- Craving im Gehirn von Spielsüchtigen
- Gehirn von Spielabhängigen: Hohe Einsätze, hohes Risiko und ein schlechtes Spiel
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Craving im Gehirn von Spielsüchtigen – ähnlich wie bei Substanzabhängigen
10.01.2017 In einer neuen Studie wurden die Gehirne von Spielsüchtigen mit bildgebenden Verfahren untersucht, während sie sich Bilder von Roulette- bzw. Glücksspielautomaten ansahen: Die Psychologen beobachteten eine erhöhte Aktivität in denselben Hirnregionen wie beim Craving von Drogensüchtigen.
Die Studie der Universitäten British Columbia und Cambridge, sowie des Imperial College London legt nahe, dass dieser Teil des Gehirns – die Insula, der auch an Verhaltenssüchten beteiligt ist – bei der Spielsucht involviert ist, und dass Behandlungen, die auf die Insula abzielen, bei der Therapie von pathologischem Spielen hilfreich sein könnten.
Die Insula
Bild: Opercula entfernt; Henry Vandyke Carter
Dieser mysteriöse und noch recht unbekannte Teil des Gehirns ist in vergangenen Studien als ein wichtiger Mittelpunkt bezüglich des Cravings (des Verlangens nach der Droge) identifiziert worden.
Zum Beispiel konnten Raucher, deren Insula bei einer Gehirnverletzung dauerhaft beeinträchtigt wurde, leichter mit dem Rauchen aufhören, sagte die Studienautorin Dr. Eve Limbrick-Oldfield vom Fachbereich für Psychologie an der UBC. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Insula auch an Verhaltenssüchten wie der Spielsucht beteiligt ist.
Die Forscher scannten die Gehirne von 19 Menschen mit einer ‚gambling disorder‘ (etwa ‚Glücksspiel-Störung‘) – einer im DSM V neu aufgeführten psychiatrischen Störung des Spielverhaltens, auch zwanghaftes oder pathologisches Spielen genannt – mit HIlfe von MRT, während sie sich Bilder von Glücksspiel- bzw. Rouletteautomaten und neutrale Abbildungen ansahen. Einer Kontrollgruppe von 19 gesunden Freiwilligen wurden dieselben Fotos gezeigt.
Hirnaktivität beim Craving
Nachdem die Teilnehmer ihr Craving bewerteten, verglichen die Psychologen die Gehirnscans der pathologischen Spieler bei den Fotos mit den Spielgeräten mit deren Gehirnscans bei den neutralen Fotos.
Die Spieler berichteten über ein höheres Craving-Niveau beim Anschauen der Glücksspiel-Abbildungen.
Außerdem zeigten die Spielabhängigen auch eine erhöhte Aktivität in Nucleus accumbens und der Insula, Gehirnbereiche, die mit Craving und Selbstbeherrschung bei Drogensucht verbunden sind.
Hirnaktivität in Insula; Konnektivität
Das Niveau des Cravings war eng verbunden mit der Hirnaktivität in der Insula, was eine neurobiologische Nähe zwischen krankhaftem Spielen und Drogenabhängigkeit demonstriert.
Eine schwächere Konnektivität zwischen dem Nucleus accumbens und dem Frontallappen war bei Problem-Spielern mit einem größeren Verlangen verbunden.
Der Frontallappen, der an Entscheidungsprozessen beteiligt ist, kann helfen, die Insula durch Kontrolle der Impulsivität zu kontrollieren, sagte Koautorin Prof. Anne Lingford-Hughes. Schwächere Verbindungen zwischen diesen Regionen konnten auch bei Drogensucht festgestellt werden.
Behandlung des Cravings durch Stimuli
Psychologie-Professor Luke Clark sagte in der Zeitschrift Translational Psychiatry, dass die Ergebnisse die starke Wirkung von Stimuli auf das Triggern von Craving bei den Glücksspielern zeigten.
Alles – so der Psychologe – von den Lichtern bis zu den Klängen der Spielautomaten und dem Geruch des Spielkasinos sind Reize, die sogar nach Jahren der Spiel-Abstinenz ein Craving auslösen können. Ist man imstande, die Reaktion auf diese Stimuli zu kontrollieren, ist ein wichtiger Schritt zur Prävention von Rückfällen getan.
