- Test: Sind Sie abhängig von sozialen Medien?
- Süchtig nach sozialen Online-Netzwerken: Bestimmte Kombinationen von Persönlichkeitsmerkmalen machen anfälliger
- Übermäßiger Social Media Konsum ist vergleichbar mit Drogenabhängigkeit
- Entzug von Social Media
- Soziale Medien, Netzwerke und die Psyche
- Die Facebook-Sucht
- Weitere News / Forschungsartikel dazu
Test: Sind Sie abhängig von sozialen Medien?
Ein Selbsttest mit sechs Fragen
30.10.2016 Ja, Sie verbringen viel Zeit auf sozialen Medien. Sie überprüfen sogar Ihr Smartphone alle paar Minuten, um zu sehen, wie viele Leute Ihren letzten Facebook-Post geliked haben. Aber sind Sie abhängig? Und selbst, wenn Sie es sind, was macht es schon?
Die Obsession bringt auch Nachteile
Bild: Gerd Altmann
Dr. James Roberts – Professor für Marketing an der Baylor Universität und Experte bezüglich der Psychologie des Konsumenten-Verhaltens gerade auch im Umgang mit Handys und Smartphones, sagte: „Ja, die Technologien haben Vorteile. Aber unsere Obsession in Bezug auf Smartphones und das Leben, das wir über unsere sozialen Medienkanäle führen, kann auf Kosten unserer Beziehungen im realen Leben gehen.“
Sechs Kernbestandteile
Der Autor des Buches „Too Much of a Good Thing: Are you Addicted to your Smartphone?“ – (etwa: ‚Zuviel des Guten: Sind Sie abhängig von Ihrem Smartphone?‘) Roberts erklärt, dass Substanz- und Verhaltenssüchte sechs Kernbestandteile haben:
- Salience,
- Euphorie,
- Toleranz,
- Konflikt,
- Entzugserscheinungen und
- Rückfall.
Er stellt sechs Fragen und Aussagen, über die in einem Selbsttest überprüft werden kann, ob man hinsichtlich der eigenen Nutzung der sozialen Medien in die Nähe einer Abhängigkeit geraten ist.
Selbsttest
- Salience: Ist Ihre Nutzung der sozialen Medien tief in Ihr tägliches Leben integriert?Ich verwende soziale Medien wie Twitter, Facebook, Snapchat, Instagram oder Pinterest im Verlaufe des ganzen Tages.
- Euphorie: Bietet Ihnen der Gebrauch der sozialen Medien Aufregung, Spannung, Erregung im Laufe des Tages?Ich nutze soziale Medien, wenn ich mich langweile oder allein bin.
- Toleranz: Wenn Sie mehr Zeit auf, um einen ‚Kick‘ – ein Zufriedenheitsgefühl, eine Anregung – durch die sozialen Medien zu bekommen? Ich stelle fest, dass ich die sozialen Medien immer öfter verwende.
- Entzugserscheinungen: Werden Sie nervös, wenn Sie nicht in den sozialen Medien unterwegs sind? Ich habe Angst davor, etwas Wichtiges zu verpassen, wenn ich nicht in meinen sozialen Netzwerken unterwegs bin.
- Konflikt: Hat Ihnen die Nutzung der sozialen Medien schon mal Probleme gebracht?Meine soziale Mediennutzung hat schon zu einem Konflikt mit meinen Freunden geführt; oder hat mich in der Schule oder auf der Arbeit abgelenkt.
- Rückfall: Haben Sie schon einmal versucht ihre Nutzung der sozialen Netzwerke einzuschränken, sind aber gescheitert?Ich habe versucht, meine Zeit auf sozialen Medien einzuschränken, aber das hat nicht sehr lange angehalten.
Wenn Sie bei drei oder mehr dieser Fragen mit ‚Ja‘ geantwortet haben bzw. die Aussage darunter unterstützen können, müssten Sie eventuell Ihren Gebrauch der sozialen Medien überprüfen, sagte Roberts. „Aber seien Sie nicht zu sehr beunruhigt, es gibt Hoffnung.“
Der Trick
Roberts sagte, dass der Trick – den Klammergriff der sozialen Medien auf das eigene Leben zu lösen – ist, den „digital sweet spot“ (etwa: ‚den optimale Bereich‘) zu finden: der Punkt, an dem man noch ‚verbunden‘ ist, aber Zeit für Dinge im Leben hat, die wirklich wichtig sind.
„Sie, Ihre Beziehungen und Gemeinschaft sind die Grundlagen für ein glückliches und bedeutsames Leben“, sagte er. „Dies sind auch die ersten Dinge, die darunter leiden, wenn unser Leben aus dem Gleichgewicht kommt.“
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Baylor University; Okt. 2016
Süchtig nach sozialen Online-Netzwerken: Bestimmte Kombinationen von Persönlichkeitsmerkmalen machen anfälliger
26.03.2018 Eine auf der 51. Hawaii International Conference on Systems Science veröffentlichte Studie untersuchte, wie sich die gegenseitige Beeinflussung von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen auf die Wahrscheinlichkeit auswirken kann, eine Sucht nach sozialen Netzwerken im Internet zu entwickeln.
