Achtsamkeitstherapie (Psychotherapie)
Psychotherapieformen – Behandlungsmethoden
Achtsamkeitstherapie ebenso wirksam wie Kognitive Verhaltenstherapie bei einer Reihe psychiatrischer Symptome
14.04.2017 Achtsamkeits-Gruppentherapie zeigt eine ebenso positive Wirkung wie individuelle KVT (Kognitive Verhaltenstherapie) bei der Behandlung von verschiedenen psychiatrischen Symptomen bei Patienten mit Depression, Angststörung und Stress-verknüpften Störungen. Wissenschaftler der Universität Lund veröffentlichten diese Befunde im Fachblatt European Psychiatry.
Achtsamkeitsgruppe
Der Bedarf nach Psychotherapie in der primären Gesundheitsfürsorge nimmt für Patienten mit psychischen Störungen zu. Jedoch ist individuelle Therapie kostspielig, und die Versorgung kann die Nachfrage nicht befriedigen.
Achtsamkeitstherapie in der Gruppe kann eine alternative brauchbare Behandlungsform sein, die eine gleichwertige Wirkung wie individuelle KVT bei vielen Symptomen in dieser Patientengruppe erreichen kann, sagte Studienautor Prof. Jan Sundquist.
Bereits in einer früheren Studie konnten die Forscher zeigen, dass Achtsamkeitstherapie in der Gruppe ebenso wirksam ist wie individuelle KVT bei der Behandlung von typischer Depression und Angstsymptomen.
Wirksamkeit
In der aktuellen Studie wurden 215 Patienten mit Depression, Angststörungen und Stress-gebundenen Störungen an 16 verschiedenen Gesundheitszentren im südlichen Schweden in einer randomisierten, kontrollierten Studie 8 Wochen behandelt.
Die Forscher untersuchten eine Reihe von psychiatrischen Symptomen (gemessen mit verschiedenen Fragebögen, wie z.B. mit der Symptomcheckliste 90, SCL-90), und wie sich diese Symptome während der Behandlung – entweder mit der Achtsamkeitsgruppentherapie oder mit individueller kognitiver Verhaltenstherapie – veränderten.
Die Ergebnisse zeigten, dass die durchschnittliche Punktezahl bei allen 15 verschiedenen Subskalen/Indizes bei den verschiedenen Fragebögen deutlich bei beiden Skalen abnahm.
Die verschiedenen Skalen maßen u. a. die Symptome von Depression, Generalisierter Angststörung, Stress und Somatisierung, Zwangsstörung, zwischenmenschliche Hochsensibilität, Aggression, phobische Angst, paranoide Gedanken und Psychotismus. Es gab keinen Unterschied bei der Behandlungswirkung zwischen den beiden Gruppen.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Lund, European Psychiatry – DOI: 10.1016/j.eurpsy.2017.01.328; April 2017
Wirkung der Komponenten
Forscher ‚demontierten‘ auf Achtsamkeit basierende Therapie, um herauszufinden, wie die einzelnen Komponenten funktionieren.
28.12.2017 Da auf Achtsamkeit beruhende Interventionen an Popularität gewonnen haben, sind einige auf diesem Gebiet arbeitende Wissenschaftler besorgt, dass die Evidenzgrundlage für solche Praktiken noch nicht robust genug ist.
Eine neue in Behaviour Research and Therapy veröffentlichte Studie zeigt, wie ein rigoroser Ansatz bei der Untersuchung achtsamer Behandlungen dazu beitragen kann, dass die Ansprüche wissenschaftlich abgesichert werden.
Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie
Ein Problem ist, dass achtsamkeitsbasierte Therapien manchmal Praktiken vermischen, was es schwierig macht zu messen, wie sich jede dieser Komponenten auf die Teilnehmer auswirkt. Um dieses Problem anzugehen, nahmen die Forscher eine häufige Behandlungsform für Stimmungsstörungen – eine auf Achtsamkeit basierende kognitive Therapie (Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (engl. Mindfulness Based Cognitive Therapy, MBCT) – und schufen eine kontrollierte Studie, die die beiden Hauptbestandteile isolierte.
Bild: John Hain
Zu dieser Therapieform gehören das offene Beobachten (open monitoring, kurz OM) – offenes und wertfreies Beobachten von negativen Gefühlen ohne emotionale Sekundärreaktion darauf – und die fokussierte Aufmerksamkeit (FA) – die Aufrechterhaltung des Fokus auf eine neutrale Empfindung, wie z.B. die Atmung, um sich von negativen Emotionen oder Ablenkungen zu lösen.
In der Studie verteilten die Forscher mehr als 100 Personen mit leichter bis schwerer Depression, Angststörungen und Stress zufällig auf einen von drei achtwöchigen Kursen: Eine Gruppe erhielt eine standardisierte MBCT mit der typischen Mischung aus OM und FA. Die beiden anderen Gruppen erhielten jeweils eine Intervention, bei der nur OM oder nur FA zum Einsatz kamen.
In jeder anderen Hinsicht – Zeit des Kurses, Trainingszeit zu Hause, Ausbildung und Fähigkeiten der Instruktoren, Eigenschaften der Teilnehmer, Anzahl der Handouts – waren alle Gruppen vom Design her vergleichbar.
Zu Beginn und am Ende des Kurses beantworteten die Probanden eine Reihe standardisierter Fragebögen – einschließlich Skalen, die ihre selbstberichteten Fähigkeiten maßen, einige der Schlüsselkompetenzen zu erreichen, von denen angenommen wurde, dass sie sich verbessern würden.
Wirkung von fokussierter Aufmerksamkeit
Wenn die Forscher signifikante Unterschiede zwischen der FA-Gruppe und der OM-Gruppe in Bezug auf die Fähigkeiten beobachten würden, die jede beeinflussen sollte, dann gäbe es Belege dafür, dass die Praktiken diese Fähigkeiten einzigartig verbessern, wie die Anbieter dieser Interventionen oft behaupten.
Die verschiedenen Praktiken hatten unterschiedliche Fähigkeiten und Mechanismen, wie vorhergesagt, in Anspruch genommen.
Die FA-allein-Gruppe zum Beispiel berichtete über eine viel größere Verbesserung der Fähigkeit, die Aufmerksamkeit bewusst zu verlagern bzw. zu fokussieren als die OM-allein-Gruppe (aber nicht die MBCT-Gruppe, die ebenfalls ein FA-Training erhalten hat).
Wirkung von offenem Beobachten
Dagegen war die OM-allein-Gruppe deutlich besser als die FA-allein-Gruppe (aber nicht die MBCT-Gruppe) in der Fähigkeit, nicht auf negative Gedanken zu reagieren.
Wenn Training in fokussierter Achtsamkeit die Aufmerksamkeitskontrolle fördert und das Üben von offener Beobachtung die emotionale Nicht-Reaktivität fördert, dann können die Anwender den Anteil jeder Einzelübung ändern, um ihre individuellen Bedürfnisse für jede Fähigkeit zu erreichen, sagte Studienautor Willoughby Britton von der Abteilung Psychiatrie und menschliches Verhalten an der Brown Universität.
Dies ist der erste Schritt zu einem evidenzbasierten Ansatz der personalisierten Medizin zur Achtsamkeitstherapie, schloss er.
© PSYLEX.de – Quellenangabe: Brown Universität; Behaviour Research and Therapy – DOI: 10.1016/j.brat.2017.09.010; Dez. 2017
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