Schlafstörungen, Schlaflosigkeit: Gehirn

Schlafstörungen, Schlaflosigkeit: Gehirn

Psychische Probleme – Schlafprobleme

Schlafmangel und Folgen fürs Gehirn

Schon eine Nacht ohne Schlaf kann Gehirn schädigen

06.01.2014 Eine neue Studie zeigt, dass schon eine Nacht ohne Schlaf die Blutkonzentrationen der Proteine NSE und S-100B (welche eine Hirnschädigung anzeigen können) am nächsten Morgen erhöhen kann.

Schon eine Nacht ohne Schlaf kann Gehirn schädigen
Regelmäßiger Schlaf schützt das Gehirn

Schlafentzug fördert neurodegenerative Prozesse

Forscher der Uppsala Universität in Schweden sagen, dass die Zunahme der Konzentration dieser Moleküle im Blut indizieren kann, dass Schlafmangel zum Verlust an Hirngewebe beitragen kann.

Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler 15 gesunde Männer. In einem Experiment bekamen die Teilnehmer für eine Nacht keinen Schlaf, im anderen schliefen sie etwa acht Stunden in der Nacht.

„Wir beobachteten, dass eine Nacht totalen Schlafentzugs gesteigerte Blutkonzentrationen von NSE und S-100 B auslöste“, sagte der Leiter der Studie Christian Benedict vom Fachbereich für Neurobiologie der Universität.

Hirnschäden bei erhöhten NSE/S100 Proteinen

NSE (neuronenspezifische Enolase) ist ein Enzym des Glucose-Stoffwechsels. S100-Proteine zählen zur Familie der kalzium-bindenden Proteine.

„Diese Gehirnmoleküle nehmen normalerweise im Blut zu, wenn es zu einem Hirnschaden gekommen ist. Unsere Befunde zeigen also an, dass Mangel an Schlaf neurodegenerative Prozesse fördern kann.“

„Die Ergebnisse unserer Studie weisen darauf hin, dass ein gesunder Nachtschlaf entscheidend für die Aufrechterhaltung der Gesundheit unseres Gehirns ist“, sagte er.

Die Studie wurde in der Zeitschrift SLEEP herausgegeben.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Uppsala Universität, Jan. 2014

Schlechter Schlaf verbunden mit Hirnatrophie (Gehirnschrumpfung)

13.09.2014 Eine schlechte Schlafqualität ist langfristig mit einem Rückgang der grauen Substanz im Gehirn verbunden, laut einer aktuellen Studie.

Forscher der Oxford Universität stellten bei schlecht schlafenden Erwachsenen eine raschere Verringerung des Volumens in drei Teilen des Gehirns fest. Die Schlafprobleme beinhalteten: Schwierigkeiten einzuschlafen, durchzuschlafen oder zu früh aufzuwachen, berichteten die Wissenschaftler in der Zeitschrift Neurology.

Jedoch sei noch nicht klar, ob die schlechte Schlafqualität die Gehirnschrumpfung bewirken würde oder ob es sich umgekehrt verhält.

„Dies ist ein wirklich wichtiger Befund, weil wir versuchen herauszufinden, welche Auswirkungen Schlaf hat und warum es so wichtig ist, dass wir ausreichend bekommen“, sagte Studienautorin Claire Sexton.

Für die Studie sammelten die Forscher über mehrere Jahre Daten von 147 Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 84.

Die Studienteilnehmer wurden im Abstand von 3,5 Jahren einem MRT-Scan unterzogen und berichteten über ihren Schlaf: wie lange sie schliefen, wie lange sie brauchten, um einzuschlafen und ob sie Schlafmedikamente verwendeten.

Sextons Team stellte fest, dass Teilnehmer mit Schlafproblemen einen schnelleren Rückgang des Gehirngewebes in einigen Regionen zeigten. Die Befunde waren gravierender bei Teilnehmern, die 60 Jahre oder älter waren.

„Eine schlechte Schlafqualität stand mit einem reduzierten Volumen innerhalb des frontalen Cortex (superior) und einer größeren Atrophierate im frontalen, temporalen und parietalen Cortex im Zusammenhang“, sagten die Forscher.

Um den Schlaf zu verbessern, empfahl Sexton, eine Zubettgehroutine und jeden Tag zur gleichen Zeit schlafen zu gehen.

© PSYLEX.de – Quelle: Neurology / Oxford Universität, September 2014

Warum das übermüdete Gehirn alles bedrohlicher wahrnimmt

18.07.2015 Forscher fanden in einem Experiment heraus, dass Schlafmangel aus ‚Freunden‘ ‚Feinde‘ machen kann.

Erkennen der Mimik

Ein neue UC Berkeley Studie zeigt, dass Schlafmangel unsere Fähigkeit abstumpft, präzise den Gesichtsausdruck anderer Menschen zu erfassen. Dieses Defizit kann ernste Folgen haben wie z.B.: Nicht erkennen, ob ein Kind krank ist oder Schmerzen hat, oder dass man einem potentiellen Angreifer gegenübersteht.

