Schizophrenie: Rolle der Gene, Genetik

Schizophrenie ist mit somatischen Mutationen verbunden, die in der Gebärmutter auftreten

Schizophrenie: Rolle der Gene, Genetik

06.07.2023 Bei der Schizophrenie handelt es sich um eine psychiatrische Störung, die im Erwachsenenalter auftritt. Man geht davon aus, dass sie durch eine Kombination von Umweltfaktoren und genetischen Faktoren ausgelöst wird, obwohl die genaue Ursache noch nicht vollständig geklärt ist.

In einer in der Zeitschrift Cell Genomics veröffentlichten Studie fanden Forscher einen Zusammenhang zwischen Schizophrenie und somatischen Kopienzahlvarianten, einer Art von Mutation, die früh in der Entwicklung, aber nach der Vererbung des genetischen Materials auftritt. Diese Studie ist eine der ersten, die den Zusammenhang zwischen somatischen – nicht vererbten – genetischen Mutationen und dem Schizophrenierisiko genau beschreibt.

„Ursprünglich dachten wir, Genetik sei die Lehre von der Vererbung. Aber heute wissen wir, dass die genetischen Mechanismen weit darüber hinausgehen“, sagt der Hauptautor Chris Walsh, Forscher am Howard Hughes Medical Institute und Leiter der Abteilung für Genetik und Genomik am Boston Children’s Hospital. „Wir befassen uns mit Mutationen, die nicht von den Eltern vererbt werden.“

Die Gene NRXN1 und ABCB11

Die Forscher analysierten Genotyp-Marker-Daten von über 20.000 Blutproben von Menschen mit oder ohne Schizophrenie aus dem Psychiatric Genomics Consortium. Sie identifizierten schließlich zwei Gene – NRXN1 und ABCB11 -, die mit Schizophreniefällen korrelierten, wenn sie in utero beeinträchtigt wurden. NRXN1, ein Gen, das an der Signalübertragung im Gehirn beteiligt ist, wurde bereits früher mit Schizophrenie in Verbindung gebracht. Dies ist jedoch die erste Studie, die somatische, nicht vererbte NRXN1-Mutationen mit Schizophrenie in Verbindung bringt.

Somatische Mutationen

Im Gegensatz zu vererbten Mutationen, die in allen Zellen des Körpers vorkommen, sind somatische Mutationen nur in einem Bruchteil der Zellen vorhanden, je nachdem, wann und wo eine Mutation aufgetreten ist. Tritt eine Mutation früh in der Entwicklung auf, so ist zu erwarten, dass die Variante mosaikartig im ganzen Körper vorhanden ist. Auf der Grundlage dieses Prinzips können Forscher somatische Mutationen identifizieren, die früh in der Entwicklung aufgetreten sind und nicht nur im Gehirn, sondern auch in einem Teil der Zellen im Blut zu finden sind.

Wenn eine Mutation nach der Befruchtung auftritt, wenn es nur zwei Zellen gibt, ist die Mutation in der Hälfte der Körperzellen vorhanden, sagt Walsh. „Tritt sie in einer der ersten vier Zellen auf, ist sie in etwa einem Viertel der Körperzellen vorhanden, und so weiter.“

Das zweite von den Forschern identifizierte Gen, ABCB11, ist vor allem für ein Leberprotein bekannt. „Dieses Gen kam für uns aus dem Nichts“, sagt Eduardo Maury, Student im MD-Ph.D.-Programm des Harvard-MIT. „Es gab einige Studien, die Mutationen in diesem Gen mit behandlungsresistenter Schizophrenie in Verbindung brachten, aber es wurde nicht stark mit Schizophrenie an sich in Zusammenhang gebracht.“

Bei weiteren Untersuchungen stellte das Team fest, dass ABCB11 auch in ganz bestimmten Untergruppen von Neuronen exprimiert wird, die Dopamin vom Hirnstamm zur Großhirnrinde transportieren. Es wird angenommen, dass die meisten Schizophrenie-Medikamente auf diese Zellen einwirken, um den Dopaminspiegel einer Person zu senken, was erklären könnte, warum das Gen mit Behandlungsresistenz in Verbindung gebracht wird.

Mögliche weitere Mutationen

Als nächstes will das Team weitere erworbene Mutationen identifizieren, die mit Schizophrenie in Verbindung gebracht werden könnten. Da in der Studie Blutproben analysiert wurden, wird es wichtig sein, weitere hirnspezifische Mutationen zu untersuchen, die möglicherweise zu subtil oder erst kürzlich im Leben eines Patienten aufgetreten sind, als dass sie mit dieser Analyse entdeckt werden könnten. Darüber hinaus könnten somatische Deletionen oder Duplikationen ein zu wenig untersuchter Risikofaktor sein, der mit anderen Störungen in Verbindung steht.

„Mit dieser Studie zeigen wir, dass es möglich ist, somatische Varianten in einer psychiatrischen Störung zu finden, die sich im Erwachsenenalter entwickelt“, sagt Maury. „Das wirft die Frage auf, welche anderen Störungen durch diese Art von Mutationen reguliert werden könnten.“

© Psylex.de – Quellenangabe: Cell Genomics (2023). DOI: 10.1016/j.xgen.2023.100356

News zu Schizophrenie und die Rolle der Gene, Genetik

Gene im Zusammenhang mit infantilen Formen der Schizophrenie identifiziert

26.06.2018 Wissenschaftler des Montreal Neurological Institute and Hospital und der McGill Universität haben neue Gene identifiziert, die mit einer bestimmten Form von Schizophrenie verknüpft sind.

