- Definition
- Sozial isoliert zu sein, erhöht Sterblichkeitsrisiko
- Das Erzählen außergewöhnlicher Erfahrungen kann uns isolieren
- Soziale Isolation verringert Lebenserwartung
- Soziale Isolation und das Gehirn
- Alleinsein
- Außenseiter
- Soziale Ablehnung
- Soziale Ausgrenzung
- Weitere News, Forschungsartikel
Definition
Definition: Soziale Isolation bezeichnet die Lebenssituation von Menschen, die keine oder nur wenig sozialen Kontakte haben.
Einsamkeit bezeichnet das Gefühl von anderen getrennt zu sein. Alfred Polgar sagte dazu: „Wenn dich alles verlassen hat, kommt das Alleinsein. Wenn du alles verlassen hast, kommt die Einsamkeit.“
Diese Definition ist aber etwas ungenügend; besser wäre wohl: Wird man von allen verlassen, ist man sozial isoliert; Einsamkeit ist eher das Gefühl, allein zu sein (negativ bewertet, weil mitschwingt, man suche die Gesellschaft anderer); und Alleinsein ist zuerst eher der objektive und neutrale Zustand des alleine seins, wobei dies dann ein gewählter ist, und durchaus positive Auswirkungen haben kann.
Sozial isoliert zu sein, erhöht Sterblichkeitsrisiko
Ältere Menschen, die gesellschaftlich isoliert und einsam sind, haben ein größeres Risiko früher zu sterben, sagen britische Forscher.
Soziale Isolation und Einsamkeit
Mangel an sozialen Kontakten könnte ein noch größerer Risikofaktor sein als Einsamkeit, fügten sie hinzu. Warum soziale Isolierung jedoch solch ein mächtiger Prognosefaktor für Sterblichkeit ist, weiß man nicht.
Um die Risiken von Einsamkeit und sozialer Isolierung hinsichtlich eines frühen Todes zu untersuchen, sammelten die Forscher Daten von über 6.500 Männern und Frauen (im Alter von 52 und älter), die an der English Longitudinal Study of Aging im Jahr 2004 teilnahmen.
Definition
Menschen mit wenig Kontakt zu Freunden oder Familie oder der Gemeinschaft wurden sozial isoliert klassifiziert; Einsamkeit definierten die Forscher als die subjektive Erfahrung eines Mangels an Freunden und sozialen Kontakten.
Sterblichkeitsrisiko
Die Forscher fanden bei der Nachtestung nach fast acht Jahren, dass 918 Menschen gestorben waren und es dabei eine Verbindung zu sozialer Isolierung und Einsamkeit gab.
Soziale Isolierung erhöhte grundsätzlich das Sterblichkeitsrisiko, wobei Faktoren wie Gesundheit keine Rolle spielten, während Einsamkeit nur das Risiko bei denjenigen erhöhte, die psychische oder physische Probleme hatten, fanden die Forscher heraus.
© PSYLEX.de – Quelle: University College London, April 2013
Das Erzählen außergewöhnlicher Erfahrungen kann uns isolieren
07.10.2014 Wenn wir anderen über unsere außergewöhnlichen Erfahrungen/Erlebnisse berichten – als wir den Kilimandscharo bestiegen, einen ungeheuer seltenen Wein tranken oder eine Berühmtheit trafen, könnte uns dies innerhalb dieser Gruppe isolieren.
Außergewöhnlich sein – anders sein
„Außergewöhnliche Erfahrungen können zwar Freude machen, uns aber gesellschaftlich auf lange Sicht schlechter bekommen“, sagt der Psychologe und Studienautor Gus Cooney von der Harvard University.
„Die Teilnehmer unserer Studie haben fälschlicherweise angenommen, dass außergewöhnliche Erlebnisse einen zum ‚Star‘ des Gesprächs machen würden. Aber sie lagen falsch, denn außergewöhnlich zu sein bedeutet: anders zu sein als die anderen, und soziale Interaktion basiert auf Gemeinsamkeiten.“
Bild: Frits Ahlefeldt (pixabay/PublicDomainPictures)
Cooney begann die Studie aufgrund eigener Beobachtungen: „Wir alle schätzen gute und seltene Erfahrungen, und wenn wir welche erleben, sind wir immer begierig darauf, sie unseren Freunden zu erzählen. Aber ich habe bemerkt, dass Gespräche immer auf eher gewöhnlichen Themen zu gedeihen scheinen“. „Daher fragte ich mich, ob das Erzählen außergewöhnlicher Erfahrungen vielleicht zu bestimmten Zeiten eher ungünstige als positive Auswirkungen hat, und ob die Leute wissen, wann dies so zu sein scheint.“
Cooney und Kollegen teilten dazu 68 Teilnehmer in Vierergruppen ein. In jeder Gruppe wurde ein Teilnehmer ausgewählt, ein hoch bewertetes „4 Sterne“ Video eines Straßenzauberers anzusehen, während die anderen drei Teilnehmer ein niedriger bewertetes „2 Sterne“ Animationsvideo ansahen; alle wussten was die anderen sahen. Nach dem Angucken der Videos saßen die Teilnehmer an einem Tisch und hatten ein 5-minütiges unstrukturiertes Gespräch.
Die das 4 Sternevideo ansehenden Teilnehmer – also die „außergewöhnlichen Erfahrer“ – berichteten, dass sie sich nach der Gruppendiskussion schlechter fühlten, als jene, die das 2 Sternevideo anschauten; sie erzählten, sie hätten sich während der Diskussion ausgeschlossen gefühlt.