Isaac Vaghefi vom psychologischen Fachbereich der Binghamton Universität und Hamed Qahri-Saremi von der DePaul Universität erfassten selbstberichtete Daten von fast 300 Studenten im College-Alter und fanden heraus, dass insbesondere drei Persönlichkeitsmerkmale mit der Abhängigkeit von sozialen Medien – wie Facebook, Instagram etc. zusammenhängen: Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit.
Bild: Gerd Altmann
Diese drei Persönlichkeitsmerkmale sind Teil des Fünf-Faktor-Persönlichkeitsmodells (Big Five), einem etablierten Rahmen, der dazu dient, die menschliche Persönlichkeit zu definieren.
Die Forscher fanden heraus, dass die beiden anderen Merkmale des Modells – Extraversion und Offenheit für Erfahrungen – keine große Rolle bei der Wahrscheinlichkeit spielen, dass sich eine Sucht nach den sogenannten Social Media entwickelt.
Zusätzlich zur Überprüfung der Effekte, den die einzelnen Merkmale hatten, testeten die Wissenschaftler, wie die Persönlichkeitseigenschaften miteinander interagieren, wenn sie sich auf die Abhängigkeit von sozialen Online-Netzwerken beziehen.
Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit
Die Persönlichkeitszüge Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit haben für sich allein genommen direkte negative und positive Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit, eine soziale Netzwerksucht zu entwickeln.
Die Forscher stellten fest, dass Neurotizismus (das Ausmaß, in dem Menschen negative Emotionen wie Stress und Angst empfinden) die Wahrscheinlichkeit für eine Abhängigkeit von der Nutzung der sozialen Online-Netze erhöhte.
Andererseits schien ein höheres Maß an Gewissenhaftigkeit (Impulskontrolle und der Drang, bestimmte Ziele zu erreichen) die Wahrscheinlichkeit dafür zu verringern.
Zusammen genommen schien Neurotizismus die Wirkung von Gewissenhaftigkeit zu verringern in Bezug auf die Online-Sucht.
War jemand gleichzeitig hochneurotisch und gewissenhaft, konnten die Forscher trotzdem feststellen, dass selbst die Fähigkeit zur Selbstdisziplin und das Festhalten an Zielen bei gestressten und ängstlichen Personen die wahrgenommene Kontrolle, die er / sie über die Nutzung sozialer Netzwerke hat, nicht aufrechterhalten konnten.
Dieser Einfluss könnte dazu führen, dass eine gewissenhafte Person eher eine Sucht nach Social-Networking-Seiten entwickelt.
Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit
Die Forscher fanden ebenfalls heraus, dass die Verträglichkeit allein – das Maß, in dem jemand freundlich, einfühlsam und hilfsbereit ist – keinen signifikanten Einfluss auf die Abhängigkeit von den sozialen Medien hat – aber das änderte sich, wenn man die Persönlichkeitseigenschaft mit Gewissenhaftigkeit kombinierte.
Eine Kombination auf niedrigem Niveau von Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit (jemand kann sowohl allgemein unsympathisch als auch verantwortungslos sein) steht oft in Verbindung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Suchtverhalten in Bezug auf die Nutzung der sozialen Netzwerkdienste.
Aber seltsamerweise korrelierte auch die Kombination hoher Werte von Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit damit.
Vaghefi schreibt, dass dieser unerwartete Befund aus einer Perspektive der „rationalen Sucht“ erklärt werden könnte, was bedeutet, dass einige Nutzer bewusst öfter ein soziales Netzwerk nutzen, um den wahrgenommenen Nutzen zu maximieren.
Z.B. könne eine angenehme und freundliche Person eine sehr gewissenhafte Entscheidung treffen, die sozialen Medien mehr zu nutzen, um sich mit ihren Freunden auszutauschen, da sie es zu einem bewussten Ziel macht, diese Beziehungen durch den Einsatz der sozialen Netze zu fördern.
Das ist einzigartig, denn diese Sucht wäre nicht das Ergebnis von Irrationalität oder fehlender Impulskontrolle, wie es oft mit Süchten in Verbindung gebracht wird. Vielmehr würde eine Person durch einen rationalen und wohlmeinenden Prozess eine Abhängigkeit entwickeln, schließen die Psychologen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Binghamton Universität; 51. Hawaii International Conference on Systems Science
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Jetzt stellt sich mir nur die Frage, ob die Persönlichkeitsmerkmale selber einen Einfluss auf das Abhängigkeitsrisiko haben, oder ob man generell schnell abhängig werden kann und die Persönlichkeit eher bestimmt, wie viel Zeit man an sozialen Netzwerken verbringt – also nur indirekt die Abhängigkeit fördert.