Kokainabhängigkeit, Kokainsucht und die Psyche

Gehirnschwund; Verlust an grauer Gehirnmasse

Die Gehirne von kokainabhängigen Personen zeigen einen beschleunigten Verlust an grauer Substanz verglichen mit den Gehirnen nicht Abhängiger.

Die Studie wurde online am 24. April in Molecular Psychiatry herausgegeben.

Beschleunigtes Altern bei Kokain-Abhängigen

Karen D. Ersche, Ph.D. von der Universität von Cambridge im Vereinigten Königreich und Kollegen zeigten Gehirn-„Karten“ altersgebundener Änderungen der grauen Substanz, die mit Hilfe von strukturellen Kernspin-Tomographie-Gehirnscans erstellt wurden; diese waren mit voxel-basierter Morphometrie analysiert worden.

Zu den Teilnehmern zählten 60 Erwachsene (18 bis 50 Jahre alt), die standarddiagnostischen Kriterien für Kokainabhängigkeit entsprachen, und 60 Vergleichspersonen, im Alter, Geschlecht und verbalem IQ vergleichbare Erwachsene ohne Vorkommnisse von Drogenmissbrauch oder schweren psychiatrischen Krankheiten in ihrem Leben.

Die Forscher fanden heraus, dass, während alle Erwachsenen altersgebundene Reduktionen der kortikalen und subkortikalen grauen Substanz hatten, die Kokainsüchtigen insgesamt ungefähr eine doppelt so hohe Rate zeigten, mit der das Volumen der grauen Substanz abnahm im Vergleich zu den gesunden Freiwilligen (3,08 vs. 1,69 ml pro Jahr).

Der altersgebundene Verlust war bedeutend größer bei Kokain-Abhängigen gegenüber gesunden Personen (P = 0,031), und dies blieb auch so nach dem Ausschluss derjenigen mit komorbider Alkoholabhängigkeit (P = 0,013). Der beschleunigte Verlust an grauer Substanz war größer in den präfrontalen und temporalen Regionen, während Teile des Striatums gegen den altersgebundenen Verlust immun schienen.

Anormales Altern bei chronischen Kokain-Konsumenten ist eine neue Gefahr im Gundheitswesen, die nur wenig Aufmerksamkeit erhalten hat, schreiben Ersche und seine Kollegen. Es sollten die psychologischen und physiologischen Herausforderungen des beschleunigten Alterns bei Menschen mit langfristiger Kokain-Abhängigkeit beachtet werden, um altersentsprechende Behandlungen für ältere Drogenbenutzer zu schaffen und zur Verfügung stellen zu können.

Die Studie wurde von GlaxoSmithKline finanziert; zwei Autoren offenbarten finanzielle Beziehungen zu mehreren Pharmakonzernen, einschließlich GlaxoSmithKline.

Quelle: Journal of Clinical Nursings. Mai 2012

Glaukom – Grüner Star

Kokainkonsumenten haben eine 45 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit einen grünen Star – genauer ein Offenwinkelglaukom – zu entwickeln, die am häufigsten vorkommene Form einer Augenkrankheit laut einer neuen Studie.

Offenwinkelglaukom

Die Studienautoren sagen, dass Kokain-Konsumenten, die die Erkrankung entwickelten, fast 20 Jahre jünger sind als Grüner-Star-Patienten, die kein Kokain konsumierten. Die Befunde sollten Ärzten helfen können, neue Behandlungen für die Krankheit zu entwickeln, die gegenwärtig die zweithäufigste Ursache für Blindheit in den Vereinigten Staaten ist.

Der Verbindung zwischen illegalen Drogenmissbrauch mit Offenwinkelglaukomen benötigt weitere Studien, aber, wenn die Beziehung bestätigt wird, könnte dieses Wissen zu neuen Strategien führen, um den Verlust des Augenlichts zu verhindern, sagte Hauptauthor Dustin French, Forscher am Center of Excellence on Implementing Evidence-Based Practice am Department of Veterans Affairs in Indianapolis, in einer Pressemitteilung.

Bei der Durchführung der Studie, die in der Septemberausgabe des Journal of Glaucomas herausgegeben wurde, überprüften die Forscher Daten von 5,3 Millionen Männern und Frauen, die in den Department of Veterans Affairs Polikliniken im Verlauf eines Jahres gesichtet wurden.

Etwa 1,5 Prozent der Patienten der Studie hatten grünen Star. Über den gleichen zeitlichen Rahmen hatten etwa 3,3 Prozent aller Patienten in den Polikliniken Kokain konsumiert.

