Sport und das Gehirn

Sport und das Gehirn

Auswirkungen aeroben Sports auf Gehirnstoffwechsel und graue Substanz

23.07.2017 Eine im Fachblatt Translational Psychiatry veröffentlichte Studie hat eine Möglichkeit herausgefunden, auf welche Weise sportliche Betätigung vor Demenzerkrankungen schützen könnte.

Bereits in früheren Forschungsarbeiten konnte gezeigt werden, dass körperliche Aktivität / Sport vor neurodegenerativen Erkrankungen wie z.B. Alzheimer-Krankheit schützt.
Aber es ist unklar gewesen, wie dies vor sich gehen könnte.

Regelmäßige aerobe Aktivität

Nun haben Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt am Main in einer randomisierten kontrollierten Studie die Auswirkungen von regelmäßiger körperlicher Aktivität auf den Gehirnstoffwechsel und das Gedächtnis untersucht.

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Bild: Kai Stachowiak

60 gesunde Studienteilnehmer ohne Demenz (65-85 Jahre) wurden sportmedizinisch und neuropsychologisch und das Gehirn mit MRT untersucht.

Die Probanden setzten sich dann für 12 Wochen 3x pro Woche auf ein Fahrradergometer und traten für 30 Minuten in die Pedale, wobei die sportliche Anforderung abhängig von der Leistungsfähigkeit der Probanden gemacht wurde.

Nach dem 12-wöchigen Trainingsprogramm untersuchten die Sportmediziner die Studienteilnehmer erneut (sowie eine wartende Kontrollgruppe).

Es zeigte sich, dass das Sportprogramm den erwarteten Effekt auf den Körper und das Gehirn hatte, schreiben die Wissenschaftler um die Psychologin Silke Matura und den Sportmediziner Johannes Fleckenstein.

Gehirnstoffwechsel

Regelmäßiger Sport verbesserte nicht nur die körperliche Fitness, sondern zeigte auch positive Auswirkungen auf den Gehirnstoffwechsel.

Die wichtigsten Ergebnisse waren die Veränderung des zerebralen Metabolismus und seine Verbindung zum Wachstumsfaktor BDNF (Brain-derived neurotrophic factor; etwa: Vom Gehirn stammender neurotropher Faktor), sowie zu Veränderungen im Volumen der grauen Substanz des Gehirns.

Cholin-Konzentration

Die Forscher entdeckten, dass die zerebralen Cholin-Konzentrationen nach 12 Wochen aeroben Trainings in der Interventionsgruppe stabil blieben, während sie in der Kontrollgruppe anstiegen.

Die Konzentration von Cholin steigt oft bei einem “vermehrten Untergang” von Neuronen an, schreiben die Forscher; dies ist bspw. dann bei Demenzerkrankungen wie Alzheimer-Krankheit zu beobachten.

Sie konnten keine Auswirkungen des Sporttrainings auf die zerebrale N-Acetyl-Aspartat-Konzentrationen, und auch nicht auf Marker der neuronalen Energiereserven oder des BDNF-Spiegels beobachten.

Es konnte auch keine Veränderung des kortikalen Volumens der grauen Substanz des Gehirns als Reaktion auf aeroben Sport festgestellt werden.

Die Forscher vermuten nun, dass die stabilen Cholin-Werte in der Interventionsgruppe über den Zeitraum von 3 Monaten auf eine neuroprotektive Wirkung von aeroben Übungen hindeuten. Cholin könnte einen validen Biomarker für den Effekt aeroben Sports auf den zerebralen Gehirn-Stoffwechsel bei einer gesunden Alterung darstellen, schließen sie.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Goethe-Universität Frankfurt am Main, Translational Psychiatry – doi:10.1038/tp.2017.135; Juli 2017

Sport erhält das Hirnvolumen

und ist damit eine der wenigen bewährten Methoden, um Volumen und Funktionsfähigkeit des Gehirns bis ins hohe Alter aufrechtzuerhalten.

13.11.2017 Aerober Sport kann die Gedächtnisfunktion verbessern und die Gehirngesundheit erhalten, wenn wir altern, zeigt eine neue im Fachblatt NeuroImage veröffentlichte Studie.

Forscher der Universität Western Sydney und die Abteilung für Psychologie und psychische Gesundheit der Universität Manchester untersuchten die Auswirkungen aerober Aktivität auf einen bestimmten Bereich des Gehirns – den Hippocampus – der für das Gedächtnis und andere Gehirnfunktionen von entscheidender Bedeutung ist.

Hirnschrumpfung

Die Gehirngesundheit nimmt mit zunehmendem Alter ab, wobei das durchschnittliche Gehirn nach dem 40. Lebensjahr um etwa fünf Prozent pro Jahrzehnt schrumpft.

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Bild: skeeze

Studien an Mäusen und Ratten haben immer wieder gezeigt, dass körperliche Bewegung die Größe des Hippocampus vergrößert, aber bisher waren die Belege beim Menschen uneinheitlich.

Die Neurologen und Psychologen überprüften systematisch 14 klinische Studien, die mit Hilfe von Gehirnscans 737 Personen vor und nach aeroben Sportprogrammen oder unter Kontrollbedingungen untersuchten.

Die Teilnehmer waren gesunde Erwachsene, Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (Vorstufe von Demenz und Alzheimer) und Menschen mit einer klinischen Diagnose von psychischen Krankheiten einschließlich Depressionen und Schizophrenie. Das Alter der Probanden der verschiedenen Studien lag zwischen 24 und 76 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 66 Jahren.

