ADHS: Risikofaktor für schwere psychische Probleme

Untersuchung der kausalen Zusammenhänge zwischen Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, psychischen Störungen und Suizidalität

ADHS: Risikofaktor für schwere psychische Probleme

06.09.2023 Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist ein unabhängiger Risikofaktor für mehrere häufige und schwerwiegende psychische Erkrankungen, so das Ergebnis einer in der Zeitschrift BMJ Mental Health veröffentlichten Studie.

Die Ergebnisse zeigen, dass ADHS mit schweren Depressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), der Essstörung Magersucht (Anorexia nervosa) und Suizidversuchen in Verbindung gebracht wird, weshalb die Forscher den Angehörigen der Gesundheitsberufe Wachsamkeit empfehlen, um diese Störungen später zu verhindern.

ADHS wurde zwar schon in Beobachtungsstudien mit Stimmungs- und Angststörungen in Verbindung gebracht, aber es ist nicht bekannt, ob die Erkrankung ursächlich mit anderen psychischen Störungen zusammenhängt.

Genetische Belege

Um dies herauszufinden, nutzten die Forscher Christa Meisinger und Dennis Freuer von der Universität Augsburg die Mendelsche Randomisierung (eine Technik, bei der genetische Varianten als Stellvertreter für einen bestimmten Risikofaktor – in diesem Fall ADHS – verwendet werden, um genetische Belege für ein bestimmtes Ergebnis zu erhalten) in dieser Studie für sieben häufige psychische Erkrankungen.

Diese waren: schwere klinische Depression, bipolare Störung, Angststörung, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Anorexia nervosa (Magersucht) und mindestens ein Suizidversuch.

Die Forscher setzten die Technik zunächst ein, um mögliche Zusammenhänge zwischen ADHS und den sieben psychischen Problemen festzustellen. Anschließend untersuchten sie, ob mit ADHS assoziierte Störungen möglicherweise für die in der ersten Analyse festgestellten Auswirkungen verantwortlich sind. Schließlich fassten sie die Daten aus beiden Analysen zusammen, um die direkten und indirekten Auswirkungen von ADHS zu berechnen.

Die Ergebnisse der Analyse zeigten, dass es keine Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang zwischen ADHS und bipolaren Störungen, Angststörungen oder Schizophrenie gibt.

Zusammenhang mit Anorexie, Depression, PTBS und Suizidgedanken

Es gab jedoch Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Anorexia nervosa (28 %) und Hinweise darauf, dass ADHS sowohl eine Ursache (9 % erhöhtes Risiko) als auch eine Folge (76 % erhöhtes Risiko) einer schweren klinischen Depression war.

Nach Bereinigung um den Einfluss der schweren Depression ergab sich ein direkter kausaler Zusammenhang mit Suizidversuchen (30 % erhöhtes Risiko) und PTBS (18 % erhöhtes Risiko).

Die Forscher weisen darauf hin, dass die Mendelsche Randomisierung zwar weniger anfällig für den Einfluss nicht erfasster Faktoren und die umgekehrte Kausalität ist als Beobachtungsstudien – wobei ADHS eine Folge der verschiedenen untersuchten Störungen sein könnte und nicht umgekehrt -, dass sie jedoch nicht ohne Einschränkungen ist.

So kann beispielsweise ein und dasselbe Gen mit verschiedenen Merkmalen in Verbindung gebracht werden, was es schwierig macht, die relevante kausale Wirkung zu bestimmen, so die Forscher. Es wurden nur Menschen europäischer Abstammung einbezogen, so dass die Ergebnisse möglicherweise nicht für andere Ethnien gelten.

Dennoch kommen die Forscher zu dem Schluss, dass ihre Ergebnisse Kliniker ermutigen sollten, bei der Behandlung von Menschen mit ADHS proaktiver vorzugehen.

„Diese Studie eröffnet neue Einblicke in die Zusammenhänge zwischen psychiatrischen Störungen. Daher sollten Patienten mit ADHS in der klinischen Praxis auf die in dieser Studie einbezogenen psychiatrischen Erkrankungen überwacht und gegebenenfalls Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden“, schreiben sie.

© Psylex.de – Quellenangabe: BMJ Mental Health (2023). DOI: 10.1136/bmjment-2022-300642

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