Raucher, Nikotinsucht und die Psyche

Infos und News zur Nikotinsucht, zur Abhängigkeit von Zigaretten, Kautabak und anderen Nikotin-haltigen Produkten.

Raucher entwickeln eher chronische Rückenschmerzen

04.11.2014 Raucher entwickeln dreimal häufiger als Nichtraucher chronische Rückenschmerzen, aber mit dem Rauchen aufhören kann das Risiko zurückdrehen, sagt eine aktuelle Studie.

„Rauchen beeinflusst das Gehirn“, sagt Bogdan Petre, Autor der Studie und Wissenschaftler an der Northwestern University Feinberg School of Medicine, USA. „Wir stellten fest, dass es beeinflusst, wie das Gehirn auf Rückenschmerzen reagiert, und Menschen weniger widerstandsfähig für Schmerzen zu machen scheint.“

Die Befunde stammen aus einer Langzeitbeobachtungsstudie mit 160 Erwachsenen mit neu aufgetretenen Rückenschmerzen. Zu fünf verschiedenen Zeitpunkten während eines Jahres wurden MRT-Gehirnscans gemacht, und um Bewertungen der Intensität der Rückenschmerzen gebeten (über einen Fragebogen, der auch Rauchstatus und andere Gesundheitsbedingungen abfragte). Fünfunddreißig gesunde Kontrollteilnehmer und 32 Teilnehmer mit chronischen Rückenschmerzen wurden ebenso überwacht.

Zigarettensucht und Rückenschmerzen
Bild: Ralf Kunze (pixabay)

Petre und seine Kollegen analysierten die MRT-Aktivität zwischen zwei Gehirnbereichen (Nucleus accumbens und dem medialen präfrontalen Cortex), die mit suchterzeugendem Verhalten und motiviertem Lernen verbunden sind. Diese Schaltkreise sind für die Entwicklung von chronischen Schmerzen entscheidend, schrieben die Wissenschaftler in Human Brain Mapping.

Diese zwei Gehirnregionen ’sprechen‘ miteinander und die Forscher entdeckten, dass die Stärke dieser Verbindung dabei hilft, festzustellen, wer ein chronischer Schmerzpatient wird. Die Befunde deuten auf einen möglichen allgemeineren Zusammenhang zwischen Sucht und Schmerz, indem sie zeigen, wie ein Teil des am motivierten Lernen beteiligten Gehirns die Kommunikation zwischen Tabakabhängigkeit mit Schmerzchronifikation ermöglicht.

„Diese Vernetzung war sehr stark und aktiv in den Gehirnen von Rauchern“, sagte Petre. „Aber wir sahen einen dramatischen Rückgang in der Aktivität dieser Schaltkreise bei Rauchern, die – auf eigenem Wunsch hin – mit dem Rauchen während der Studie aufhörten. Als sie das Rauchen stoppten, nahm ihre Anfälligkeit für chronische Schmerzen auch ab.“

Dies ist der erste Beleg, der Rauchen und chronischen Schmerz mit dem Teil des Gehirns verbindet, der Belohnung und Abhängigkeit reguliert.

© PSYLEX.de – Quelle: Human Brain Mapping / Northwestern University, Oktober 2014

Rauchen schrumpft Cortex des Gehirns

11.02.2015 Eine Studie der Universitäten McGill und Edinburgh zeigt, dass anhaltendes Rauchen den Cortex des Gehirns schrumpfen lässt.

Der Cortex ist die äußere Schicht des Gehirns, und in ihm finden wichtig kognitive Prozesse wie Gedächtnis, Sprache und Wahrnehmung statt.

Verlust umkehrbar

Interessanterweise zeigen die Befunde aber auch: Wenn man mit dem Rauchen aufhört, wird ein Teil dieses Verlustes wieder ausgeglichen.

Die in Molecular Psychiatry veröffentlichte Studie mit 244 Männern und 260 Frauen im durchschnittlichem Alter von 73 untersuchte die Gehirne von gegenwärtigen Rauchern, Ex-Rauchern und Nichtrauchern mit Hilfe von MRT. Alle waren als Kinder im Jahr 1947 als Teil des Scottish Mental Survey erstmalig erfasst worden.

Zigarette rauchen
Bild: Markus Spiske (pixabay)

Die Forscher stellten fest, dass sich bei den aktuellen Rauchern und Ex-Rauchern im Alter von 73 viele Bereiche des Cortex ausgedünnt hatten im Vergleich zu denjenigen, die nie rauchten.

Teilnehmer, die mit dem Rauchen aufgehört hatten, konnten die kortikale Dicke jedes Jahr (ohne Tabak) teilweise wiederherstellen, sagte Autor Dr. Sherif Karama. Der offensichtliche Erholungsprozess verläuft jedoch langsam und unvollständig: Starke Raucher in der Studie, die vor mehr als 25 Jahren mit dem Rauchen aufgehört hatten, zeigten immer noch eine dünnere Gehirnrinde.

Obwohl der Cortex während des Alterns normalerweise dünner wird, konnte die Studie demonstrieren, dass Rauchen den Verdünnungsprozess zu beschleunigen scheint. Eine dünnere Hirnrinde ist mit einem kognitiven Rückgang (Gedächtnisprobleme etc.) bei Erwachsenen verbunden.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Montreal Neurological Institute McGill University and the University of Edinburgh’s Centre for Cognitive Ageing and Cognitive Epidemiology; Molecular Psychiatry (Nature); Feb. 2015

Hohes Risiko für tödliche Nierenerkrankungen, Infektionen, Brust- und Prostatakrebs

16.02.2015 Wissenschaftler haben festgestellt, dass zu den mit dem Rauchen verbundenen 21 tödlichen Krankheiten (inklusive 12 Krebsformen) weitere dazu kommen: Raucher sterben doppelt so wahrscheinlich an Nierenversagen, Infektionen und häufiger an Leberzirrhose, Brust- und Prostatakrebs.