Die emotionalen Ausdrucksformen von jemand anderem zu erkennen, beeinflusst, ob man sich mit ihm einlässt und wie man mit ihm spricht und wie er mit Ihnen interagiert, sagte Studienautor und Psychologie-Professor Matthew Walker im Journal of Neuroscience.

Unsere Befunde sind besonders beunruhigend, wenn man bedenkt, dass zwei Drittel der Menschen in den Industrienationen nicht ausreichend Schlaf bekommen, fügte er hinzu.

Für den Versuch betrachteten 18 gesunde junge Erwachsene 70 Gesichtsausdrücke (freundlich bis drohend) – einmal nach einer gut durchschlafenden Nacht und einmal nach 24h ohne Schlaf. Die Forscher scannten die Gehirne der Teilnehmer und maßen ihre Herzfrequenzen, während sie sich die Fotos mit den verschiedenen Gesichtsausdrücken ansahen.

Fehlfunktionen zwischen Hirn und Herz

Die Gehirnscans ergaben, dass das übermüdete Gehirn nicht zwischen bedrohlichen und freundlichen Gesichtern unterscheiden konnte, insbesondere in den Regionen der vorderen Insula und dem anterioren cingulären Cortex, die für die Wahrnehmung von Emotionen verantwortlich sind.

Außerdem reagierten die Herzfrequenzen der schlafdeprivierten Studienteilnehmer nicht normal auf eine bedrohliche oder freundliche Mimik. Es zeigte sich auch eine Störung der neuralen Verbindung zwischen Gehirn und Herz, die dem Körper normalerweise ermöglicht, Distress-Signale wahrzunehmen.

„Schlafentzug scheint Körper und Gehirn zu trennen“, sagte Walker. „Sie können Ihrem Herzen nicht folgen.“

Alles scheint bedrohlicher

Als eine Folge des Schlafentzugs interpretierten die Teilnehmer mehr Gesichter, sogar die freundlichen oder neutralen als bedrohlich.

„Sie fielen durch unseren emotionalen Rorschach-Test“, sagte Walker. Unzulänglicher Schlaf beeinträchtigt unsere emotionale Welt negativ und lässt alles bedrohlicher aussehen. Dies kann erklären, warum schlafdeprivierte Menschen weniger sozial sind und sich einsamer fühlen.

Die Aufzeichnung der elektrischen Gehirnaktivität der Teilnehmer – während sie eine ganze Nacht schliefen – ergab auch etwas Positives. Die Forscher stellten fest, dass die Qualität des REM- oder Traumschlafs mit ihrer Fähigkeit in Beziehung stand, akkurat eine Mimik zu lesen. Eine frühere Forschungsarbeit von Walker hat herausgefunden, dass REM-Schlaf neurochemische Stress-Reaktionen reduziert und schmerzhafte Erinnerungen dämpft.

Je besser die Qualität des Traumschlafs ist, desto genauer sind Gehirn und Körper bei der Differenzierung von Gesichtsausdrücken, sagte Walker. REM-Schlaf scheint den ‚magnetischen Norden unseres emotionalen Kompasses‘ zurückzustellen. Diese Studie liefert weitere Belege für die Wichtigkeit eines guten, regelmäßigen Schlafs, schloss er.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of California Berkeley, Journal of Neuroscience; Juli 2015

Schlaflosigkeit verbunden mit Schäden an der Gehirnvernetzung

08.04.2016 Eine in der Zeitschrift Radiology veröffentlichte Studie einer Gemeinschaftsarbeit chinesischer und deutscher Forschungsinstitute untersuchte die Bahnen weißer Substanz im Gehirn und die Verbindung zwischen anormaler Integrität (Unversehrtheit) der weißen Substanz sowie Dauer und Eigenschaften der Schlaflosigkeit.

Mit Hilfe von hoch entwickelter MRT-Technik scannten die Forscher unter der Leitung von Shumei Li die Gehirne von 23 Patienten mit primärer Insomnie und 30 gesunden Kontrollpersonen, um die Wasserbewegungen entlang den Bahnen der weißen Substanz im Gehirn und damit einen Integritätsverlust (also eine Beschädigung) der Bahnen zu identifizieren.

Leitungsbahnen der weißen Substanz

Die Leitungsbahnen der weißen Substanz im Gehirn sind Axon-Bündel bzw. die langen Fasern der Nervenzellen – die Teile des Gehirns mit anderen verbinden, sagte Li. „Wenn diese Verbindungen beeinträchtigt werden, verschlechtert sich die Kommunikation zwischen den Gehirnregionen.“

Die Ergebnisse der Analyse zeigten, dass die unter Schlaflosigkeit leidenden Patienten im Vergleich zu den gesunden Kontrollen eine deutlich beeinträchtigte Integrität der weißen Substanz in mehreren Gehirnregionen der rechten Seite und dem Thalamus hatten, der Wachheit, Schlaf und Wachsamkeit reguliert.

