Prokrastination (Psychologie) – ‚Aufschieberitis‘

Definition

Definition: Mit Prokrastination wird in der Psychologie / Soziologie ein Verhalten bezeichnet, bei dem eine Person wichtige, jedoch negativ besetzte Aufgaben bzw. Arbeiten immer wieder verschiebt.

Diese Arbeiten werden immer wieder verschoben, so dass sich, kommen weitere verschobene Arbeiten hinzu (die auch nicht erledigt werden), ein immer ‚höherer Stapel‘ unerledigter Arbeiten ansammeln, so dass die betroffende Person angesichts dieser noch vor ihm liegender Arbeiten stark verzweifeln kann.

Unter Prokrastination ist nicht das Verschieben gemeint, was hin und wieder bei jedem vorkommt, sondern ein Verhalten, bei dem der Prokrastinierer großen Stress und Qualen erleidet. Siehe auch Studentensyndrom.

Hilft keine Selbstdisziplin und leidet die betroffene Person, bzw. hat dadurch Probleme mit seiner Umwelt, sollte er/sie psychologische Beratung aufsuchen.

Prokrastination? Zeitwahrnehmung könnte das Problem sein

08.09.2014 Aufgaben auf einer To-do-Liste abzuhaken, ist für einige leichter als für andere. Manche möchten unangenehme Dinge schnell erledigt wissen, andere (die Prokrastinierer) schieben sie auf.

Eine neue Forschungsstudie untersuchte, warum einige Dinge unsere unmittelbare Aufmerksamkeit bekommen, und andere nicht.

Die Antwort kann unsere Wahrnehmung der Zeit sein, sagt Yanping Tu von der University of Chicago’s Booth School of Business.

Gegenwart und Zukunft

Die Studie fand heraus, dass Menschen eher eine Aufgabe beginnen, wenn es aus ihrer Zeitperspektive zur Gegenwart gehört. Andererseits startet man eine Aufgabe eher später, wenn sie einem Teil der Zukunft anzugehören scheint.

„Der wichtigste Schritt zur Erledigung einer Aufgabe ist der erste Schritt…der Anfang. Wenn Sie nicht anfangen, können Sie es unmöglich zu Ende bringen“, sagte Tu. „Aber diese Dringlichkeit, diese Notwendigkeit, tatsächlich mit einer Aufgabe zu beginnen, stellt sich ein, wenn die Aufgabe als Teil der Gegenwart einer Person betrachtet wird.“

Tu und Mitautor Dilip Soman, Professor für Marketing an der Universität von Toronto, führten eine Reihe von Studien durch, um ihre Theorie zu unterstützen.

Prokrastination
Bild: Nemo/pixabay

Zum Beispiel wurde 100 Studenten in einer Studie gesagt, sie hätten fünf Tage Zeit, um eine vierstündige Datenerfassungsaufgabe zu beenden.

Studenten, denen die Aufgabe am 24. oder 25. April erteilt wurde und die bis zum 29. oder 30. April fertig werden mussten, begannen die Arbeit mit größerer Wahrscheinlichkeit früher, als diejenigen, denen die Aufgabe am 28. April gegeben wurde und die in den ersten Tagen im Mai fertig werden mussten.

Die Änderung im Monat bedeutete ein Hindernis für die Studenten, und ließ sie die Aufgabe eher als einen Teil der Zukunft als der Gegenwart erscheinen. Dies erhöhte die Wahrscheinlichkeit für Prokrastination.

„Wir haben zeigen können: Ob und wann die Arbeit zu beginnen hat, ist eindeutig mit der Ansicht einer Person verbunden, wie sie ihre Ziele zeitlich wahrnimmt“, sagte Tu.

„Es wäre interessant zu beobachten, wie diese temporalen Ansichten andere Erfolgsaspekte – wie der Ausdauer bei der Bearbeitung von Aufgaben und der Qualität bei einer geleisteten Arbeit – beeinflussen.“

© PSYLEX.de – Quelle: University of Chicago Booth School of Business / Universität Toronto, Sept. 2014

Merkmale und Verbreitung

Eine in der Zeitschrift PLOSONE veröffentlichte Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz untersuchte die Merkmale und Verbreitung von Prokrastination in Deutschland.

Die repräsentative Stichprobe umfasste 2.527 Menschen im Alter zwischen 14 und 95 Jahren.

Die Befunde zeigen, dass wichtige Tätigkeiten eher von Personen aufgeschoben werden, die

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Bild: George Hodan

  • nicht in einer festen Beziehung lebten,
  • arbeitslos waren,
  • über wenig Einkommen verfügten und
  • Schüler oder Studierende männlichen Geschlechts waren.

Negative Begleitmerkmale der ‚Aufschieberitis‘ waren oft:

Univ.-Prof. Dr. Manfred Beutel zusammenfassend: „Die Repräsentativ-Erhebung zeigte, dass Menschen, die Tätigkeiten häufig aufschieben, seltener in Partnerschaften lebten, häufiger arbeitslos waren und über ein geringes Einkommen verfügten. Betroffen waren vor allem junge Männer. Schüler und Studierende prokrastinierten dabei häufiger als ihre berufstätigen oder in einer Ausbildung befindlichen Altersgenossen.

Die Studie bestätigt, dass ausgeprägtes Aufschiebeverhalten von wichtigen Tätigkeiten mit Stress, Depression, Angst, Einsamkeit und Erschöpfung einhergeht. Insgesamt war bei Prokrastination auch die Lebenszufriedenheit verringert.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: PLOSONE, Johannes Gutenberg-Universität Mainz; März 2016

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