Kindesmisshandlung, Kindesmissbrauch (Psychologie)

Kindesmisshandlung: Risiko für Stoffwechselstörungen

Eine neue endokrinologische Untersuchung sagt, dass Kindesmissbrauch oder Vernachlässigung zu langfristiger Beeinträchtigung des Hormonhaushalts führen kann, was das Risiko für die Entwicklung von Übergewicht, Diabetes oder anderen Stoffwechselstörungen im Erwachsenenalter anhebt.

adipositas

Für die Studie analysierten die Forscher das Niveau der gewichtsregulierenden Hormone Lepton, Adiponektin und Irisin im Blut von 95 Erwachsenen im Alter von 35 – 65. Diese wurden außerdem zu physischem, emotionalem oder sexuellem Missbrauch in ihrer Kindheit befragt und hinsichtlich der Schwere der Misshandlungen eingestuft.

Die Hormone

  • Leptin ist ein Appetit-regulierendes Hormon und steht mit dem Körpermasseindex (BMI) und dem Fett im Körper im Zusammenhang.
  • Irisin ist bedeutsam für die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtszustandes im Blutzucker-, Fettstoffwechsel- und Energie-Haushalt.
  • Adiponektin reduziert Entzündungen im Körper; übergewichtige Menschen haben eher ein niedrigeres Niveau dieses Hormons. Wenn die Fettzellen gefüllt sind, wird wenig Adiponektin hergestellt. Übergewichtige haben einen niedrigen Adiponektin-Spiegel und damit einhergehend ein erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus.

Die Forscher stellten fest, dass diese wichtigen Hormone bei Menschen, die als Kind misshandelt oder vernachlässigt worden waren, aus dem Gleichgewicht waren.

„Diese Studie hilft zu beleuchten, warum in ihrer Kindheit misshandelte Personen ein höheres Risiko für Fettleibigkeit und ähnliche Gesundheitsbeeinträchtigungen haben“, sagte Studienautor Christos S. Mantzoros.

„Die Daten legen nahe, dass Kindesmisshandlungen das endokrine System stressen, was zu einer Beeinträchtigung der Regulierung wichtiger Hormone führt, und so zu einer verstärkten Anlagerung von Fett in der Bauchgegend beitragen kann.“

Die Wissenschaftler teilten die Teilnehmer in drei Gruppen ein und verglichen die Hormonspiegel derjenigen, die am ausgeprägtesten misshandelt wurden (also die höchsten Ergebnisse bei den Misshandlungstests erzielten) mit den beiden anderen Dritteln der Teilnehmer.

Höheres Niveau der Adipositas-Biomarker

Die Teilnehmer mit den höchsten Punkteständen zeigten tendentiell höhere Lepton-, Irisin-Spiegel und ein höheres Niveau des Entzündungsmarkers C-reaktives Protein (steigt bei entzündlichen infektiösen und nichtinfektiösen Erkrankungen) im Blut an. Alle diese Biomarker sind mit Fettleibigkeit verbunden.

Außerdem neigten die Menschen, die die meiste Not erlitten hatten, dazu, einen niedrigeren Adiponektin-Spiegel zu haben, ein weiterer Risikofaktor für Adipositas.

Selbst nachdem die Forscher Ernährung, Sport und demographische Variablen bei den Teilnehmern berücksichtigten, blieb der Zusammenhang zwischen hohen Pegeln an Lepton und Irisin mit Misshandlungen in der Kindheit erhalten.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, April 2014

Kinder fliehen vor sexuellem Missbrauch, aber nicht vor körperlicher Gewalt?

Viele Kinder reagieren auf sexuelle und physische Misshandlungen in nicht vorhersagbare Weise und machen es schwer, die Anzeichen wahrzunehmen. Forscher sind daran interessiert, die Verhaltensmuster besser zu identifizieren, da dies helfen kann, früher bei einem Fall von Kindesmisshandlung einzugreifen.

Unterschied

Eine neue Studie hat herausgefunden, dass wenn Eltern körperlich misshandeln, Kinder eher sich darauf einzustellen und es akzeptieren. Aber, wenn der Missbrauch sexuell ist, tendieren sie dazu, es zu bekämpfen oder zu flüchten, es sei denn, der Missbrauch ist schwerwiegend.

Die Befunde helfen, das Verhalten der Kinder als Reaktion auf Missbrauch zu klären – und könnte bei zukünftigen Interventionen und der Behandlung helfen.

Es wird jährlich über etwa 3,5 Millionen Fälle von Kindesmisshandlungen allein in den Vereinigten Staaten berichtet. Eine ebenso besorgniserregende Situation existiert in vielen anderen Ländern.