Clark betont die Wichtigkeit der Insula bei der Behandlung von pathologischem Glücksspiel. Die Forscher wollen nun die Wirksamkeit von Naltrexon – ein Medikament, das bei Alkoholismus und Heroinabhängigkeit eingesetzt wird – auf Veränderungen bei diesen Reaktionen im Gehirn von Problem-Spielern untersuchen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of British Columbia, Translational Psychiatry – DOI: 10.1038/tp.2016.256; Jan. 2017
Das Gehirn von Spielabhängigen: Hohe Einsätze, hohes Risiko und ein schlechtes Spiel
01.05.2017 Spielsucht oder Spielabhängigkeit ist eine psychische Störung, die durch exzessives Eingehen von Risiken trotz negativer Resultate gekennzeichnet ist.
Frühere wissenschaftliche Studien, die mit Hilfe von funktioneller fMRT aktive Gebiete des Gehirns untersuchten – konnten zeigen, dass Spielabhängige veränderte Aktivitäten in Gehirnregionen haben, die mit Risiko und Belohnung verbunden sind, was sie anfällig für risikoreiche Entscheidungen macht.
Bewertung von Hochrisiko-Situationen
Eine neue in Translational Psychiatry veröffentlichte fMRT-Studie der Kyoto Universität hat nun eine andere Erklärung für die ungesunde Neigung gefunden: Spielsüchtige haben eine schlechte Fähigkeit, Hochrisiko-Situationen zu bewerten und sich daran anzupassen.
Bild: Gerd Altmann
Die Wissenschaftler um Studienautor Hidehiko Takahashi bemerkten, dass Spielsüchtige auch eher Stimmungs- und Angststörungen haben, folglich ist Vergnügen nicht das Hauptziel, sondern es könnte eher eine Unfähigkeit sein, Gefahren und Risiken richtig einzuschätzen und sich entsprechend anzupassen.
Wir alle treffen Handlungsentscheidungen, indem wir die Wahrscheinlichkeit des Erfolges auf Basis des tolerierbaren Risikos bewerten. Wir machen dann Anpassungen basierend auf den vorherrschenden Verhältnissen, schreiben die Forscher.
Anpassung der Risikobereitschaft
Wenn man z.B. in der ersten Hälfte eines Fußballspiels in Rückstand gerät, wird man wahrscheinlich eine starke Verteidigung bevorzugen, während man die eigene Angriffsspitze vorwärts treibt, sagte Takahashi.
Ist man auf der Verliererstraße am Ende der zweiten Hälfte, könnte man beschließen, gänzlich auf die Verteidigung für eine Gesamt-Attacke zu verzichten, weil man sonst verlieren würde.
Spielabhängige neigen jedoch zu unnötigen risikoreichen Handlungen, was einen Defekt in der Risikobewertung und Anpassung demonstriert.
Dorsolateraler präfrontaler Cortex
Die Flexibilität bei der Risikobereitschaft zwischen abhängigen und nicht-süchtigen Spielern war durch eine Reihe von Spielen bestimmt worden, bei denen die Teilnehmer einen bestimmten Geldbetrag erreichen sollten. Abhängige gingen selbst dann mit einer unsicheren, risikoreicheren Strategie vor, wenn diese Wahl suboptimal war.
Die Forscher beobachteten dabei eine verringerte Aktivität im dorsolateralen präfrontalen Cortex – einem Gebiet im Gehirn, das bei der kognitiven Flexibilität eine wichtige Rolle spielt, sagte Takahashi.
Dies zeige, dass es diesen Teilnehmern an der Flexibilität – bzw. an der Fähigkeit mangelt, ihr Verhalten an das Risikoniveau der Situation anzupassen.
Das Forscherteam hofft, dass ihre Ergebnisse zu einem besseren Verständnis der Natur der Spielsucht beitragen, und schließlich zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Kyoto Universität, Translational Psychiatry – DOI: 10.1038/tp.2017.55; April 2017
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