Empathie, Einfühlungsvermögen (Psychologie, Psyche)

Forschung und News zum Thema Empathie (Psychologie und Gehirn) – rationales Einfühlungsvermögen und emotionales Mitgefühl.

Empathie hilft Kindern, Sarkasmus zu verstehen

Je größer das Einfühlungsvermögen von Kindern, desto leichter fällt es ihnen, Sarkasmus zu verstehen laut einer neuen Studie.

Sarkasmus

Für Kinder kann es schwierig sein, sarkastische Sprache zu verstehen. Sie beginnen im Allgemeinen erst im Alter zwischen 6 und 8 ihn zu verstehen, insbesondere sarkastisches Lob wie „Vielen Dank (auch)!“ und „Das hast Du ja (wirklich) toll gemacht!“. Aber einige Kinder brauchen viel länger, um Sarkasmus zu entdecken.

In einer neuen Studie untersuchten Penny Pexman, Juanita Whalen und Andrew Nicholson, University of Calgary, ob die Unterschiede in den empathischen Fähigkeiten von Kindern zugrunde liegen könnten.

Die Forscher sahen sich insbesondere das Einfühlungsvermögen an, weil sie annahmen, dass man in der Lage sein muß, die Perspektive des Sprechers zu übernehmen, um Sarkasmus zu verstehen – nur so versteht man die Einstellung und Emotionen des Sprechers.

Ist Einfühungsvermögen erforderlich?

Die Studie stellte 31 Kindern im Alter von 8 und 9 eine Aufgabe, die überprüfte, ob sie Sarkasmus erkennen würden. Nachdem die Kinder eine Reihe von Puppenspielen beobachteten, die entweder sarkastisches oder nicht-sarkastisches Lob wiedergaben, wurden sie darum gebeten, einen „gemeinen“ Spielzeughai aufzuheben, wenn sie glaubten, dass die Marionetten sarkastisch gesprochen hatten oder eine „nette“ Ente, wenn das Lob ernst gemeint war.

Jedes Kind wurde 12-mal mit verschiedenen Marionetten und Szenarien getestet. Die Empathiefähigkeiten der Kinder wurden gesondert gemessen.

Die Kinder nahmen den Sarkasmus der Marionetten etwa bei der Hälfte der ‚Spiele‘ war, und Kinder mit relativ starken Einfühlungsvermögen waren besser darin. Kinder mit stärkeren empathischen Fähigkeiten waren fast doppelt so gut wie Kinder mit einem nicht so weit entwickelten Einfühlungsvermögen.

Ab welchem Alter verstehen Kinder Sarkasmus?

Anfangs untersuchten die Forscher eine Gruppe von 6-7jährigen Kindern, aber diese Altersgruppe zeigte so gut wie kein Erkennungsvermögen für Sarkasmus. Es hat also keinerlei Sinn, Kindern in dieser Altersgruppe sarkastisch ‚zu kommen‘.

Sarkastische Sprache – besonders in nicht vertrauten Formen – ist eine wirkliche Herausforderung für die meisten Kinder, erklärt Prof. Pexman.

„Diese Studie hilft uns, zu verstehen, warum einige Kinder besser mit dieser Herausforderung als andere umgehen, und liefert neue Einblicke über die Entwicklung dieses komplexen Aspekts der Erkennung von Emotionen“, fügt Pexman hinzu. „Sie versetzt uns auch in die Lage, Kindern besser helfen zu können, die Probleme mit dieser Herausforderung haben“.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Calgary; Okt. 2013

Erfahrungen lassen einen weniger mitfühlen

Kinder haben wahrscheinlich recht, wenn sie sich darüber beklagen, dass Eltern ihre Probleme nicht verstehen. Der Grund dürfte sein: Die Eltern fühlen nicht mehr das, was die Kinder fühlen.

Eine neue Studie der Duke University sagt: Je mehr Erfahrungen eine Person hat, desto schwerer fällt es ihr, sich in jene einzufühlen, die weniger Erfahrungen haben. Der Forscher Troy Campbell untersuchte in fünf Experimenten dieses Phänomen.

