Thanatopsychologie – Psychologie des Todes: Forschungsartikel und News, die sich mit dem Erleben von und Verhalten bei Sterben und Tod beschäftigen. Andere Namen für Thanatopsychologie sind Psychothanatologie, Todespsychologie.
- Zu Hause sterben: Friedvoller für Patienten, weniger Kummer für Angehörige
- Träume und Visionen am Lebensende
- Der ‚gute Tod‘
- Nahtod-Erfahrungen, Erlebnisse
- Psychogenes Sterben, psychogener Tod
- Der Tod von Freunden
- Der Tod von Angehörigen
- Depression vor dem Tod
- Sterbefasten: Motive und Psychologie
- Weitere News-/Forschungsartikel
Zu Hause sterben: Friedvoller für Patienten, weniger Kummer für Angehörige
11.10.2015 Zu Hause zu sterben kann für todkranke Krebspatienten ein friedvollerer Tod und für Angehörige weniger Schmerz und Kummer bedeuten laut einer aktuellen Studie des King’s College London.
Institutionalisiertes Sterben
Bild: Foundry
Frühere Studien haben gezeigt, dass die meisten Menschen es vorziehen würden, zu Hause zu sterben. Im Vereinigten Königreich, USA und Kanada können einige mehr diesen Wunsch realisieren, während es in Japan, Deutschland, Griechenland und Portugal einen stärkeren Trend in Richtung institutionalisiertes Sterben gibt.
Trotz sich unterscheidender Trends bleibt der häufigste Ort für den Tod für Krebspatienten das Krankenhaus. Belege darüber, ob das Sterben zu Hause besser oder schlimmer als im Krankenhaus ist, waren bisher widersprüchlich gewesen.
Die neue Studie fand in vier Gesundheitsbezirken in London statt. 352 Verwandte von an Krebs verstorbenen Patienten füllten Fragebögen aus. 177 Patienten waren im Krankenhaus gestorben und 175 zu Hause. Die Fragebögen erfassten Schmerzen und ‚Frieden‘ in der letzten Lebenswoche des Patienten und die Intensität des Kummers der Angehörigen.
Kummer der Angehörigen
Studienautorin Barbara Gomes sagte in der Zeitschrift BMC Medicine, dass viele Patienten Angst haben, sie würden zu Hause eine schreckliche Belastung für ihre Familie darstellen. Jedoch stellten die Forscher fest, dass der Kummer tatsächlich weniger intensiv für die Verwandten der Menschen war, die zu Hause starben als bei denjenigen, deren Angehörige im Krankenhaus starben.
Schmerzen der Patienten
Viele Krebspatienten fürchten zu Recht Schmerzen. Aber die Forscher fanden heraus, dass es keinen Unterschied bei den Schmerzen der Patienten gab, ob sie im Krankenhaus oder zu Hause starben. Sie starben zu Hause auch friedvoller als im Krankenhaus, sagte Gomes.
Verbesserung, Unterstützung der häuslichen Pflege
Sie sagte, dass die Befunde Politiker und Kliniker veranlassen sollten, den Zugang zu umfassenden häuslichen Pflegepaketen einschließlich spezialisierter Palliativpflegedienste und 24/7 Pflege zu verbessern.
Die Forscher betonen auch die wichtige Rolle der Familien bei der häuslichen Pflege der Patienten und bei den Entscheidungsprozessen, sowie die Notwendigkeit, die Pflege durch die Familie zu erleichtern.
Gomes fügte hinzu: „Viele empfinden die Pflege ihrer Verwandten als etwas Natürliches, aber es stellt auch eine finanzielle Belastung dar und es muss oft Urlaub von der Arbeit genommen werden.“ Einige Länder – zum Beispiel Kanada, die Niederlande, Norwegen und Schweden haben soziale Programme oder Angestelltenversicherungen, die dem Mutterschaftsurlaub ähnlich sind, und die diese Familien unterstützen bei der Pflege ihrer sterbenden Verwandten.
Dies sollte überall eingerichtet werden, so Gomes.
Limitationen
Die Studie konnte aufgrund ihrer retrospektiven und beobachtenden Natur nur einen Zusammenhang jedoch keine Kausalität feststellen. Subjektive Faktoren wie Schmerz und friedvolleres Sterben sind gegenüber Erinnerungs- und Beobachtungsverzerrungen bei Befragten anfälliger.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: King’s College London, BMC Medicine; Okt. 2015
Träume und Visionen am Lebensende
Thanatopsychologie
08.11.2015 Eine Studie des Center for Hospice & Palliative Care und des Canisius College befragte Patienten zu ihren Visionen und Träumen in den letzten Wochen ihres Lebens.
Vor-Todesvisionen
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen in den letzten Wochen ihres Lebens außergewöhnliche Träume oder Visionen haben. Berichte über Vor-Todesvisionen sind bekannt, wurden aber außerhalb der wissenschaftlichen Literatur aufgezeichnet.
Eine kürzlich in der Zeitschrift Journal of Palliative Medicine herausgegebene Studie von Professor James P. Donnelly und Kollegen stellte fest, dass Sterbebettträume und Visionen ein intrinsischer und tröstlicher Teil des Sterbeprozesses sind.