Die Forscher untersuchten die Auswirkungen aerober Bewegung, einschließlich stationärem Radfahren, Gehen und Laufbandlaufen. Die Interventionen dauerten zwischen drei und 24 Monaten mit einer Spanne von 2-5 Sitzungen pro Woche.

Volumen des Hippocampus

Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass Sport keinen Einfluss auf das Gesamtvolumen des Hippocampus hatte, aber die linke Region des Hippocampus war bei den sporttreibenden Teilnehmern deutlich vergrößert.

Studienautor Joseph Firth sagte, dass beim Sport ein chemischer, vom Gehirn abgeleiteter neurotropher Faktor (Wachstumsfaktor BDNF) produziert wird, der dazu beitragen kann, den altersbedingten Rückgang zu verhindern, indem er den Verfall des Gehirns verringert.

Die Daten zeigten, dass der wirkliche Nutzen von Sport für das Gehirn nicht so sehr der Anstieg des Volumen des (rechten) Hippocampus per se ist, sondern die Verlangsamung der Verringerung des Hirnvolumens. Mit anderen Worten, aerobe sportliche Aktivität kann als Erhaltungsprogramm für das Gehirn angesehen werden.

Firth sagte, dass die Ergebnisse neben der Verbesserung des regulären “gesunden” Alterns auch Auswirkungen auf die Prävention von altersbedingten neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz haben – allerdings bedarf es noch weiterer Forschungsarbeiten, um dies zu etablieren.

Interessanterweise ist körperliche Bewegung damit eine der wenigen “bewährten” Methoden, um die Größe und die Funktionsfähigkeit des Gehirns bis ins hohe Alter aufrechtzuerhalten, schließt er.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Western Sydney, Universität Manchester; NeuroImage – DOI: 10.1016/j.neuroimage.2017.11.007; Nov. 2017

Kinder mit besserer körperlicher Fitness haben ein größeres Volumen an grauer Substanz im Gehirn

26.11.2017 Forscher vom Fachbereich Sport der Universität Granada konnten zeigen, dass die körperliche Fitness von Kindern Auswirkungen auf deren Gehirnstrukturen haben kann, was wiederum Einfluss auf ihre schulischen Leistungen ausüben kann.

Die Neuroforscher konnten dabei bestätigen, dass körperliche Fitness bei Kindern mit einem größeren Volumen an grauer Substanz in mehreren kortikalen und subkortikalen Hirnregionen verbunden ist.

Aerobe Kapazität

Insbesondere die aerobe Kapazität (trainierbar durch aerobe Ausdauersportarten wie Langstreckenlauf, Joggen, Fahrradfahren etc.) scheint mit einem größeren Volumen der grauen Substanz in den

  • frontalen Regionen (prämotorischer Cortex und supplementär-motorische Rinde),
  • subkortikalen Regionen (Hippocampus und Nucleus caudatus),
  • temporalen Regionen (inferiorer temporaler Gyrus und parahippocampaler Gyrus) und
  • dem Sulcus calcarinus verbunden zu sein.

Alle diese Regionen sind wichtig für Exekutivfunktionen sowie für Lern-, motorische und visuelle Prozesse.

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Bild: Gerd Altmann

Die in NeuroImage veröffentlichte sportwissenschaftliche Studie ist Teil des ActiveBrains-Projekts, einer randomisierten klinischen Studie mit mehr als 100 übergewichtigen / fettleibigen Kindern unter der Leitung von Francisco B. Ortega.

Unterschiede aufgrund der sportlichen Leistungsfähigkeit

Die Forschungsarbeit untersuchte u.a. Fragen wie: Unterscheidet sich das Gehirn von Kindern mit besserer körperlicher Fitness bzw. sportlicher Leistungsfähigkeit von dem von Kindern mit einer schlechteren, und ob dies ihre schulischen Leistungen beeinflusst, erklärte Ortega.

Die Antwort ist kurz und prägnant, sagt er: Ja, körperliche Fitness bei Kindern ist direkt mit wichtigen Unterschieden in der Gehirnstruktur verbunden, und solche Unterschiede spiegeln sich in der schulischen Leistung der Kinder wider.

Sprachverarbeitung und Lesen

Darüber hinaus konnte die Forschungsarbeit die motorischen Fähigkeiten mit einem höheren Volumen an grauer Substanz in zwei für die Sprachverarbeitung und das Lesen wesentlichen Regionen verbinden: dem inferioren frontalen Gyrus und dem superioren temporalen Gyrus.

Allerdings gab es keine eigenständige Verbindung zwischen der Muskelkraft und dem Volumen der grauen Substanz in irgendeiner Hirnregion.

Laut Studienleiterin Irene Esteban-Cornejo von der Sport-Fakultät verbessert das Volumen der grauen Substanz in den kortikalen und subkortikalen Regionen, beeinflusst von der körperlichen Fitness, wiederum die schulische Leistung der Kinder.

Darüber hinaus sei körperliche Fitness ein Faktor, der durch körperliche Betätigung – also Sport – verbessert werden kann. Und die Kombination von Übungen, die die aerobe Kapazität und die motorische Leistungsfähigkeit verbessern, wäre ein wirksamer Ansatz, um die Gehirnentwicklung und die akademische Leistung bei übergewichtigen / fettleibigen Kindern zu stimulieren, schließt die Forscherin.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Universität Granada; NeuroImage – DOI: 10.1016/j.neuroimage.2017.08.011; Nov. 2017

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