Wirksamkeit von Psychotherapie bei Suchterkrankungen: Motivation ist der Schlüssel
10.10.2023 Psychotherapeutische Ansätze sind bestenfalls moderat wirksam, wenn es darum geht, Menschen mit Drogenmissbrauch oder Suchtproblemen zu helfen, ihre Abhängigkeit zu reduzieren.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Metaanalyse der Forschungsliteratur, die von einem Forscherteam unter der Leitung von Alexandre Dumais, Professor am Department of Psychiatry and Addiction der Université de Montréal und Forscher am Institut universitaire en santé mentale de Montréal, durchgeführt wurde.
Ihre Ergebnisse wurden im Juni in der Zeitschrift Psychiatry Research veröffentlicht.
Das Team untersuchte 23 Metaanalysen von Studien mit Stichproben zwischen 130 und 33.000 Teilnehmern und versuchte, die Wirksamkeit verschiedener psychotherapeutischer Ansätze zur Behandlung des wiederholten Missbrauchs von Alkohol, Cannabis, Stimulanzien (Kokain, Amphetamine usw.), Opioiden (Morphin, Fentanyl usw.) und Anti-Angst-Medikamenten (Anxiolytika) zu bewerten.
Zu den bewerteten Ansätzen gehörten die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), das Kontingenzmanagement, die gutscheinbasierte Verstärkungstherapie, Motivationsgespräche und die Motivationsverstärkungstherapie.
Dumais‘ Team analysierte Studien, in denen die Wirksamkeit von Psychotherapien bis zu 12 Monate nach der Intervention erfasst wurde.
Psychotherapie bei Alkoholsucht, Alkoholproblemen
Für die Behandlung des Alkoholkonsums fanden sie heraus, dass Studien, die die Wirkung kurzer psychotherapeutischer Interventionen bei Jugendlichen und Erwachsenen untersuchten, eine geringe Verringerung der Häufigkeit und/oder der Menge des Alkoholkonsums in den ersten Monaten zeigten, aber die Dauerhaftigkeit der Wirkung nach 6 oder 12 Monaten war nicht klar.
Die KVT bewirkte keinen statistischen Unterschied in der Häufigkeit oder Menge des Alkoholkonsums, wenn sie allein angewandt wurde, und eine bescheidene Wirkung, wenn sie mit Motivationsgesprächen kombiniert wurde.
Cannabisabhängigkeit
Bei der Cannabisabhängigkeit hatten kurze psychotherapeutische Interventionen eine vernachlässigbare Wirkung, während die KVT in Kombination mit motivierenden Ansätzen die Häufigkeit des Konsums vier Monate nach der Intervention mäßig reduzierte.
Abhängigkeit von Stimulanzien, Amphetaminen, Benzodiazepine
Bei der Abhängigkeit von Stimulanzien wurde in einigen Studien festgestellt, dass die KVT die Anzahl der Tage, an denen die Teilnehmer im Laufe eines Monats Amphetamine konsumierten, verringerte, während das Kontingenzmanagement den Stimulanzienkonsum während der Intervention verringerte, die Abstinenz jedoch in den folgenden Monaten nicht aufrechterhalten wurde.
Schließlich hatten motivierende Ansätze keinen signifikanten Effekt auf den Benzodiazepin-Missbrauch, während KVT in Kombination mit einer allmählichen Reduzierung der Benzodiazepin-Dosen es einigen Probanden ermöglichte, die Abstinenz für bis zu drei Monate aufrecht zu erhalten.
Positive kurzfristige Veränderung
„Die untersuchten Studien deuten zwar darauf hin, dass Psychotherapien auf lange Sicht keine wesentlichen Verbesserungen bewirken, aber „sie können kurzfristig positive Veränderungen bewirken“, so Dumais.
Er wies darauf hin, dass die Wirksamkeit psychotherapeutischer Ansätze von der Erfahrung, der Ausbildung und den Fähigkeiten der Therapeuten beeinflusst werden kann, was zu erheblichen Schwankungen bei der Durchführung von Suchtbehandlungen führen kann.
Da die Studien eine durchschnittliche Abbrecherquote von 30 % meldeten, ist die Motivation ein wichtiger Faktor, um positive Ergebnisse in der Suchtbehandlung zu erzielen, so Dumais.
„Die Ergebnisse unseres Metareviews zeigen, dass einige Ansätze trotz bescheidener Ergebnisse funktionieren und einen Versuch wert sind“, schloss er. „Es ist am besten, mit moderaten Erwartungen an eine Suchttherapie heranzugehen, aber das Wichtigste ist, dass man sich Hilfe holt und motiviert ist, sein Verhalten zu ändern.“
© Psylex.de – Quellenangabe: Psychiatry Research (2023). DOI: 10.1016/j.psychres.2023.115318
News zu Psychotherapie bei Suchterkrankungen
- Wirksamkeit von Psychotherapie bei Suchterkrankungen: Motivation ist der Schlüssel
- KVT gegen Craving
- Kognitive Verhaltenstherapie bei depressiven Drogenabhängigen
- Weitere News- / Forschungsartikel dazu
Kognitive Verhaltenstherapie bei Drogensucht
Suchterkrankungen: Sucht und Abhängigkeit
Ein Yale University Forscher hat gezeigt, dass Raucher lernen können das Verlangen (Craving) mit kognitiver Verhaltenstherapie zu reduzieren. Dies gilt auch bei anderen Drogensüchten.