Misshandelte Kinder leiden oft an emotionalen und Verhaltensproblemen, die sich später zu sexueller Dysfunktion, Angststörung, Promiskuität, Anfälligkeit für wiederholte Viktimisierung, Depression und Drogenmissbrauch entwickeln können.

In Israel wurden im Jahr 2011 15.000 Kinder, die über Missbrauch berichteten, durch geschulte Behördenvertreter interviewt. Frühere Forschungen zeigten, dass die Hälfte der Kinder in Interviews nichts offenbaren, selbst wenn es Belege für einen Missbrauch gibt.

Reaktionen auf Misshandlungen

Dr. Katz von der Tel Aviv University analysierte 224 der Interviews, in denen Kinder Vorwürfe wegen Misshandlungen erhoben. In rund der Hälfte der Fälle in der Studie berichteten die Kinder über mehrere Vorfälle körperlicher Misshandlungen durch die Eltern, während die andere Hälfte von sexuellen Missbrauch berichteten.

Dr. Katz stellte fest, dass die Kinder auf die Misshandlungen grundsätzlich auf zweierlei Weise reagierten.

  • Bei physischer Misshandlung ertrugen die Kinder es eher – sie akzeptierten es und versuchten, die Schwere der Misshandlungen zu reduzieren.
  • Andererseits tendierten Kinder, die über sexuelle Misshandlung berichteten, dazu zurückzuschlagen.

Aber, wenn der berichtete Missbrauch schwerwiegend war, neigten die Kinder eher dazu, sich wie physische Misshandlungssopfer zu verhalten, und den Täter (und die Tat) zu ertragen.

Ältere Kinder, fanden die Forscher, waren eher bereit zu kämpfen als jüngere.

Überraschenderweise beeinflussten Häufigkeit des Missbrauchs, Vertrautheit mit dem Täter und das Geschlecht des Kindes nicht das Verhalten der Kinder.

Kinder sind auf ihre Eltern angewiesen

Dr. Katz sagt, dass die Studie eine wichtige Lektion hinsichtlich elterlicher körperlicher Gewalt lehrt. Nur weil Kinder nicht ihre Eltern bekämpfen oder flüchten, bedeutet dies nicht, dass sie nicht misshandelt werden.

Kinder brauchen ihre Eltern, um zu überleben, und deshalb denken Kinder oft, dass ihre beste Option ist, die Misshandlungen zu erdulden. In einem Interview in der Studie sagte ein Kind: „Papa schrie mich an, weil ich meine Hausaufgaben nicht gemacht habe, also sagte ich ihm, dass es mir leid tut, dass er Recht hat, und habe ihm den Gürtel gebracht.“ Es gab viele ähnliche Beispiele.

Dr. Katz sagte, dass die Studie eventuell zu wenige Berichte sexuellen Missbrauchs enthalte. Auch waren die meisten Fälle davon schwerwiegend, und diese Kinder neigten eher dazu, die Täter (Eltern) zu tolerieren.

Frühere Forschungen zeigten, dass Kinder, die ihre Misshandler erdulteten, mit größerer Wahrscheinlichkeit Schuld oder Scham entwickeln, wodurch sie davon abgehalten werden könnten, Missbrauch anzuzeigen. Erdulden kann dann tatsächlich die dominierende Reaktion auf beide Formen elterlicher Misshandlungen sein.

Die Forschung wurde in Child Abuse & Neglect herausgegeben.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: American Friends of Tel Aviv University, Dez. 2013

Intergenerationale Weitergabe von Misshandlung und Missbrauch

01.04.2015 Die Weitergabe von Misshandlungen und Vernachlässigung über die Generationen ist komplizierter als zuvor angenommen laut einer Studie der City University of New York.

Cathy Spatz Widom vom John Jay College of Criminal Justice hat herausgefunden, dass der Nachwuchs von Eltern mit einer Geschichte von Kindesmisshandlung und Vernachlässigung selbst ein erhöhtes Risiko hat, seine Kinder zu vernachlässigen oder/und sexuell zu missbrauchen. Es gab aber kein erhöhtes Auftreten für körperliche Misshandlungen.

Misshandlungen
Bild von Jean-Ignace-Isidore Gérard

Als Teil einer Langzeitstudie, folgte Widom einer großen Anzahl Kinder mit dokumentierten Fällen von Missbrauch und Vernachlässigung in der Kindheit und einer demographisch angepassten Kindergruppe ohne solche Vorfälle in der Kindheit ins Erwachsenenalter (Kontrollgruppe). Widom und ihr Team befragte beide Personen-Gruppen, die nun selbst Erwachsene in ihren 40ern und frühen 50ern waren und einen Teil ihrer Kinder.