Obwohl die Studie nicht belegt, dass der Konsum von Kokain Glaukom verursacht, schliessen die Forscher, dass es ein bedeutend höheres Risiko für dieses Augenleiden bei Kokainbenutzern gibt – besonders seitdem die Menschen normalerweise im Teenageralter oder 20ern sind, wenn sie beginnen, Drogen zu nehmen.

Die Autoren der Studie bemerkten, dass mehr Forschung benötigt wird, um die Langzeitwirkungen des Kokain-Konsums auf die Entwicklung des grünen Stars zu erkunden.
Quelle: Journal of Glaucomas, Okt. 2011

Herzschäden durch Kokainkonsum

Vermehrter Kokainkonsum kann zu Herzschäden führen, ohne dass es zu Symptome kommt laut einer neuen Studie.

‚Stille‘ Herzschäden

Forscher beurteilten die Herzgesundheit von 30 Langfrist-Kokainbenutzern, durchschnittliches Alter 37, die ein Drogen-Rehabilitationsprogramm durchführten – 48 Stunden, nachdem sie Kokain konsumierten. Sie hatten Kokain im Durchschnitt 12 Jahre und etwa 5,5 Gramm Kokain pro Tag konsumiert.

Schnupfen / Schniefen bzw. das Kokain durch die Nasenschleimhäute aufnehmen war am üblichsten, aber 10 sagten, dass sie Kokain intravenös injizierten, und zwei sagten, dass sie es rauchten (Crack – Kokain).

Mehr als die Hälfte dieser Süchtigen sagten aus, dass sie auch andere Substanzen wie Heroin und Alkohol zu sich nahmen, und einer von fünf war mit Hepatitis C oder HIV infiziert.

Die Herzfunktion war normal bei den täglichen Kokainkonsumenten, aber 12 hatten lokale Anomalien, 83 Prozent hatten strukturelle Schäden und 47 Prozent Schwellungen (Ödeme) in der unteren linken Kammer. Ödeme waren mit größerem Kokainverbrauch verbunden.

Die Forscher stellten auch fest, dass 73 Prozent der Süchtigen Herzgewebe-Vernarbungen (Fibrosen) hatten, verursacht möglicherweise durch einen stillen Herzinfarkt oder toxischen Schaden.

Ödeme sind Indikatoren für neuere Schäden und reversibel, aber Fibrosen nicht, sagten die Forscher.

Die Studie erschien online am 21. Juni in der Zeitschrift Heart.

Bei etwa einem von fünf Kokainsüchtigen zeigen Autopsiestudien Myokarditis, Entzündungen des Herzmuskels laut der Zeitschriftenpressemitteilung. Und unter Personen, jünger als 45, sind ein Viertel der nicht-tödlichen Herzinfarkte mit Kokain verbunden, sagten die Autoren.
Quelle: Heart, Juli 2011

MicroRNA ruft Kokainabhängigkeit hervor

Forscher berichten, dass sie winzige Moleküle entdeckt haben, die Kokainabhängigkeit bei Ratten hervorzurufen scheinen und dieselbe Wirkung bei Menschen haben könnten.

Die Befunde, berichtet in der 8 Juli Ausgabe der Zeitschrift Nature, sind vorläufig, aber sie „versprechen Gutes für die Entwicklung einer völlig neuen Klasse von Anti-Sucht-Medikamenten“, sagte Studiensenior und Autor Paul J. Kenny, außerordentlicher Professor am Scripps Research Institute in Jupiter, Fla.,USA, in einer Pressemitteilung des U.S. National Institute on Drug Abuse (NIDA), welches die Studie finanzierte.

MicroRNA

Die Moleküle, bekannt als microRNA, sind ein Teil der RNA und helfen dem Körper, die genetischen Anweisungen der DNS zu befolgen.

In der Studie gaben Forscher Ratten Kokain und entdeckten, dass es bestimmte Sequenzen der MicroRNA im Gehirn erhöhte. Die Ratten hatten eine größere Abneigung gegen Kokain, wenn sich das Niveau höherschraubte, und je niedriger das Niveau der MicroRNA, desto größer war der Wunsch nach Kokain.

„Diese Studie verbessert unser Verständnis, wie Gehirnmechanismen zur Kokainabhängigkeit oder Resistenz gegenüber Kokain beitragen können“, sagte Dr. Nora D. Volkow, NIDA Direktorin, in der Pressemitteilung.

Warum manche süchtig werden und andere nicht

Die Befunde könnten helfen zu erklären, warum bestimmte Leute von Kokain abhängig werden – geschätzte 15 Prozent von jenen, die es versuchen, werden süchtig – während die meisten es nicht werden, bemerkten die Forscher.

