Prävalenz, gemeinsames Auftreten und Verlauf von Schmerzen, Fatigue, Depressionen und Angstzuständen im Jahr nach der Diagnose der Multiplen Sklerose
31.05.2022 Zwei kürzlich veröffentlichte Studien von Forschern der University of Washington Medicine deuten darauf hin, dass Ärzte Patienten mit Multipler Sklerose zum Zeitpunkt der Diagnose nicht-medikamentöse Hilfe gegen Schmerzen, Erschöpfung, Depressionen oder Angstzustände anbieten sollten, anstatt zu warten.
Schmerzen, Erschöpfung, Depressionen und Angstzustände
In der ersten im Multiple Sclerosis Journal veröffentlichten Studie wurde festgestellt, dass Schmerzen, Erschöpfung und Depressionen sowie Angstzustände bzw. Angststörungen bei neu diagnostizierten Patienten häufig in klinisch signifikantem Ausmaß auftreten. Die Ergebnisse wiesen auch darauf hin, dass ein frühzeitiges Screening erforderlich ist, wenn die Lebensqualität erhalten und optimiert werden soll.
„Wir haben festgestellt, dass diese Symptome – Schmerzen, Fatigue, Depressionen und Ängste – zum Zeitpunkt der Diagnose weit verbreitet sind“, sagt Studienleiter Kevin Alschuler. Er leitet den psychologischen Dienst am Multiple-Sklerose-Zentrum der UW Medicine.
Die Studie ergab, dass 60 % der Patienten unter Erschöpfung, 50 % unter Schmerzen, 47 % unter Depressionen und 39 % unter Ängsten bzw. Angststörungen innerhalb des ersten Jahres nach der Diagnose litten.
„Wir wollen dies sofort angehen und nicht erst in 5 oder 10 Jahren“, sagte er.
Diese Studie sowie eine im Journal of Neurology veröffentlichte Begleitstudie verfolgten dieselbe Patientenkohorte – überwiegend Weiße und Frauen – über das erste Jahr nach ihrer MS-Diagnose. Insgesamt wurden in den Studien 230 Patienten beobachtet. Die Patienten wurden zwischen 2014 und 2018 vom UW Medicine Multiple Sclerosis Center und dem MS-Zentrum des Swedish Neuroscience Institute rekrutiert.
Lebensqualität nach der MS-Diagnose
Die zweite Studie untersuchte die Lebensqualität der Patienten unmittelbar nach der Diagnose, nach zwei, drei, sechs, neun und 12 Monaten nach der Diagnose. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Lebensqualität im Durchschnitt über das ganze Jahr hinweg weitgehend stabil war – ein Ergebnis, das die Forscher überraschte.
Erstmalig diagnostizierte Patienten müssen sich mit den emotionalen Auswirkungen der Diagnose sowie mit zahlreichen Tests und Behandlungsentscheidungen auseinandersetzen, so Alschuler.
Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten, denen es zum Zeitpunkt der Diagnose gut ging, dazu neigten, dies während des ersten Jahres beizubehalten, so Alschuler. „Wenn sie sich schwer taten, blieb das ebenfalls so.“
Alschuler und seine Kollegin, die klinische Psychologin Dawn Ehde, interessieren sich beide für frühe nicht-pharmazeutische Interventionen bei häufigen Symptomen von MS-Patienten.
In vielen Fällen hatten die Patienten schon Jahre vor der offiziellen Diagnose mit den Symptomen zu kämpfen, schreiben die Autoren.
„Durch Symptomselbstmanagement, einschließlich kognitiver Verhaltenstherapie, helfen wir den Patienten, ihre Fähigkeiten zur Bewältigung der Symptome zu verbessern, insbesondere in den Bereichen Erschöpfung und Schmerzen“, so Ehde.
„Wir bringen ihnen Strategien wie Entspannungs- oder Achtsamkeitsmeditationstechniken bei und zeigen ihnen, wie sie ihr Tempo selbst bestimmen können, um die Fatigue zu verringern und Stress besser zu bewältigen“, sagte sie. „Patienten, die diese Fähigkeiten erlernen, stellen oft fest, dass nicht nur ihre Schmerzen und ihre Erschöpfung abnehmen, sondern dass sie trotz ihrer MS in der Lage sind, mehr von dem zu tun, was ihnen wichtig ist.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Multiple Sclerosis Journal (2021). DOI: 10.1177/13524585211023352; Journal of Neurology (2021). DOI: 10.1007/s00415-021-10842-w