Lady Gaga

Im ersten ging es um Lady Gaga. „Als Fan von Lady Gaga fand ich es schon immer faszinierend, wie sehr andere Menschen von ihr schockiert sind“, sagt Campbell. Deshalb führte er eine Studie durch und fand heraus, dass, je mehr sich jemand an Lady Gaga ‚gewöhnt‘ hatte, desto weniger schockierend fand er sie. Doch gleichzeitig glaubte diese Person auch, dass andere sie ebenfalls nicht schockierend finden.

empathie

Er zeigte zwei unterschiedlichen Gruppen mehrere Male jeweils ein ’schockierendes‘ Foto von Lady Gaga. Dann bekamen beide Gruppen beide Fotos zu sehen und sollten entscheiden, welches der beiden Fotos am schockierendsten für Menschen wäre, wenn es zum 1.Mal angesehen würde.

Die Teilnehmer nahmen an, dass das ihnen mehrmals präsentierte Foto weniger schockierend wäre. Irrtümlich schlossen sie von sich auf andere: weil sie selbst nicht mehr von dem Foto schockiert waren, wären es andere bei der ersten Begutachtung auch nicht.

In einem anderen Experiment sollten Teilnehmer fünfmal denselben Witz aufschreiben. Nach dem 5. Mal fanden sie den Witz naturgemäß nicht mehr so lustig. Sie schätzten ihn weniger lustig (für andere) ein, als Teilnehmer, die ihn nur einmal niedergeschrieben hatten. Auch waren die fünfmaligen Abschreiber weniger geneigt, den Witz anderen zu erzählen.

Empathie ist nicht einfach

Campbell sagt, diese Experimente zeigen, dass Menschen nicht in der Lage sind, sich von ihren aktuellen Gefühlen zu lösen. Dies macht es schwieriger sich auf andere einzulassen, die ein Ereignis zum ersten Mal erleben.

„Wir alle gehen davon aus, dass erfahrende Menschen die perfekten Führer sind, aber wenn es um emotionale Dinge wie Musik, Witze und Schmerz geht, können ihre Erfahrungen sie voreingenommen machen“, sagte er. „Empathie ist nicht einfach, und zu viel Erfahrung kann die Sache noch schwieriger machen.“

© PSYLEX.de – Quellenangabe: „Too much experience: A desensitization bias in emotional perspective taking.“ Campbell, Troy; O’Brien, Ed; Van Boven, Leaf; Schwarz, Norbert; Ubel, Peter. Journal of Personality and Social Psychology, Vol 106(2), Feb 2014, 272-285. DOI: 10.1037/a0035148; Duke University, Feb. 2014

Mitgefühl fordert Tribut von (Kranken-)Pfleger/innen

Es ist eine Voraussetzung ihres Jobs, dass Krankenschwestern bzw. Pfleger ihre Patienten mitfühlend und fürsorglich behandeln.

krankenschwester
Krankenschwester (Symbolbild)

Jedoch fordert diese emotionale Verbindung einen Tribut vom Pflegepersonal, laut einer neuen Studie, die auf der jährlichen Tagung der British Psychological Society’s Division of Occupational Psychology vorgestellt wurde.

Professor Gail Kinman und Sandra Leggetter von der Universität Bedfordshire baten 351 Krankenschwestern darum, einen Fragebogen zu ihrem persönlichen Leben und ihrem Berufsleben auszufüllen.

Es stellte sich heraus, dass diejenigen, die ein hohes Niveau an Mitgefühl und Empathie (Einfühlungsvermögen) täglich zeigen mussten (weil sie vielleicht Hospiz- oder Kinderpflegerinnen waren), sich stärker emotional erschöpft fühlten, als diejenigen, die sich mehr entspannen konnten.

Diese abträgliche Wirkung auf ihr Wohlbefinden schwappte auch über in ihre Freizeit, was zu Problemen zuhaus und mit Familienmitgliedern führen kann.