Die in The New England Journal of Medicine herausgegebene Studie US-amerikanischer Krebsforscher legt nahe, dass das Rauchen von Zigaretten noch für sehr viel mehr Tote verantwortlich ist, für die derzeit nicht Rauchen als Ursache gilt.

„Die Anzahl der zusätzlichen Todesfälle, die potentiell mit dem Zigarettenrauchen verbunden sind ist immens“, sagte Koautor Eric Jacobs.

Zigaretten im Aschenbecher
Bild: George Gergovacz (pixabay)

Für die Studie analysierten die Forscher die Daten von fast einer Million Menschen (2000 bis 2011) und suchten nach Bezügen zwischen dem Rauchen und der „Zahl tödlicher Erkrankungen und tödlichen Gesundheitskomplikationen“, die zuvor nicht mit dem Rauchen in Verbindung standen.

Weitere tödliche Erkrankungen

Die Auswertung der Datensätze von 89.000 aktuellen Rauchern ergab, dass Rauchen das Risiko für Todesfälle wie erwartet insgesamt um das 2 bis 3-fache erhöhte; aber eben auch das Mortalitätsrisiko durch zuvor nicht mit der tödlichen Sucht verbundenen Krankheiten erhöhte: z.B.

  • Leberzirrhose (mit Alkohol mehr als 3mal höher, aber auch ohne Alkoholkonsum war es signifikant erhöht);
  • tödliche Infektionen (2-3mal höher als bei Nichtrauchern);
  • tödliche Nierenerkrankungen (doppelt so hoch);
  • hypertensive Herzerkrankung (die einzige Kategorie der Herzerkrankungen, die noch nicht zu den Rauch-gebundenen tödlichen Erkrankungen dazuzählte, war bei Rauchern 2,4-fach erhöht);
  • Prostatakrebs (1,4-fach)
  • und Brustkrebs (1,3-fach).

Rauchen war auch stark verbunden mit „multiplen Erkrankungen, die zu selten auftreten, um einzeln untersucht zu werden“. Dazu gehörten alle seltenen Krebsarten zusammen, seltene Erkrankungen des Verdauungssystems, und andere als die bereits bekannten, durch Rauchen hervorgerufenen, Atemwegserkrankungen.

Laut WHO sterben pro Jahr mehr als sechs Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums; diese Zahl würde sich dann stark erhöhen.

„In unseren Gesellschaften wird weiterhin viel geraucht, und es ist wichtig zu beurteilen, wie das Rauchen uns als Gesellschaft schädigt, um Kliniker und die Politik im Gesundheitswesen zu unterstützen“, sagte Studienautor Brian D. Carter.

Die Studiendaten zeigen eine korrelative und nicht kausale Beziehung, da solche Studien naturgemäß auch nur beobachtenden Charakter haben können. Jedoch scheint Rauchen als Ursache plausibel, da es bekanntermaßen Risikofaktoren – wie ein geschwächtes Immunsystem und Arterienkrankheiten, die mit den herausgefunden Krankheiten verbunden sind – fördert.

Schließlich zeigen die Fakten auch, dass schwerere Raucher ein noch größeres Risiko hatten, und dass die Gefahren bei Ex-Rauchern mit der Zeit abnahmen, was die Stichhaltigkeit der Studie laut Carter zusätzlich erhärtet.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: American Cancer Society, Washington University, The New England Journal of Medicine; Feb. 2015

Wie schnell wird man süchtig, abhängig nach Nikotin?

Etwa 2 von 3 Menschen werden nach der ersten Zigarette nikotinabhängig

13.01.2018 Zwischen 61% und 77% der Menschen, die ihre erste Zigarette probieren, werden tägliche Raucher zeigt eine Zusammenfassung der Ergebnisse mehrerer Studien, die im Fachblatt Nicotine & Tobacco Research veröffentlicht wurde.

Die Ergebnisse stützen sich auf die Befragung von mehr als 215.000 Befragten aus acht Umfragen aus Großbritannien, den USA, Australien und Neuseeland.

Bei der Entwicklung eines Suchtverhaltens ist der Übergang vom Experimentieren zur täglichen Praxis ein wichtiger Meilenstein, da er impliziert, dass sich eine Freizeit- oder Erholungsaktivität in ein zwanghaftes Bedürfnis, bzw. Sucht oder Abhängigkeit verwandelt.

Vom Erstraucher zum Süchtigen

Die Forscher um Professor Peter Hajek und Max Birge von der Queen Mary University of London stellten fest, dass die Konversionsrate vom „Erstraucher“ zum süchtigen tagtäglichen Raucher überraschend hoch ist, was die Wichtigkeit der Prävention von Zigaretten-Experimenten bestätigt.

60,3 Prozent der Befragten gaben an, jemals eine Zigarette probiert zu haben, und unter diesen gaben schätzungsweise 68,9 Prozent an, dass sie nikotinabhängig wurden und zum täglichen Rauchen übergegangen seien.

Die verschiedenen Erhebungen verwendeten unterschiedliche Methoden und ergaben unterschiedliche Ergebnisse, so dass die geschätzte Konversionsrate von 68,9 Prozent zwischen Experiment und täglichem Rauchen eine gewisse Fehlerspanne aufweist; die Rate liegt also zwischen 60,9 und 76,9 Prozent der Erstraucher, die nikotinsüchtig werden.

© PSYLEX.de – Quellenangabe: Queen Mary University of London; Nicotine & Tobacco Research – DOI: 10.1093/ntr/ntx243; Jan. 2018

News und Forschung

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