„Diese Träume und Visionen können die Lebensqualität verbessern und sollten dementsprechend auch betrachtet werden“, sagt Donnelly.
Bild: Gerd Altmann
Die 66 Patienten der Studie erhielten Pflege zum Lebensende im Center for Hospice and Palliative Care in Cheektowaga, NY. Donnelly und seine Kollegen interviewten die Patienten täglich über Inhalt, Häufigkeit und das tröstende Niveau ihrer Träume bzw. Visionen. Dies ist die erste Studie, die die Patienten direkt befragte; vorherige Studien waren auf retrospektive Informationen von Klinikern oder Familienmitgliedern beschränkt.
Tröstende Träume
Die Forscher stellten fest, dass die häufigsten Träume und Visionen von verstorbenen Verwandten oder Freunden handelten. Die Träume und Visionen zum Lebensende (TVL) von Verstorbenen waren deutlich tröstender als TVLs anderer Art, und sie wurden häufiger, je näher der Tod kam.
Diese Studie zeigt, dass TVLs häufig erfahren und charakterisiert werden als ein gleichbleibendes realistisches Muster mit emotionaler Bedeutung, sagt Donnelly.
Die Studie bemerkte, dass einige medizinische Berufstätige dazu tendieren, Vor-Todesträumen und Visionen die Wichtigkeit abzuerkennen. „Als Wahnvorstellungen oder Halluzinationen betrachtet, werden sie als Probleme gesehen, die unter Kontrolle gebracht werden müssen“, sagte Donnelly.
Unterschied zum Delirium
Aber es gibt eine wichtige Unterscheidung zwischen TVLs und Delirien. Die Studie schließt: Während eines Deliriums verliert die Person ihre Verbindung zur Realität und Fähigkeit rational zu kommunizieren.
Ein Delirium ist belastend und gefährlich und muss medizinisch behandelt werden. Im Kontrast dazu zeigt unsere Studie, dass TVLs normalerweise tröstlich, realistisch und oft sehr bedeutungsvoll sind, sagte Donnelly.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Hospice & Palliative Care, Canisius College, Journal of Palliative Medicine; Nov. 2015
Definition der Elemente eines ‚guten Todes‘
Psychologie des Sterbens
03.04.2016 Für die meisten Menschen ist der Höhepunkt eines guten Lebens ein „guter Tod“. Aber was dies genau bedeutet, ist eine Frage intensiver Betroffenheit. Forscher der University of California veröffentlichten in der Zeitschrift American Journal of Geriatric Psychiatry eine Analyse qualitativer und quantitativer Studien datüber, was einen ‚guten Tod‘ ausmacht.
Bild: Katrin Baustmann
Die Forscher unter der Leitung von Dilip Jeste – Professor für Psychiatrie und Neurowissenschaften – fokussierten sich auf drei Gruppen: Patienten, Familienmitglieder (vor oder während der Trauer) und Angehörige der Gesundheitsberufe.
Der Tod ist offensichtlich ein kontroverses Thema. Die Leute sprechen nicht gerne darüber im Detail, aber wir sollten es. Es ist wichtig, darüber ehrlich und transparent zu sprechen, welchen Tod jeder von uns bevorzugen würde, sagte Jeste.
11 Kernthemen
Die Forscher analysierten 32 infrage kommende Studien. Es bildeten sich 11 Kernthemen für einen guten Tod:
- Präferenz für einen bestimmten Sterbevorgang,
- Schmerzfreiheit,
- emotionales Wohlbefinden,
- Religiosität / Spiritualität,
- Lebensabschluss,
- Behandlungspräferenzen,
- Würde,
- Familie,
- Lebensqualität,
- Beziehung zum Behandler und
- „Anderes“.
Die drei ersten Punkte waren bei allen drei Gruppen die wichtigsten: Bevorzugung eines bestimmten Sterbeprozesses, Schmerzfreiheit und das emotionale Wohlbefinden.
Bei den anderen Themen legten die Gruppen unterschiedliche Schwerpunkte. Zum Beispiel erachteten die Patienten öfter Religiosität / Spiritualität als wichtiger, während die Familienmitglieder glaubten, dass eher Würde und Lebensabschluss für einen guten Tod von größerer Bedeutung wären. Die Behandler vertraten eher eine mittlere Position zwischen Patienten und Familienmitgliedern.
Klinisch sehen wir häufig einen Unterschied zwischen dem was Patienten, Familienmitglieder und Angehörige der Gesundheitsberufe als das Wichtigste am Ende des Lebens erachten, sagte Studienautorin und Psychologin Emily Meier.
Wichtig für Palliativpflege und Sterbebegleitung
Letztlich können existenzielle und andere psychosoziale Sorgen bei den Patienten vorhanden sein, und dies dient als eine Erinnerungshilfe, dass wir nach allen Facetten in der Pflege fragen müssen, die am Ende des Lebens notwendig sind, sagte sie.
Die Quintessenz, sagte Jeste, ist: „Fragen Sie den Patienten“.
Normalerweise wissen die Patienten was sie wollen oder brauchen und es verschafft Erleichterung, wenn man darüber spricht. Es gibt ihnen ein Gefühl der Kontrolle. Man kann einen guten Tod möglich machen, indem man darüber vorher spricht, schließt Jeste.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of California, American Journal of Geriatric Psychiatry; April 2016
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