Selbstberichte

Die Forscher stellten fest, dass die Eltern mit dokumentierten Fällen von Kindheitsmissbrauch oder Vernachlässigung über größere Vernachlässigung ihrer Kinder berichteten als Eltern ohne eine solche Geschichte; sie berichteten aber nicht über mehr körperliche Misshandlungen oder sexuellen Missbrauch.

Der Nachwuchs dieser Eltern mit einer Geschichte von Missbrauch und Vernachlässigung sagten eher, sexuell missbraucht und vernachlässigt worden zu sein, als der Nachwuchs von Eltern ohne solche Vorfälle.

Offizielle Berichte

Angesichts dieser überraschenden Befunde, vermuten die Forscher, dass eine Veränderung in den gesellschaftlichen Einstellungen zu körperlichen Misshandlungen den Rückgang der Berichte über diese Form der Kindesmisshandlung verursacht haben könnte.

Weil Selbstberichte nicht immer mit offiziellen Berichten übereinstimmen, sahen sich die Wissenschaftler auch die Berichte der Kinderschutzdienste an.

Sie stellten fest, dass Eltern mit einer Missbrauchs- oder Vernachlässigungsgeschichte und die Kinder von Eltern mit einer solchen Geschichte doppelt so häufig Kinderschutzdiensten gemeldet wurden.

Bemerkenswert ist jedoch, dass diese Analysen nur Eltern und Kinder betrafen, die entweder über ausgeübte oder erfahrene Misshandlung berichtet hatten.

Dies lässt die Forscher vermuten, dass diese Erwachsenen und ihre Familien unverhältnismäßig oft unter die Lupe genommen wurden.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: John Jay College of Criminal Justice, City University of New York; März 2015

Misshandlung in Kindheit verbunden mit Schlafstörungen im Erwachsenenalter

08.05.2015 Kanadische Forscher berichten in der Zeitschrift Sleep Medicine über einen deutlichen Zusammenhang zwischen Nöten in der Kindheit und späteren Schlafstörungen.

Kind Prügel

In der Studie wurden Misshandlungen (Nöte) in der Kindheit definiert durch

  • das Erleben von mehreren Episoden häuslicher Gewalt und/oder
  • Erfahren körperlicher Gewalt und/oder
  • sexuellem Missbrauch.

Kumulative Wirkung

Anfangs dachten die Wissenschaftler, dass die Verbindung durch Faktoren wie chronische Erkrankungen, chronische Schmerzen und psychische Probleme – Faktoren, von denen man annimmt, dass sie mit Schlafstörungen zusammenhängen – erklärt werden könnte. Doch selbst nach der Berücksichtigung von 15 potentiellen Faktoren, stellten sie fest, dass jede zusätzliche Form der Kindesmisshandlung die Wahrscheinlichkeit für Schlafprobleme später im Leben um 10 Prozent erhöhte.

Darüber hinaus zeigten die Belege, dass auch folgende Faktoren mit Schlafstörungen zusammenhingen:

  • psychische Belastungen,
  • Alter,
  • weibliches Geschlecht,
  • unverheiratet sein,
  • weisse Hautfarbe,
  • geringeres jährliches Einkommen,
  • chronische Schmerzen,
  • eine schlechtere Gesundheit und
  • Probleme mit der psychischen Gesundheit.

Die Auswirkungen auf den Schlaf zeigten sich am stärksten bei denjenigen, die unerwünschten sexuellen Kontakt erfahren hatten.

Jüngste Studien konnten durchgehend zeigen, dass emotionale, physische und sexuelle Misshandlungen und Vernachlässigung in der frühen Kindheit Risikofaktoren für eine schlechte körperliche und psychische Verfassung später im Leben sind.

„Unsere Studie legt nahe, dass diese frühen Kindheitsnöte auch auf Schlafstörungen im Erwachsenenalter bezogen werden können“, sagte Autor Philip Baiden von der Universität Toronto.

In der Studie erfassten die Forscher Daten von 19.349 Erwachsenen einer repräsentativen Stichprobe aus dem Jahr 2012.

Die Forscher entdeckten, dass 14,2% der Teilnehmer Schlafprobleme hatten und etwa die Hälfte der Personen mindestens eine Misshandlung (Not) in der Kindheit vor dem Erreichen des 16. Lebensjahres erleben mussten.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: University of Toronto, University of Ottawa and Western University, Sleep Medicine; Mai 2015

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News aus der Forschung

Die aktuellsten Nachrichten von PSYLEX zu diesem Thema finden Sie nun unter News aus der Forschung zu: Kindesmisshandlungen / Kindesmissbrauch und die Psyche.

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