Thalamus und Corpus callosum

„Diese beeinträchtigten Bahnen sind hauptsächlich an der Regulation des Schlafens und Wachens, der kognitiven und sensomotorischen Funktionen beteiligt“, sagt Li.

Außerdem waren die Anomalien im Thalamus und Corpus Callosum – der größten Struktur weißer Substanz im Gehirn – verbunden mit der Dauer der Schlaflosigkeit der Patienten und der mit einem Depressionstest gemessenen Depressivität.

Die Beteiligung des Thalamus an der Pathologie der Schlaflosigkeit ist besonders kritisch, da der Thalamus wichtige Bestandteile der biologischen Uhr des Körpers beherbergt, sagte Li.

Die Studie zeigte auch, dass die dem Integritätsverlust der weißen Substanz zugrundeliegende Ursache bei Insomniepatienten der Verlust des Myelins sein könnte – die schützende Ummantelung der Nervenfasern.

Die Forscher legen weitere Studien mit größerer Teilnehmerzahl nahe, um den Zusammenhang zwischen der veränderten Integrität an der weißen Substanz und Schlaflosigkeit zu klären.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Department of Medical Imaging, Guangdong No. 2 Provincial People’s Hospital, Radiology – DOI: http://dx.doi.org/10.1148/radiol.2016152038; April 2016

Schlaflosigkeit: Aktivität in bestimmten Gehirnregionen verändert

24.10.2016 Laut einer im Fachblatt Sleep veröffentlichten Studie der Universität Pittsburgh zeigen bestimmte Gehirnregionen – einschließlich denen, die bei Gedanken zur Selbstbeobachtung und Grübeln involviert sind – eine veränderte Aktivität bei Patienten mit Schlaflosigkeit (Insomnie).

In der bislang größten Studie ihrer Art mit 44 Patienten, die unter dieser Schlafstörung litten, und 40 guten Schläfern identifizierten Psychiatrie-Professor Dr. Daniel Buysse und Kollegen die Unterschiede in der Gehirnaktivität bei Schlafen und Wachen.

Unterschiedliche ‚Tiefen‘ des Schlafs


Bild: Gerd Altmann

Während Verwandte, Freunde und sogar Ärzte häufig die Symptome von Patienten mit Insomnie bagatellisieren, zeigen die neuen Befunde, dass Schlaflosigkeit eine Erkrankung mit neurobiologischen und psychologischen Ursachen ist, sagte Buysse.

Die Studie zeigt auch, dass die Gehirnaktivität während des Schlafes nuancierter ist als vorher angenommen, denn man hat in verschiedenen Regionen des Gehirns unterschiedliche ‚Tiefen‘ des Schlafs beobachten können.

Die Ergebnisse können helfen, gegenwärtige Behandlungen der Schlaflosigkeit wie Transkranielle Magnetstimulation und das Verständnis zu verbessern, warum Behandlungen wie Achtsamkeitsmeditation (s.a. Achtsamkeitsmeditation gegen Schlafstörungen) bei einigen Patienten wirksam sind.

Aktivitätsunterschiede in Schlaf- und Wachstadien

Die mit Hilfe von Positronenemissionstomographie (PET) generierten Daten demonstrieren relative Aktivitätsunterschiede in spezifischen Gehirnbereichen bei den Stadien des Schlafens und des Wachens zwischen schlafgestörten Patienten und guten Schläfern. Die Unterschiede können der verminderten Aktivität während des Wachens oder der erhöhten Aktivität während des Schlafens zugeschrieben werden, berichten die Wissenschaftler.

Die identifizierten Funktionsstörungen in den Gehirnregionen können zu bestimmten Symptomen bei Patienten mit Schlaflosigkeit führen – einschließlich Störungen der Selbstwahrnehmung und Stimmung, Gedächtnisdefiziten und Grübeln, sagen die Autoren.

Gestörte Gehirnregionen

Deutliche Unterschiede gab es in folgenden Hirnbereichen:

  • Precuneus / posterior cingulärer Cortex (G. cinguli),
  • linker mittlerer frontaler Gyrus,
  • linke untere / obere Parietallappen,
  • linke linguale / fusiforme / occipitale Gyri und
  • rechter Lingualgyrus.

Obwohl die Studie keine Ursache-Wirkungs-Beziehung ziehen kann, zeigen die Ergebnisse, dass Schlaf über verschiedene Teile des Gehirns nicht gleichmäßig einsetzt. Dies widerspricht der weitläufigen Ansicht, das komplette Gehirn würde während des Wachzustandes ‚on‘, und ‚off‘ während des Schlafes sein.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Pittsburgh, Sleep, DOI: 10.5665/sleep.6154; Okt. 2016

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