„Wir sollten Interventionen entwickeln, die Krankenschwestern und Pflegern helfen, mitfühlend Patienten-zentriert zu arbeiten, während sie die emotionalen Grenzen aufrechterhalten, die ihr eigenes Wohlbefinden schützen“, sagte Professor Kinman.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Bedfordshire, Jan. 2014

Weniger Mitgefühl durch Schlafstörungen?

22.06.2015 Eine neue Studie legt nahe, dass Schlafstörungen das Einfühlungsvermögen – zumindest bei Dienstleistern im Gesundheitswesen – verringern und so zu ungünstigen klinischen Resultaten und medizinischen Fehlern führen können.

krankenpfleger

Die Ergebnisse zeigen, dass die schlafgestörten Teilnehmer (mehr als 8 auf dem Test ISI), deutlich schlechter bei allen vier Subskalen eines Empathie-Tests abschnitten, sagten die Forscher vom Fachbereich für Psychiatrie vom Penn State College in der Zeitschrift SLEEP.

Untersucht wurden 97 Teilnehmer, vorrangig aus den Berufen: Arzt, Pfleger, Krankenschwester, Apotheker, Röntgen- und Labortechniker.

Die Empathie wurde mit dem Interpersonal Reactivity Index (IRI) über vier Unterskalen gemessen:

Die Schlaflosigkeit wurde mit dem Insomnia Severity Index (ISI) erfasst.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Penn State College, Sleep; Juni 2015

Perspektivenübernahme verbunden mit Empathiefähigkeit

25.04.2017 Fällt die visuelle Perspektivenübernahme leichter, scheint auch die Fähigkeit zur Empathie vorhanden zu sein laut einer im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlichten psychologischen Studie.


Hält der Mann die Banane in der rechten oder linken Hand?
Die richtige Antwort erfordert die Übernahme der Perspektive
der abgebildeten Person. Bild: Ryan McGuire

Hat mein Gegenüber etwas in der rechten oder linken Hand (von ihm aus gesehen)? Fällt es mir leichter, mich visuell in die mich anblickende Person hineinzuversetzen, so sollte auch die Empathiefähigkeit ausgeprägter sein laut dem Studienautor Thorsten Erle vom Fachbereich für Sozialpsychologie an der Universtität Würzburg.

Zur Überprüfung dieser Annahme führte der Psychologe zusammen mit Koautor Sascha Topolinski einige Experimente mit 1.067 Teilnehmern zu Perspektivenübernahme und Einfühlungsvermögen durch.

Z.B. sollten die Probanden die visuelle Perspektive einer auf dem Computerbildschirm abgebildeten Person einnehmen (oder auch nicht einnehmen). Dann wurden von der unbekannten – auf dem Bildschirm abgebildeten – Person Wissensfragen (z.B.: Wie hoch ist der Kölner Dom?) beantwortet; diese sollten dann auch die Teilnehmer beantworten.

Visuelle Perspektive und Einfühlungsvermögen

Es zeigte sich, dass die Antworten der Probanden recht nah bei denen der abgebildeten Person lagen, wenn die Teilnehmer vorher deren Perspektive visuell übernommen hatten.

Hatten sie sich vorher nicht in deren Position versetzt, waren die Antworten der Studienteilnehmer viel weiter von den Annahmen der Computerperson entfernt.

Psychologe Erle folgert daraus, dass es einen Zusammenhang zwischen der räumlichvisuellen und der psychologische Übernahme einer fremden Perspektive gibt. „Wer sich rein visuell leichter in eine andere Person hineinversetzen kann, ist auch stärker zu Empathie fähig“, sagte er.

Die Psychologen fragen sich nun, ob ein Training der Empathiekompetenz möglich ist, wenn man nur oft genug versucht, visuell die Perspektive eines Gegenübers einzunehmen.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universtität Würzburg, Journal of Personality and Social Psychology – dx.doi.org/10.1037/pspa0000081; April 2017

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