- Depression in der Kindheit verändert die Gehirnentwicklung
- Kinderarmut verbunden mit Gehirnveränderungen
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Depression in der Kindheit verändert die Gehirnentwicklung
22.12.2015 Klinische Depression bei Vorschulkindern kann dazu führen, dass sich das Gehirn anormal entwickelt – im Vergleich zu nicht-depressiven Vorschulkindern laut einer in der Zeitschrift JAMA Psychiatry veröffentlichten Studie der Washington University.
Lebenserfahrung beeinflusst Entwicklung
Die graue Substanz im Cortex – ein Teil des Gehirn, das eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen spielt – der depressiven Kinder ist dünner und hat ein geringeres Volumen.
„Was bei diesen Befunden bemerkenswert ist: Wir konnten feststellen, wie eine Lebenserfahrung – eine depressive Episode – die Anatomie des Gehirns verändern kann“, sagte Studienautorin Joan L. Luby, deren vorherige Forschungen gezeigt haben, dass selbst dreijährige Kinder schon depressiv sein können.
„Wir haben bisher angenommen, dass sich das Gehirn als Organ in vorbestimmten Wegen entwickelt, aber unsere Forschungen zeigen, dass Erfahrungen – wie negative Stimmungen, Armut und ein Mangel an elterlicher Unterstützung und Fürsorge – eine materielle Auswirkung auf Gehirnwachstum und Entwicklung haben.“
Bild: Gerd Altmann
Diese Befunde können bei der Klärung helfen, warum Depressive Probleme haben, ihre Stimmungen und Emotionen zu regulieren.
Gehirnscans zu verschiedenen Zeitpunkten
Luby und ihr Team untersuchten 193 Kinder (90 mit Depression im Vorschulalter) und führten klinische Tests mehrmals mit den Kindern durch. Auch wurden zu drei Zeitpunkten Magnetresonanztomographie-Scans durchgeführt (die ersten waren im Alter zwischen 6 und 8; die letzten im Alter zwischen 12 und 15). 116 Kinder machten alle drei Gehirnscans mit.
„Wenn wir sie nur einmal gescannt hätten, hätten wir nicht sagen können, ob diese Effekte schon von Geburt an da waren, oder ob es zu einer tatsächlichen Veränderung in der Gehirnentwicklung gekommen war“, sagte Koautorin Deanna M. Barch.
Die Entwicklung der grauen Substanz folgt einer umgekehrten U-förmigen Kurve, sagte Luby. Kinder entwickeln bis zur Pubertät immer mehr graue Substanz, aber dann beginnt ein Prozess namens Pruning, und unnötige Zellen sterben.
Verstärktes Absterben
Doch die Studie zeigte einen viel steileren Drop-off – möglicherweise aufgrund des Prunings – bei den depressiven Kindern.
Auch stand der steile Anstieg des Drop-offs bei Volumen und Dicke des Hirngewebes im Zusammenhang mit dem Schweregrad der Depression: Je depressiver das Kind war, desto größer war der Verlust bei Volumen und Dicke.
Schlüsselfaktor für Entwicklung der grauen Substanz
Depression war ein Schlüsselfaktor bei der Entwicklung der grauen Substanz. Bei Scans von Kindern, deren Eltern unter Depression litten – was bedeutete, dass die Kinder ein höheres Risiko hatten – erschien die graue Substanz normal, bis die Kinder selbst eine Depression entwickelten.
Interessanterweise waren die Unterschiede in Volumen und Dicke der grauen Substanz normalerweise ausgeprägter, als die in anderen Teilen des mit Emotionen verbundenen Gehirns. Wenn diese – z.B. die Amygdala – normal funktionieren und Signale an den Cortex – wo die graue Substanz dünner ist – senden, kann es sein, dass der Cortex diese Signale nicht richtig regulieren kann, sagten die Forscherinnen.
Sie wollen nun u.a. herausfinden, ob frühe Behandlungsmaßnahmen, diese Gehirnveränderungen beeinflussen und vielleicht sogar umkehren können.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Washington University, JAMA Psychiatry; Dez. 2015
Kinderarmut verbunden mit Gehirnveränderungen
und erhöhtem Risiko für die Entwicklung von Depressionen
18.01.2016 Viele Studien haben in den vergangenen Jahren die zahlreichen negativen Auswirkungen der Armut untersucht und jetzt haben Wissenschaftler von der Washington Universität entdeckt, dass sie auch die Gehirnkonnektivität verändern, und das Risiko für eine Depression erhöhen kann.
Bild: Emilian Robert Vicol
Veränderungen bei der Konnektivität
Die Studie analysierte die Gehirnscans von 105 Kindern im Alter zwischen 7 und 12 Jahren und fand heraus, dass in Armut lebende Kinder, Veränderungen bei den Verbindungen zwischen mehreren Schlüsselstrukturen im Gehirn aufweisen – im Vergleich zu Kindern, die aus Familien mit höherem Einkommen kommen.
Insbesondere zeigten die Kinder aus armen Familien eine veränderte Konnektivität zwischen dem Hippocampus, der bei Gedächtnis, Lernen und Stressverarbeitung eine wichtige Rolle spielt, und der Amygdala, die Stress und Emotionen verarbeitet, und anderen Bereichen des Gehirns.
Die Daten wurden mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie- (fMRT) Scans erfasst und ergaben:
Je höher das Ausmaß der Armut, desto schwächer waren die Verbindungen zwischen Hippocampus und Amygdala und dem Rest des Gehirns.
Höheres Depressionsrisiko
Weiterhin stellten die Forscher fest, dass ärmere Vorschulkinder wahrscheinlicher Symptome klinischer Depression erfahren, wenn sie im Schulalter sind.
Kinder, die in Armut aufwachsen, zeigen schlechtere Ergebnisse bei Kognition und Ausbildung, und haben auch ein höheres Risiko für die Entwicklung psychischer Erkrankungen – inkl. Depression und antisoziales Verhalten. Die Forscher nehmen an, dass Faktoren wie Stress, ungünstige Umgebungsbedingungen – wie Umweltgifte, Zigarettenrauch und schlechte Ernährung – zusammen mit anderen begrenzten Bildungsangeboten, zu Problemen im späteren Leben beitragen können.
Schlechte Aussichten
„Unsere vorherige Forschungsarbeit hat gezeigt, dass die Anatomie des Gehirns bei armen Kindern Anomalien bei Größe von Hippocampus und Amygdala aufweisen kann“, sagte Studienautorin Deanna Barch in der Zeitschrift The American Journal of Psychiatry. In dieser Studie haben die Forscher festgestellt, dass sich die Verbindungen mit den anderen Teilen des Gehirns verändern; und zwar so, dass es wohl weniger hilfreich für die Regulation von Emotion und Stress ist.
„Armut ist eine der stärksten Vorhersagevariablen für eine schlechtere Entwicklung von Kindern“, sagte Ko-Forscherin Joan Luby. Ob die in der aktuellen Studie entdeckten Veränderungen rückgängig gemacht werden können, bezweifelt sie.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Washington Universität, The American Journal of Psychiatry; Jan. 2016
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