine bessere kognitive Leistungsfähigkeit und einen besseren Glukosestoffwechsel aufwiesen, wie die Bildgebung des Gehirns zeigte. Die Forscher fanden keinen Zusammenhang mit Amyloid-Ablagerungen, der Ansammlung schädlicher Gehirnproteine, die mit der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden.
Frühere Forschungen haben gezeigt, dass die Fähigkeit zur Selbstreflexion durch eine kürzlich getestete psychologische Intervention verbessert werden kann, und die Forscher sagen, dass ein solches Programm für Menschen mit einem Demenzrisiko nützlich sein könnte.
Selbstreflektierender Denkstil – anpassungsfähigere Stressreaktion
Andere Studien haben laut Demnitz-King ergeben, dass ein selbstreflektierender Denkstil zu einer anpassungsfähigeren Stressreaktion führt, wobei sogar Verbesserungen bei Entzündungsreaktionen auf Stress und eine bessere kardiovaskuläre Gesundheit nachgewiesen werden konnten, so dass die Selbstreflexion unsere Widerstandsfähigkeit gegen kognitiven Abbau verbessern könnte.
Die Forscher geben zu bedenken, dass ihre Ergebnisse zwar darauf hindeuten, dass Selbstreflexion zum Erhalt der kognitiven Fähigkeiten beiträgt, sie aber nicht ausschließen können, dass Menschen mit besseren kognitiven Fähigkeiten auch besser in der Lage sind, sich selbst zu reflektieren, und legen weitere Längsschnittuntersuchungen nahe, um die Richtung des Zusammenhangs zu bestimmen.
Selbstreflexion, wiederholtes negatives Denken und Achtsamkeit
„Selbstreflexion wird auch mit anderen Nutzen in Verbindung gebracht, z. B. mit der Erholung von Depressionen und einer besseren kardiovaskulären Gesundheit. Auch wenn wir nicht genau bestätigen können, wie sie sich auf den kognitiven Abbau auswirkt, gibt es andere Belege für ihren allgemeinen Nutzen.“
Frühere Studien von Seniorautorin Dr. Natalie Marchant haben ergeben, dass wiederholtes negatives Denken das Risiko für Alzheimer-Krankheit erhöhen kann, während Achtsamkeit zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten bei älteren Menschen beitragen kann.
„Es sind zwar noch weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die Auswirkungen dieser Erkenntnis vollständig zu verstehen, aber wenn sich die Selbstreflexion tatsächlich positiv auf die Gehirnfunktion auswirkt, besteht die Möglichkeit, dass wir eines Tages das Demenzrisiko durch psychologische Behandlungen verringern können, die den Menschen helfen, gesunde Denkmuster zu entwickeln.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Neurology (2022). DOI: 10.1212/WNL.0000000000200951