Kognitive Therapie gegen Craving
Kognitive Techniken scheinen das Bedürfnis nach einer Zigarette oder anderen Drogen dadurch zu vermindern, indem die Aktivität in zwei separaten, aber verbundenen Bereichen des Gehirns reguliert wird.
Raucher, die kognitive Strategien lernen, wie: über die langfristigen Folgen des Rauchens nachzudenken, zeigen gesteigerte Aktivität im präfrontalen Cortex, einem Bereich des Gehirns, der verbunden ist mit kognitiver Kontrolle und rationalen Gedanken.
Sie zeigen auch verminderte Aktivität in Bereichen des Striatums, einem Bereich des Gehirns, der mit dem Verlangen nach Drogen und Belohnung suchendem Verhalten verbunden ist, laut der online herausgegebenen Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences.
Kontrolle des Verlangens
“Dies zeigt, dass Raucher ihr Verlangen wirklich kontrollieren können; ihnen muss nur gesagt werden wie es zu tun ist”, sagte Hedy Kober, Assistenz-Professor der Psychiatrie an der Yale School of Medicine und Hauptautor des Papiers.
Craving bzw. Verlangen ist der Auslöser, der oft dazu führt, in die Sucht zurückzufallen, was ökonomische und soziale Lasten mit sich bringt.
Zigarettenrauchen allein verursacht 400.000 Todesfälle pro Jahr in den USA (mehr als alle verbotenen Drogen und Alkohol zusammen).
Einige Experten sagen, dass Drogensüchtige Beeinträchtigungen in Bereichen des präfrontalen Cortex zeigen, welcher u. a. Emotionen kontrolliert.
Kognitive Therapie bwz. Verhaltenstherapie
Aber zumindest bei Rauchern scheint dies nicht der Fall zu sein. Dieser Bereich des Gehirns zeigte gesteigerte Aktivität und Raucher berichteten über weniger intensives Verlangen bei der Verwendung von kognitiven Strategien.
Kognitive Verhaltenstherapie scheint als ein wirksames Werkzeug beim Behandeln einer Vielfalt psychischer Störungen zu sein, einschließlich Drogenmissbrauch. Die neue Studie zeigt, warum dieser Ansatz wirksam ist, sagte Kober.
“Wir sehen keine Beeinträchtigung im präfrontalen Cortex, die darauf hinweist, dass das Gehirn andere Regrionen zur Kontrolle einsetzt, um Craving zu reduzieren”, sagte Kober.
Quelle: Yale University, August 2010
Kognitive Verhaltenstherapie bei depressiven Drogenabhängigen
Eine neue Studie sagt, dass kognitive Verhaltenstherapie – eine Psychotherapieform, die sich problemlösend orientiert – Depressiven in Behandlungsprogrammen für Drogen- und Alkoholmissbrauch helfen kann.
Die Studie ist in der Juni-Ausgabe des Archives of General Psychiatrys erschienen.
Viele Menschen mit Substanzmissbrauchsstörungen und Depression erhalten keine Behandlung für beide Erkrankungen. Die Folgen dieses unerfüllten Bedarfs sind groß, schreiben die Autoren der Studie. Die wechselseitige Natur der zwei Störungen führt zu schlechteren Depressions- und Drogenmissbrauchs-Behandlungsergebnissen verglichen mit den Ergebnissen, wenn nur eine Störung vorhanden ist.
Die Forscher, angeführt von Dr. Katherine E. Watkins von der RAND Corp., untersuchten Patienten in Einrichtungen des Gesundheitswesens in Los Angeles zwischen 2006 und 2009. Alle vier Monate wechselten die Einrichtungen zwischen regelmäßiger Standardbehandlung gegen Drogenmissbrauch und Standardbehandlung plus kognitiver Verhaltenstherapie, welche zum Ziel hat, dysfunktionales Verhalten zu ändern, indem sie die Art verändert, wie die Erkrankten über Dinge nachdenken.
Etwa 300 Patienten nahmen teil; die meisten waren schwer depressiv.
Nach drei Monaten hatten fast 56 Prozent derjenigen in der Gruppe mit zusätzlicher Behandlung minimale Depressionssymptome, verglichen mit nur einem Drittel bei denjenigen, die nur die Standardbehandlung erhielten; nach sechs Monaten betrugen die Zahlen 64 Prozent vs. 44 Prozent.
Unter den Patienten, die nicht mehr in einer Wohntherapieeinrichtung lebten, zeigten diejenigen in der Gruppe plus kognitiver Verhaltenstherapie weniger Tage von Drogenmissbrauch und weniger Tage mit Alkoholkonsum als jene in der Kontrollgruppe, schreiben die Wissenschaftler.
Quelle: Archives of General Psychiatrys, Juni 2011
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