Die Erblichkeit von Schizophrenie wird auf 80 Prozent geschätzt, aber die Bestimmung von Genen, die mit dieser Krankheit verbunden sind, ist eine Herausforderung.

Schizophrenie im Kindesalter

Um neue genetische Varianten dieser Erkrankung zu identifizieren, nahmen die Wissenschaftler an, dass die Erforschung einer extremen und schweren Form hilfreich sein würde, weshalb sie sich auf die Schizophrenie im Kindesalter konzentrierten – eine seltene Krankheit mit einer Prävalenz von etwa 1 zu 40.000.

Diese Form hat ähnliche Symptome wie die adulte Form, tritt aber vor dem Alter von 13 Jahren auf und hat sehr negative Auswirkungen.

Patienten, die an einer schizophrenen Erkrankung im Kindesalter leiden, sind in der Regel schwer beeinträchtigt und können weder einen normalen Schullehrplan absolvieren noch ein soziales Leben entwickeln.

Mutation im ATP1A3-Gen

Ein Forscherteam sammelte und analysierte genetische Daten von 19 Patienten mit Schizophrenie im Kindesalter und ihren nicht betroffenen Eltern.

Sie fanden heraus, dass drei Patienten eine Mutation im ATP1A3-Gen zeigten, während drei andere genetische Varianten in den FXYD-Genen, einer Genfamilie, die zu den normalen Funktionen von ATP1A3 beiträgt.

Mutationen, die ATP1A3 betreffen, wurden bereits bei anderen seltenen neurologischen Kinderkrankheiten beobachtet, was bestätigt, dass es eine wichtige Rolle bei neurologischen Erkrankungen spielt.

Diese Studie belegt, dass dieses Gen auch an psychiatrischen Störungen beteiligt ist.

Die Identifizierung genetischer Varianten ist der erste Schritt zur Behandlung von Schizophrenie im Kindesalter. Die unmittelbare Auswirkung wird darin bestehen, die Diagnose von Patienten zu ermöglichen und den Familien genetische Informationen zur Verfügung zu stellen.

In Zukunft könnten personalisierte Therapien folgen und einige medikamentöse Interventionen für Träger von ATP1A3-Mutationen verfügbar werden, schreiben die Wissenschaftler.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Molecular Psychiatry (2018). DOI: 10.1038/s41380-018-0103-8

Forscher identifizieren über 400 Gene, die mit der Entwicklung von Schizophrenie verbunden sind

25.03.2019 In einer in Nature Genetics veröffentlichten Forschungsarbeit mit mehr als 100.000 Menschen haben Wissenschaftler um Laura Huckins von der Icahn School of Medicine am Mount Sinai 413 genetische Verknüpfungen mit Schizophrenie in 13 Gehirnregionen ermittelt.

Die Untersuchung der Genexpression auf Gewebeebene ermöglichte den Forschern nicht nur neue Gene im Zusammenhang mit Schizophrenie zu identifizieren, sondern auch die Bereiche des Gehirns zu bestimmen, in denen eine abnormale Expression auftreten kann.

Die Forscher fanden heraus, dass mit Schizophrenie in Verbindung stehende Gene während der gesamten Entwicklung exprimiert werden: einige in bestimmten Phasen der Schwangerschaft, andere in der Pubertät oder im Erwachsenenalter.

Die Wissenschaftler konnten auch beobachten, dass verschiedene Regionen des Gehirns unterschiedliche Risiken für Schizophrenie bergen, wobei die meisten Assoziationen aus dem dorsolateralen präfrontalen Cortex stammen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Nature Genetics – DOI: 10.1038/s41588-019-0364-4 – https://www.nature.com/articles/s41588-019-0364-4

Exom-Sequenzierung der DNA von 25.000 Schizophrenen ergibt 10 Risiko-Gene

19.10.2019 Forscher haben 10 neue Gene entdeckt, die bei der Entwicklung der Schizophrenie eine Rolle spielen. Sie benutzten eine Methode namens Exom-Sequencing zur Analyse des Teils der DNA, der Proteine kodiert.

Sie analysierten die Genome von 25.000 Menschen mit Schizophrenie und 100.000 nicht daran Erkrankten aus Populationen von fünf Kontinenten.

Glutamatrezeptor-Gene

Es wurden 10 Gene identifiziert, die bei einer Störung das Risiko für Schizophrenie dramatisch erhöhen, sagt Tarjinder Singh vom Stanley Center for Psychiatric Research am Broad Institute des MIT und der Harvard Universität. Zwei der 10 Gene kodieren für Glutamatrezeptoren, ein Protein, das für die Kommunikation zwischen Gehirnzellen entscheidend sein soll.

Durch die Identifizierung von Glutamatrezeptoren als genetisch an der Erkrankung beteiligt, deutet dieses Ergebnis stark darauf hin, dass eine verminderte Funktion dieser Rezeptoren die Krankheitssymptome begünstigt, und dass dieses System möglicherweise ein Ziel für zukünftige Therapien sein könnte.

Darüber hinaus haben die Analysen gezeigt, dass es noch viel mehr solcher Gene gibt; unsere Suche beginnt gerade erst, fügte er hinzu.

Sie fanden auch gemeinsame genetische Verbindungen mit neurologischen Entwicklungsstörungen und Autismus-Spektrum-Störung.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: American Society of Human Genetics

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