Im Moment gibt es kein Antisuchtmedikament, um Kokainsüchtige zu behandeln, sagte Suchtspezialist Steven Shoptaw in einem Interview. Aber diese Forschungsstudie kommt mit einem Vorbehalt, fügte er hinzu: Kokainsucht bei Ratten kann nicht gleichgesetzt werden mit „der Komplexität der Kokainabhängigkeit bei Menschen“.

Andererseits „können“ die Befunde die ersten Schritte sein, den langen begehrten ‚Schalter‘ zu finden, der Kokain-Konsum in Kokainsucht verwandelt, sagte Shoptaw, Psychologe der University of California in Los Angeles.

Wenn die Forschung zu einem Anti-Sucht-Medikament führt, wird es immer noch eine Herausforderung sein, Leute davon zu überzeugen, es zu verwenden, sagte Suchtspezialist Dr. Adam Bisaga, außerordentlicher Professor der klinischen Psychiatrie am Columbia University College of Physicians and Surgeons in New York City.

„Selbst wenn wir ein wirksames Arzneimittel finden, muss es ein Medikament sein, das die Patienten bereit sind einzunehmen“, erklärte Bisaga.“
Quelle: Nature, Juli 2010

Warum Kokain-Benutzer glauben, sie seien gesellig und alles ist ‚toll‘

04.09.2015 Bereits eine Dosis Kokain reduziert die Wahrnehmung von Traurigkeit und Ärger.

Strukturformel von Kokain
Strukturformel von Kokain

Eine einzelne Kokaindosis kann die Fähigkeit beeinträchtigen, negative Emotionen wahrzunehmen laut einer auf der Konferenz des European College of Neuropsychopharmacology präsentierten Studie.

In einer placebokontrollierten Within-Subject-Studie (jeder Teilnehmer nimmt nacheinander sowohl Placebo als auch Wirkstoff) ließen Forscher aus den Niederlanden und Deutschland 24 Studenten (im Alter zwischen 19 und 27) – die wenig bis moderat Kokain benutzten – 300 mg Kokain oder ein Placebo oral einnehmen.

Nach 1 bis 2 Stunden machte jeder Teilnehmer eine Reihe biochemischer Tests, wie auch einen Erkennungstest für Gesichtsemotionen, um die Reaktion auf verschiedene Grundemotionen – wie Furcht, Ärger, Ekel, Traurigkeit und Fröhlichkeit – zu messen.

Erkennen von negativen Emotionen

Sie stellten fest, dass im Vergleich zu Placebo eine Einzeldosis Kokain sowohl eine gesteigerte Herzfrequenz verursachte als auch das Niveau des Stresshormons Cortisol steigerte. Außerdem erschwerte das Kokain das Erkennen von negativen Emotionen.

Teilnehmer, die eine stärkere Cortisolreaktion nach der Kokaineinnahme zeigten, waren weniger stark beeinträchtigt, negative Emotionen zu erkennen. Hatten sie Kokain eingenommen, verschlechterte sich ihre Leistung beim Erkennen von Traurigkeit und Ärger verglichen mit Placebo.

Studienautorin Dr. Kim Kuypers von der Maastricht Universität sagte, dass die verminderte Fähigkeit – negative Emotionen wie Ärger und Traurigkeit zu erkennen – beeinträchtigt, angemessen sozial zu interagieren. Aber es kann auch helfen, zu erklären, warum Kokainbenutzer über ein höheres Ausmaß an Geselligkeit berichten, wenn sie berauscht sind – aus dem einfachen Grunde, weil sie die negativen Emotionen nicht erkennen.

Die Befunde der Studie können Auswirkungen auf das Verständnis von psychischen Erkrankungen wie Depression und Schizophrenie haben, bei denen Dopamin auch bei der Erkennung von Emotionen eine Rolle spielen kann.

Außerdem haben die Befunde eine wichtige Rolle beim Kokainentzug – denn ohne Kokain fühlen sich die Kokainabhängigen wie andere Menschen und nehmen mehr negative Emotionen wahr.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Maastricht Universität, European College of Neuropsychopharmacology; Sept. 2015

News und Forschung

Beiträge zu “Kokainabhängigkeit, Kokainsucht und die Psyche”

  1. seit ueber 35 jahren kokain jede woche; ich nehme seit ubere 35 jahren ein oder zweimal die wocke kokain. das geschieht zusammen mit alkohol. je weniger alkohol ich trinke bzw nur bier trinke, vermindert sich die menge an kokain. im gegensatz dazu verursacht der konsum von hochprozentigem alkohol, zu groesseren mengen von kokain. es ist wie ein balanceakt. da ich gutsituiert bin, spielt geld keine rolle, und ist bestimmt der grund warum ich nicht aufhoeren moechte.

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