Weitere Befunde legen nahe, dass man sich durch das Erzählen der außergewöhnlichen Erlebnisse schlechter fühlt, weil man nicht die damit verbundenen sozialen ‚Kosten‘ erwartet hat: eine Erfahrung zu haben, die sie von der Gruppe trennt.
Teilnehmer zweier weiterer Studien wurden darum gebeten, sich vorzustellen, wie entweder sie oder jemand anderes sich fühlen würde, wenn man im ersten Experiment mit außergewöhnlichen Erlebnissen aufgetreten wäre. Wie erwartet, nahmen sie fälschlicherweise an, dass eine Person mit außerordentlichen Erfahrungen sich besser als die ‚gewöhnlichen Erzähler‘ während des Experiments fühlen würde. Aber nicht nur das, sie nahmen auch an, dass die ‚außergewöhnlichen‘ in der Diskussion nach dem Film mehr reden und sich nicht ausgeschlossen fühlen würden.
Diese Befunde legen nahe, dass wir vielleicht umsichtiger dabei sein sollten, wie und welche unserer Erfahrungen wir mit anderen teilen:
„Wenn man zwischen Erfahrungen auswählt, sollte man nicht nur darüber nachdenken, wie sie sich anfühlten als man sie erlebte, sondern auch darüber, wie sie auf unsere sozialen Interaktionen wirken“, sagt Cooney.
„Wenn eine Erfahrung Sie zu jemandem macht, der nichts mehr mit den anderen gemein hat, dann wird es sie langfristig nicht glücklich machen, egal, wie gut sie war.“
© PSYLEX.de – Quelle: Psychological Science / Harvard University, Oktober 2014
Soziale Isolation verringert Lebenserwartung
12.03.2015 Vereinsamung und soziale Isolation bedrohen die Langlebigkeit in einem ähnlichen Maße wie Rauchen, Alkoholmissbrauch oder Fettleibigkeit laut einer in Perspectives on Psychological Science veröffentlichten Studie.
Zusammenhang stärker bei jüngeren Menschen
Forscher der Brigham Young University stellten fest, dass der Zusammenhang zwischen Einsamkeit und dem Sterblichkeitrisiko tatsächlich unter jüngeren Menschen größer ist als bei älteren. Obwohl ältere Leute eher allein sind und ein höheres Sterblichkeitsrisiko haben, sagen Vereinsamung und soziale Isolation den vorzeitigen Tod besser bei Menschen unter 65 Jahren voraus.
Bild: Unsplash (pixabay)
Einsamkeit und soziale Isolation
Einsamkeit und soziale Isolation können sich ganz unterschiedlich zeigen. Zum Beispiel kann man von vielen Menschen umgeben sein, aber immer noch das Gefühl haben, allein zu sein. Andere Menschen isolieren sich, weil sie es vorziehen, allein zu sein. Der Effekt auf die Lebensdauer ist jedoch bei beiden Szenarien ähnlich.
Für die Studie analysierten die Forscher Daten aus mehreren Gesundheitsstudien. Insgesamt umfassten die Studien 3 Millionen Teilnehmer und die Daten erfassten Einsamkeit, soziale Isolation und das Alleinleben.
Die Single-Rate ist so hoch wie nie zuvor, sagte Koautor Tim Smith. Aber uns wird noch eine wahre Epidemie an Alleinlebenden bevorstehen, wenn die Rate so weiter steigt.
Vorherige Forschungsarbeiten von Julianne Holt-Lunstad und Smith zeigten bereits ein erhöhtes Risiko der Sterblichkeit durch Vereinsamung (ähnlich hoch wie wenn man pro Tag 15 Zigaretten raucht und Alkoholiker ist). Die aktuellen Befunde weisen darauf hin, dass das Mortalitätsrisiko noch die mit Fettleibigkeit verbundenen Gesundheitsrisiken übertrifft.
Effekt wirkt sich positiv und negativ aus
Die Wissenschaftler kontrollierten auf Variablen wie sozioökonomischer Status, Alter, Geschlecht und bereits bestehende Erkrankungen, und stellten dabei fest, dass der Effekt in beide Richtungen zielt.
Der Mangel an sozialen Beziehungen stellt ein zusätzliches Risiko, und die Existenz von Beziehungen einen positiven Effekt für die Gesundheit dar.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Brigham Young University, Perspectives on Psychological Science; März 2015
Erfahrungen, Kommentare, Fragen
Kommentare zu: Das Erzählen außergewöhnlicher Erfahrungen
24.04.2016 Kommentar von Anonymus:
Es ist leider auch so, dass das Erzählen von außergewöhnlichen negativen Erfahrungen genauso oder noch stärker isolierend wirkt. Man würde zwar Trost, Zuspruch und Mitgefühl erwarten, das passiert meist aber nicht, die anderen können das Erlebte meist nicht nachempfinden und verstehen oder wissen nicht wie sie auf das Erzählte reagieren sollen. So kommt es eher zu einer Abstand nehmenden, ablehnenden Reaktion durch die anderen und man ist als Erzählender mehr isoliert. Somit ist das Sprichwort „Geteiltes Leid ist halbes Leid, Geteilte Freude ist doppelte Freude“ wohl leider eher nicht gültig.
News aus der Forschung
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